Heft 25
DasBuchfürAlle
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behandlung dar, indem durch sie die übrigen natürlichen Heilfaktoren des
Körpers besser als bisher zur Geltung kommen können."
Der noch nicht völlig vergessene Professor vr. Jäger, der sogenannte
„Wolljäger", benutzte die Sonnenstrahlen zur Heiluug seiner Krampfadern.
Hierbei zeigte sich die wunderbare Heilkraft in sehr eigenartiger Weise. Als
Jäger die strumpflosen, nur mit Sandalen bekleideten Füße wochenlang
dem Sonnenlicht ausgesetzt hatte, waren alle Krampfadern verschwunden,
nur unter dem daumenbreiten Lederriemen der Sandale, wo die Sonne
nicht einwirken konnte, waren sie noch vorhanden. Aber auch hier ver-
schwanden sie allmählich, als die Füße ganz unbekleidet der Sonne aus-
gesetzt wurden. Dies beweist, dasz die Sonnenstrahlen nicht nur auf offene
Wunden, sondern auch durch Haut und Fleischteile bis in gröszers Tiefe
ihre Heilwirkung ausüben.
Da Sonnenlicht die Lebenskraft der meisten Bakterienarten abschwächt
und allmählich vernichtet, ist es begreiflich, das; auch bei den ansteckenden
Krankheiten die im Körper befindlichen Krankheitserreger durch häufige
Besonnung getötet werden.
In dem Schweizer Kurort Lepsin am Genfer See, wo man viele tuber-
kulöse Kinder mit Sonnenlicht behandelt, wurden die „Windpocken" ein-
geschleppt. Hierbei zeigte sich nun die merkwürdige Erscheinung, das; bei
denjenigen Kindern, welche ihrer offenen Wunden wegen an irgendeiner
Körperstelle Verbände trugen, unter dem Verbände die Windpocken auf-
traten, während die andere unbedeckte, stets von der Sonne beschienene
Haut von der Infektion verschont blieb; die Grenze des Verbandes war
überall auch zugleich die Grenze der Erkrankung.
vr. Giuseppe hat Kranke mit Gelenkschwellung und Gelenkentzündung
Wochen hindurch täglich mehrere Stunden der direkten Einwirkung der
Sonne ausgesetzt: Schwellung und Entzündung schwanden nach und nach,
die Glieder erlangten allmählich sogar völlig ihre frühere Beweglichkeit.
So mächtig und tiefgreifend beeinflussen die Sonnenstrahlen krankes
Körpergewebe in heilsamer Weise. „Was der geschicktesten Hand des Arztes
nicht gelingt, bewirkt die Sonne," sagt Professor Malgat.
Ganz besonders eignet sich die Lichttherapie auch zur Heilung von Haut-
ausschlägen und Flechten. Während die nässende Flechte meist schon nach
mehreren Bestrahlungen eintrocknet und bald heilt, bedarf es zur Entfernung
der Schuppenflechte längerer Zeit. Zunächst schilfern die Schuppen in Un-
mengen ab, später wird die Haut darunter glänzend braun, und nach immer
wiederholten längeren Bestrahlungen bildet sich eine neue gesunde Haut.
Die Sonnenkraft steigert in vorzüglicher Weise auch den allgemeinen
Stoffwechsel und regt die Lebenskräfte zu erneuter Tätigkeit an; daher wird
sie mit bestem Erfolg angewendet bei allen Stoffwechselkrankheiten, die
mit Verlangsamung der Lebensvorgänge einhergehen, wie Fettsucht,
Zuckerkrankheit, Rheumatismus, Gicht, Ischias, sowie zur Beseitigung von
krankhaften Ergüssen im Körper, Vr. Villet hat einen Wassersüchtigen
durch tägliche stundenlange Besonnung innerhalb vierzehn Tagen geheilt.
Nach Sonnenbädern bleibt der Rheumatiker lange Zeit von seinem schmerz-
haften Leiden verschont; Neuralgien bessern sich oft wunderbar schnell.
Auch die roten Blutkörperchen vermehren sich im Sonnenlicht, und der
Hämoglobingehalt des Blutes erhöht sich nachweisbar ganz bedeutend,
was besonders bei Blutarmut und Bleichsucht von großem Vorteil ist.
Mit Recht sagt ein altes Sprichwort: „Auf der Schattenseite der Straße
hält der Leichenwagen dreimal so oft wie auf der Sonnenseite."
Trockenlegung von Gebäuden. Von Max Heller.
