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Körperschmuck und Haarbehandlung bei den Naturvölkern. Von Siegbert Splra.
Mit vierzehn Bildern.

m Anfang war —
der Schmuck, sagen
unsere Kulturhislo-
riker. Das ist so zu ver-
stehen: bevor es irgend
etwas gab, das man als
Kleidung bezeichnen dürf-
te, schmückten die Men-
schen ihren Körper auf
verschiedene Weise. Karl
Weule sagt: „Wie die
Technik, ist auch die Klei-
dung erst eine Errungen-
schaft des Menschen, und
zwar — was wichtig ist —
des haarlosen Koino sa-
piens. Sie setzt erst da
ein, wo der Mensch die
Fähigkeit, mit dem Kör-
per gegen das Klima Zu
reagieren, eingebüstt hat
zugunsten der allein auf
ihn beschränkten Fähig-
keit, sich mit Hilfe seines
Geistes und durch die
Hilfsmittel der Technik
austerkörperliche Ersatz-
mittel, die Kleidung, zu
verschaffen." Dies ist in-
des nur e i n Ausgangs-

s


1. Zulufrauen beim Frisieren, wobei sie sich gegenseitig helfen.

meinsam. Tritt der Na-
turmensch in nähere Be-
ziehungen zu den beklei-
deten Meisten und be-
ginnt er, sich, seiner Bläste
bewußt weidend, zu um-
hüllen, dann verliert sich
meist bald ein Teil des
ursprünglich reinen
Körperschmuckes. Seit in
Japan die Oberkörper-
bedeckung laut gesetzlicher
Verordnung Angeführt
ist, lassen die Kulis sich
die Haut nicht in ehr
künstlich schmücken; die
reichen Tätowierungen,
die zuvor den ganzen
Körper bedeckten, sind
nicht mehr beliebt, sie
verschwinden. Wohl die
älteste A.t, s.chzuschmük-
ken, dürfte die Bemalung
einzelner Körperteile ge-
wesen sein; sie liest s.ch
in allen Stufen der Haut-
färbung von der hellsten
bis zur dunkelsten Tö-
nunganwenden. Die Tä-
towierung, eine dauer-


2. Frisur eines Batcndemanneö.
möchte man glauben,
das Bedürfnis, den
Körper vor den Ein-
wirkungen der Wit-
terring zu schützen,
müsse älter sein, als
ihn irgendwie zu
schmücken. Dem steht
entgegen, daß heute
noch bei den Natur-
völkern der tropischen
.Länder der körper-
liche Schutz durch Be-
kleidung nicht die be-
deutsame Rolle spielt,
die dort dem Körper-
schmuck zukommt. Ist
doch in unserer Ge-
genwart die Kleidung
noch nicht allen Men-
schen der Erde ge-

punkt der künstlichen Bekleidung,
und Schmuck uud Kleidung sind
ihrem Ursprung nach verschieden,
wie sie im wesentlichen andere
Züge anfweisen. „Must man als
Hauptzweck der Kleidung den des
Verhüllens bestimmter Körper-
teileansehen, so dient der Schmuck
in erster Linie dazu, den Ge-
schmücktenzu individualisieren, ihn
zunächst innerhalb seiner eigenen
Gruppe hervorzuheben, sodann
aber anch diese Gruppe als etwas
Besonderes, in sich Abgeschlosse-
nes zu charakterisieren. Gemein-
verständlich gesprochen läuft die
Anwendung des Schmuckes dar-
auf hinaus, Eindruck auf das je-
weils andere Geschlecht zu
machen, sodann aber auch auf
die Angehörigen des eigenen
Geschlechts." Denkt man dabei
an unser nordisches Klima, so

hafte, unvertilgbare „Malerei",
die durch Nadeleinstiche in die
Haut und Einreiben färbender
Stoffe in die kleinen offenen
Wunden erzielt wird, wirkt nur
bei hellerer Leibestönung. Die
dunkeln Völker schmücken ihren
Körper deshalb durch Einschnitte
und künstlich herbeigeführte Nar-
benbildungen — ein gleichfalls
nicht schmerzloses Verfahren, sich
unteranderenhervorzuheben oder
Stammeszugehörigkeitszeichen un-
veränderlicher Art am Leibe zu
tragen. Man erträgt indes so
vieles, um „anders" oder „schön"
zn sein. „Hoffart must Zwang
leiden", ist ein altes Wort. In
Ostafrika sind die Südstämme der
Suaheli „voruehm" geworden;
deshalb findet man dort bei dem
jüngeren bekleideten Nachwuchs
nur noch selten die einst so be-


3. Weib mit Bügelfrisur.
liebten Ziernarben.
Über die älteste
Form des Körper-
schmuckes durch Be-
malung sagt Weule
drastisch: „Der erste
Meusch, der durch
einen Sumpf watete
oder in den Dreck
fiel, war ihr Erfin-
der; er hatte dabei
Schmuckund Kleidung
zugleich gefunden.
,Dreck hält warm/
sagen selbst wir feinen
Leute. Als Schutz-
panzer gegen Son-
nenstrahlen und In-
sektenstiche trügt der
Wilde auch jetzt noch
gern einen Überzug,

Z. Haartracht der Sangoleute vom oberen Mobangiriver.
 
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