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M silierte familieriieitung
18. Ifest. 1914.
vop^ri^kt IS14 dx Union ventseds VsrlLßsASsoNselnrtt, 8tuttx»rt.
Aber ihre Stimme wurde seltsam weich und ver-
schleiert, als sie dann, Sibylle liebkosend an sich
drückend, sie zu trösten versuchte. „Haß ihn doch!
Weine nicht nm ihn! Das ist ja eine ganz erbärmliche
Geschichte und gar nicht wert, daß du dich so grämst
darum! Natürlich ist Neuthuren fortan deine Heimat,
und wir lassen dich nie mehr fort! Warum hast du
dich nicht längst wenigstens Leo anvertraut?"
„Weil er mir ja doch nicht hätte helfen können!
Und weil Männer über solche Dinge so leicht in
Streit geraten. Er hätte vielleicht Richard zur
Verantwortung ziehen wollen und —"
„Das ist wahr. Als dein Verwandter hätte
er sich sogar dazu verpflichtet gefühlt. Wir wollen
ihm darum vorläufig lieber nichts davon sagen,
bis Degenwart abgereist ist. Warum reist er denn
überhaupt nicht, da, wie du sagst, die Koffer doch
längst gepackt sind?"
„Ich weiß es nicht."
„Hat er die Scheidung bereits beantragt?"
„Auch das weiß ich nicht."
„Warum fragst du ihn denn
nicht?"
„Ich habe so Angst vor
ihm, vorder Gewiß-
heit," murmelte
Sibylle zag-
hast. „Du
weißt
nicht,
wie
ein-
Dei- Liebe ewig wechselnd Lied.
Roman von Lrich ebenstem.
(foNseNung und Tchlulw - — .Nachdruck uewoien.)
ihr denn wirklich euer junges
iMI/W UW verdüstern durch den Anblick solch
D I/W, einer Trauerweide, wie ich geworden
IIIuHLM/I bin?" fragte Sibylle, zaghaft unter
Tränen aufseyend.
„Rede doch keinen Unsinn!" erwiderte Ilse.
„Unser Glück kann überhaupt durch nichts verdüstert
werden. Setz es nur durch, daß dir dein Mann die Er-
laubnis gibt, und dann sollst du sehen, wie wir dich
hegen und pflegen werden, daß du wieder vergnügt
wirst!"
Sibylle hatte den Kopf tief aus die Brust gesenkt.
„Nach Ostern werde ich wohl keine Erlaubnis meines
Mannes mehr brauchen," sagte sie leise. „Er —
wir wollen uns scheiden lassen — und
wenn ihr mir für eine Weile eine
Heimat geben wollt auf Neu-
thureu, bis ich selbst irgend
einen Entschluß für
die Zukunft gefaßt
habe, so —
so werde ich
dir und
Leo sehr
dankbar
sein."
Ilse starrte die Freundin in sprachloser Be-
stürzung an. Dann aber überschüttete sie sie mit
Fragen. „So schlimm steht es bei euch? Und das
sagst du mir erst jetzt? Aber warum denn um Gottes
willen? Magst du ihn denn nicht? Ist er nicht
nett zu dir? Ach, Billa, sage mir doch alles! Du
weißt ja, daß ich nicht aus Neugierde frage!"
Ja, das fühlte Sibylle. Und der lang zurück-
gedrängte Gram, all der Jammer, den sie bisher
auch vor der Freundin ängstlich in sich verschlossen
hatte, brach plötzlich über ihre Lippen. Leise,
zuweilen von Schluchzen unterbrochen, dann wieder
von Bitterkeit übermannt, erzählte sie ihr alles von
dem Augenblick an, da Degenwart Neuthuren betre-
ten, bis zu jener Nacht, da sie selbst ihm, von Todes-
angst geschüttelt, die Scheidung angeboten hatte.
Stumm, mit finsterer Miene hörte Ilse zu.
prinr fnedrich Karl von Preußen ln der schlacht von vüppel. (5. 395)
Nach einem SemSIde von Professor k. Köder (Verlag der Neuen photographischen Sesellschaf, N.-S., 8erlin°5teglch).
XVIM rsii.