Mit vier Bildern.
ewisse Wahrheiten müssen von Zeit zu Zeit immer wiederholt
l werden, weil man sie nur zu leicht vergißt. Trotz mannigfacher
Hinweise ist das Interesse für Wohnungshygiene noch nicht ge-
nügend in breite Schichten des Volkes gedrungen, und von vielen Haus-
besitzern und Mietern werden die gesundheitswidrigen Zustände ihrer
Wohnungen weder beachtet noch richtig verstanden. Bemüht man sich
um Abhilfe schwerer Schäden, so zeigt sich, daß die erprobtesten Verfahren
leider nicht allgemein bekannt sind.
Als vor etwa vierzig Jahren der Kieler Stadtingenieur Heinrich
Wansleben das treffliche Buch Pridgin TealeP: „Lebensgefahr im eigenen
Hause" im euglischen Original kennenlernte, fand er für die von ihm be-
absichtigte Übersetzung keinen Verleger, da man mit dein nötigen Interesse
in größeren Kreisen dafür nicht zu rechnen wagte. Erst nachdem zwei dänische
Großhändler einen Garantiefonds zur Verfügung stellten, konnte das Buch
gedruckt werden. Der Chirurg Joh. Fr. A. v. Esmarch trat für das Buch mit
Phot. Südwestdeutsche Spczial-Baugesellsch. m. b.H., Frankfurt a.M.
Ein Haus in Neuötting mit feucht gewordenem
Untergeschoß vor der Trockenlegung.
dem Gewicht seines
Namens ein. Seit-
dem ist der Begriff
„Wohnungskrank-
heiten" entstanden.
Eine ganze Reihe
mehr oder weniger
ernsthafter Schädi-
gungen sind bekannt
geworden, die ihre
Ursache in mangeln-
den hygienischen
Einrichtungen der
Wohngebäude h ab en.
Daß man feuchte
Wohnungen
zu meiden sucht, ist
durch lange Erfah-
rungbegründet,und
die Erkenntnis ihrer
Schädlichkeit kommt
auch darin zum
Ausdruck, daß man
Neubauten zuerst
von sogenannten
„Trockenwohnern"
beziehenläßt, denen
von den Vermie-
tern besondere Ver-
günstigungen gebo-
tenwerden. Gesetz-
liche Bestimmungen
sind erlassen worden, wonach das Beziehen noch nicht ausgetrockneter
Neubauten erst nach Ablauf eurer gesetzten Frist erlaubt ist.
Untersuchungen, die vor 1914 in verschiedenen Städten gemacht wor-
den sind, erbrachten den Nachweis, das; viele Wohnungen feucht waren.
In Basel fand sich der zehnte, in Bern der zwanzigste Teil aller Zimmer
feucht. In Graz konnte festgestellt werden, daß von den Vorderwoh-
nungen, in denenTuberkulöse hausten, siebzehn vom Hundert und von den
rückwärts gelegenen Wohnungen sogar sechzig vom Hundert — also mehr
als die Hälfte — feucht gewesen sind. Ähnlich liegen die Verhältnisse auch
in anderen Städten, und zwar besonders in den Häusern der älteren Stadt-
viertel. Bei dem in den letzten Jahren so beängstigenden Anwachsen der
Tuberkulose sind feuchte Wohnräume eine große Gefahr.
Die Ursachen der Feuchtigkeit sind verschieden, und demnach auch die
Versuche und Methoden der Abhilfe dieser gesundheitswidrigen Zustände.
Man findet feuchte, unbewohubare Räume aber nicht nur in jenen
Häusern, diezumeist
für mittlere und
kleine Bedürfnisse
von Mietern in Be-
trachtkommen; auch
groß angelegte Bau-
tensind oft teilweise
nicht zu dauerndem
Aufenthalt geeignet,
da sie durch Feuch-
tigkeit, wuchernde
Pilze und den so
gefürchteten Haus-
schwammunbewohn-
bar geworden sind.
Wenn sich nun schon
innormalen Zeiten,
da die Wohnungs-
not nicht so drückend
empfunden wurde,
viele Menschen trotz-
dem in gesundheit-
lich zweifelhaften, ja
sogar erweislich ge-
sundheitsschädlichen
Räumen aufhalten
mußten, so ergibt
sich, das; die Gefahr
seit den Kriegsjah-
ren und dem Still-
stand des Bauwe-
sens noch bedeutend
Phot. Südwcstdcutsche tOpezial-Baugesoklfch. m. b. H.,Frantfmt a.M.
Durchsägung dervfeilerund Umfassungsmauern
des Münsters in Uberlingen.
