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Schmidt, Gustav
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 14): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Oschersleben — Halle a. d. S., 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.41155#0083

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Groningen.

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das Schloss unbenutzt; ein Castellan, später eine Altfrau waren die einzigen
Bewohner. So kam sehr bald der Verfall. Der Wind brauste durch die zer-
brochenen Scheiben, die Dächer wurden schadhaft und gestatteten dem Regen
freien Einlass, der Holzwurm arbeitete in dem Getäfel, die schönen Gemälde
stockten und verdarben.
Aber nicht bloss die Zeit, sondern auch die Nachlässigkeit der Menschen
förderte den Verfall. Der junge Brandenburger Staat hatte damals grössere
Aufgaben und konnte für jene Zwecke wenig ausgeben: es schien genügend, wenn
dem Pächter der Domäne Gr., damals Amtmann Heinrich Günther Göcking,
300 Thlr. jährlich am Pacht erlassen wurden, unter der Bedingung, dass er über
das Schloss die Aufsicht führe und für Dach und Fach sorge, auch auf das Inven-
tar ein achtsam Auge habe. Dieser Verpflichtung scheint er allerdings durchaus nicht
wie er sollte nachgekommen zu sein. Die Besichtigung des Schlosses nach seinem
Tode (er starb am 8. Aug. 1680) hatte kein erfreuliches Resultat. Nicht nur sah
der Lustgarten sehr schlecht aus und keinem Lustgarten mehr ähnlich, sondern
das Schloss fand sich baulich gänzlich verwahrlost, der goldne Saal namentlich
dergestalt verdorben, dass an manchen Stellen die Träger verfault waren und den
Einsturz drohten. Der Hofbaumeister Michael Matthias Hund, der deshalb von
Berlin hergeschickt wurde, fand sofortige Abhilfe für nöthig, das Dach sollte um-
gelegt, über dem Saale einige neue Balken gezogen, der schwere Gips auf dem
Boden über dem Saale weggenommen und dafür Bretter gelegt, der Saal selber
einer gründlichen Reparatur unterzogen werden. Zunächst handelte es sich um
das Dach und das Holz für die Träger des Saals. Aber welche Schwierigkeiten
ergaben sich! Es wurden allein 60 Fuhren für nöthig gehalten, um das Holz von
Königshof im Harze zu holen, von denen Gr. 6, Wegeleben und Schwanebeck je
10, Köchstedt 4 thun sollten: Gr. und Wegeleben entschuldigten sich mit den
erlittenen Brandschäden, Schwanebeck mit dem Kirchenbau und einer nach Pyrmont
geleisteten Fuhre, die 24 Thlr. gekostet hatte, Köchstedt mit Brandschaden und
Bau der Pfarre, doch wollten sie schliesslich helfen, wenn die übrigen Fuhren dem
ganzen Lande zugetheilt würden, da das Schloss mit Zuthun des ganzen Landes
gebaut sei. So wurde (1682 Juni 15) von der Regierung das Domcapitel, die
Ritterschaft, Klöster und Städte, ausser Halberstadt, das dienstfrei war, um Hilfe
angegangen und nach mancherlei Protestiren, Hinhalten und Verzögerung (auch
durch die Pest wurde manche Schwierigkeit herbeigeführt) das Holz auf diese
AVeise, Bausteine, Kalk, Ziegel etc. vom Amtmann in Gr. (dem Sohne des f Göcking)
herbeigeschafft, ein grosses Bauseil nebst Kloben aus Halberstadt geborgt. Aber
erst im September war das nöthige Material vorhanden. Die Mauerarbeit war
schon Ende Juli an Jacob Stange aus Quedlinburg für 24 Thlr. und ein Fass
Bier verdungen worden: er sollte mit dem Material, das ihm geliefert wurde, im
goldnen Saale die Löcher, worin die alten Balken gelegen, zumachen, die neuen
Balken und Träger wieder befestigen, die Balken wohl verwahren, die Mauer bis
unter die Balken neu aufführen, mit Kalk bewerfen und sauber machen, Thüren,
Treppen und Dachfenster wieder in Ordnung bringen. Mit dem Ziegeldecker
Hans Marggraf wurde am 24. Sept. über das ganze Dach gegen eine Zahlung von
50 Thlr. und 2 Fass Bier, mit dem Schieferdecker Nicolaus Leidecker am 21. Sept.
wegen der 24 grossen und kleineren Rennen, die er abnehmen, repariren und
 
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