M silierte familieriieitung
18. Ifest. 1914.
vop^ri^kt IS14 dx Union ventseds VsrlLßsASsoNselnrtt, 8tuttx»rt.
Aber ihre Stimme wurde seltsam weich und ver-
schleiert, als sie dann, Sibylle liebkosend an sich
drückend, sie zu trösten versuchte. „Haß ihn doch!
Weine nicht nm ihn! Das ist ja eine ganz erbärmliche
Geschichte und gar nicht wert, daß du dich so grämst
darum! Natürlich ist Neuthuren fortan deine Heimat,
und wir lassen dich nie mehr fort! Warum hast du
dich nicht längst wenigstens Leo anvertraut?"
„Weil er mir ja doch nicht hätte helfen können!
Und weil Männer über solche Dinge so leicht in
Streit geraten. Er hätte vielleicht Richard zur
Verantwortung ziehen wollen und —"
„Das ist wahr. Als dein Verwandter hätte
er sich sogar dazu verpflichtet gefühlt. Wir wollen
ihm darum vorläufig lieber nichts davon sagen,
bis Degenwart abgereist ist. Warum reist er denn
überhaupt nicht, da, wie du sagst, die Koffer doch
längst gepackt sind?"
„Ich weiß es nicht."
„Hat er die Scheidung bereits beantragt?"
„Auch das weiß ich nicht."
„Warum fragst du ihn denn
nicht?"
„Ich habe so Angst vor
ihm, vorder Gewiß-
heit," murmelte
Sibylle zag-
hast. „Du
weißt
nicht,
wie
ein-
Dei- Liebe ewig wechselnd Lied.
Roman von Lrich ebenstem.
(foNseNung und Tchlulw - — .Nachdruck uewoien.)
ihr denn wirklich euer junges
iMI/W UW verdüstern durch den Anblick solch
D I/W, einer Trauerweide, wie ich geworden
IIIuHLM/I bin?" fragte Sibylle, zaghaft unter
Tränen aufseyend.
„Rede doch keinen Unsinn!" erwiderte Ilse.
„Unser Glück kann überhaupt durch nichts verdüstert
werden. Setz es nur durch, daß dir dein Mann die Er-
laubnis gibt, und dann sollst du sehen, wie wir dich
hegen und pflegen werden, daß du wieder vergnügt
wirst!"
Sibylle hatte den Kopf tief aus die Brust gesenkt.
„Nach Ostern werde ich wohl keine Erlaubnis meines
Mannes mehr brauchen," sagte sie leise. „Er —
wir wollen uns scheiden lassen — und
wenn ihr mir für eine Weile eine
Heimat geben wollt auf Neu-
thureu, bis ich selbst irgend
einen Entschluß für
die Zukunft gefaßt
habe, so —
so werde ich
dir und
Leo sehr
dankbar
sein."
Ilse starrte die Freundin in sprachloser Be-
stürzung an. Dann aber überschüttete sie sie mit
Fragen. „So schlimm steht es bei euch? Und das
sagst du mir erst jetzt? Aber warum denn um Gottes
willen? Magst du ihn denn nicht? Ist er nicht
nett zu dir? Ach, Billa, sage mir doch alles! Du
weißt ja, daß ich nicht aus Neugierde frage!"
Ja, das fühlte Sibylle. Und der lang zurück-
gedrängte Gram, all der Jammer, den sie bisher
auch vor der Freundin ängstlich in sich verschlossen
hatte, brach plötzlich über ihre Lippen. Leise,
zuweilen von Schluchzen unterbrochen, dann wieder
von Bitterkeit übermannt, erzählte sie ihr alles von
dem Augenblick an, da Degenwart Neuthuren betre-
ten, bis zu jener Nacht, da sie selbst ihm, von Todes-
angst geschüttelt, die Scheidung angeboten hatte.
Stumm, mit finsterer Miene hörte Ilse zu.
prinr fnedrich Karl von Preußen ln der schlacht von vüppel. (5. 395)
Nach einem SemSIde von Professor k. Köder (Verlag der Neuen photographischen Sesellschaf, N.-S., 8erlin°5teglch).
XVIM rsii.