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behandlung dar, indem durch sie die übrigen natürlichen Heilfaktoren des
Körpers besser als bisher zur Geltung kommen können."
Der noch nicht völlig vergessene Professor vr. Jäger, der sogenannte
„Wolljäger", benutzte die Sonnenstrahlen zur Heiluug seiner Krampfadern.
Hierbei zeigte sich die wunderbare Heilkraft in sehr eigenartiger Weise. Als
Jäger die strumpflosen, nur mit Sandalen bekleideten Füße wochenlang
dem Sonnenlicht ausgesetzt hatte, waren alle Krampfadern verschwunden,
nur unter dem daumenbreiten Lederriemen der Sandale, wo die Sonne
nicht einwirken konnte, waren sie noch vorhanden. Aber auch hier ver-
schwanden sie allmählich, als die Füße ganz unbekleidet der Sonne aus-
gesetzt wurden. Dies beweist, dasz die Sonnenstrahlen nicht nur auf offene
Wunden, sondern auch durch Haut und Fleischteile bis in gröszers Tiefe
ihre Heilwirkung ausüben.
Da Sonnenlicht die Lebenskraft der meisten Bakterienarten abschwächt
und allmählich vernichtet, ist es begreiflich, das; auch bei den ansteckenden
Krankheiten die im Körper befindlichen Krankheitserreger durch häufige
Besonnung getötet werden.
In dem Schweizer Kurort Lepsin am Genfer See, wo man viele tuber-
kulöse Kinder mit Sonnenlicht behandelt, wurden die „Windpocken" ein-
geschleppt. Hierbei zeigte sich nun die merkwürdige Erscheinung, das; bei
denjenigen Kindern, welche ihrer offenen Wunden wegen an irgendeiner
Körperstelle Verbände trugen, unter dem Verbände die Windpocken auf-
traten, während die andere unbedeckte, stets von der Sonne beschienene
Haut von der Infektion verschont blieb; die Grenze des Verbandes war
überall auch zugleich die Grenze der Erkrankung.
vr. Giuseppe hat Kranke mit Gelenkschwellung und Gelenkentzündung
Wochen hindurch täglich mehrere Stunden der direkten Einwirkung der
Sonne ausgesetzt: Schwellung und Entzündung schwanden nach und nach,
die Glieder erlangten allmählich sogar völlig ihre frühere Beweglichkeit.
So mächtig und tiefgreifend beeinflussen die Sonnenstrahlen krankes
Körpergewebe in heilsamer Weise. „Was der geschicktesten Hand des Arztes
nicht gelingt, bewirkt die Sonne," sagt Professor Malgat.
Ganz besonders eignet sich die Lichttherapie auch zur Heilung von Haut-
ausschlägen und Flechten. Während die nässende Flechte meist schon nach
mehreren Bestrahlungen eintrocknet und bald heilt, bedarf es zur Entfernung
der Schuppenflechte längerer Zeit. Zunächst schilfern die Schuppen in Un-
mengen ab, später wird die Haut darunter glänzend braun, und nach immer
wiederholten längeren Bestrahlungen bildet sich eine neue gesunde Haut.
Die Sonnenkraft steigert in vorzüglicher Weise auch den allgemeinen
Stoffwechsel und regt die Lebenskräfte zu erneuter Tätigkeit an; daher wird
sie mit bestem Erfolg angewendet bei allen Stoffwechselkrankheiten, die
mit Verlangsamung der Lebensvorgänge einhergehen, wie Fettsucht,
Zuckerkrankheit, Rheumatismus, Gicht, Ischias, sowie zur Beseitigung von
krankhaften Ergüssen im Körper, Vr. Villet hat einen Wassersüchtigen
durch tägliche stundenlange Besonnung innerhalb vierzehn Tagen geheilt.
Nach Sonnenbädern bleibt der Rheumatiker lange Zeit von seinem schmerz-
haften Leiden verschont; Neuralgien bessern sich oft wunderbar schnell.
Auch die roten Blutkörperchen vermehren sich im Sonnenlicht, und der
Hämoglobingehalt des Blutes erhöht sich nachweisbar ganz bedeutend,
was besonders bei Blutarmut und Bleichsucht von großem Vorteil ist.
Mit Recht sagt ein altes Sprichwort: „Auf der Schattenseite der Straße
hält der Leichenwagen dreimal so oft wie auf der Sonnenseite."
Trockenlegung von Gebäuden. Von Max Heller.
Mit vier Bildern.
ewisse Wahrheiten müssen von Zeit zu Zeit immer wiederholt
l werden, weil man sie nur zu leicht vergißt. Trotz mannigfacher
Hinweise ist das Interesse für Wohnungshygiene noch nicht ge-
nügend in breite Schichten des Volkes gedrungen, und von vielen Haus-
besitzern und Mietern werden die gesundheitswidrigen Zustände ihrer
Wohnungen weder beachtet noch richtig verstanden. Bemüht man sich
um Abhilfe schwerer Schäden, so zeigt sich, daß die erprobtesten Verfahren
leider nicht allgemein bekannt sind.
Als vor etwa vierzig Jahren der Kieler Stadtingenieur Heinrich
Wansleben das treffliche Buch Pridgin TealeP: „Lebensgefahr im eigenen
Hause" im euglischen Original kennenlernte, fand er für die von ihm be-
absichtigte Übersetzung keinen Verleger, da man mit dein nötigen Interesse
in größeren Kreisen dafür nicht zu rechnen wagte. Erst nachdem zwei dänische
Großhändler einen Garantiefonds zur Verfügung stellten, konnte das Buch
gedruckt werden. Der Chirurg Joh. Fr. A. v. Esmarch trat für das Buch mit
Phot. Südwestdeutsche Spczial-Baugesellsch. m. b.H., Frankfurt a.M.
Ein Haus in Neuötting mit feucht gewordenem
Untergeschoß vor der Trockenlegung.
dem Gewicht seines
Namens ein. Seit-
dem ist der Begriff
„Wohnungskrank-
heiten" entstanden.
Eine ganze Reihe
mehr oder weniger
ernsthafter Schädi-
gungen sind bekannt
geworden, die ihre
Ursache in mangeln-
den hygienischen
Einrichtungen der
Wohngebäude h ab en.
Daß man feuchte
Wohnungen
zu meiden sucht, ist
durch lange Erfah-
rungbegründet,und
die Erkenntnis ihrer
Schädlichkeit kommt
auch darin zum
Ausdruck, daß man
Neubauten zuerst
von sogenannten
„Trockenwohnern"
beziehenläßt, denen
von den Vermie-
tern besondere Ver-
günstigungen gebo-
tenwerden. Gesetz-
liche Bestimmungen
sind erlassen worden, wonach das Beziehen noch nicht ausgetrockneter
Neubauten erst nach Ablauf eurer gesetzten Frist erlaubt ist.
Untersuchungen, die vor 1914 in verschiedenen Städten gemacht wor-
den sind, erbrachten den Nachweis, das; viele Wohnungen feucht waren.
In Basel fand sich der zehnte, in Bern der zwanzigste Teil aller Zimmer
feucht. In Graz konnte festgestellt werden, daß von den Vorderwoh-
nungen, in denenTuberkulöse hausten, siebzehn vom Hundert und von den
rückwärts gelegenen Wohnungen sogar sechzig vom Hundert — also mehr
als die Hälfte — feucht gewesen sind. Ähnlich liegen die Verhältnisse auch
in anderen Städten, und zwar besonders in den Häusern der älteren Stadt-
viertel. Bei dem in den letzten Jahren so beängstigenden Anwachsen der
Tuberkulose sind feuchte Wohnräume eine große Gefahr.
Die Ursachen der Feuchtigkeit sind verschieden, und demnach auch die
Versuche und Methoden der Abhilfe dieser gesundheitswidrigen Zustände.
Man findet feuchte, unbewohubare Räume aber nicht nur in jenen
Häusern, diezumeist
für mittlere und
kleine Bedürfnisse
von Mietern in Be-
trachtkommen; auch
groß angelegte Bau-
tensind oft teilweise
nicht zu dauerndem
Aufenthalt geeignet,
da sie durch Feuch-
tigkeit, wuchernde
Pilze und den so
gefürchteten Haus-
schwammunbewohn-
bar geworden sind.
Wenn sich nun schon
innormalen Zeiten,
da die Wohnungs-
not nicht so drückend
empfunden wurde,
viele Menschen trotz-
dem in gesundheit-
lich zweifelhaften, ja
sogar erweislich ge-
sundheitsschädlichen
Räumen aufhalten
mußten, so ergibt
sich, das; die Gefahr
seit den Kriegsjah-
ren und dem Still-
stand des Bauwe-
sens noch bedeutend
Phot. Südwcstdcutsche tOpezial-Baugesoklfch. m. b. H.,Frantfmt a.M.
Durchsägung dervfeilerund Umfassungsmauern
des Münsters in Uberlingen.