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Schmidt, Gustav
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 14): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Oschersleben — Halle a. d. S., 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.41155#0253

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Kunsthistorische Uebersicht.

Tra Kreise Oschersleben nehmen unter den Kirchenbauten ein besonderes
Interesse die romanischen Kirchen in Kloster-Groningen, Hamersleben und
Huysburg in Anspruch.
Als die älteste ist die Kloster-Gröninger anzusehen, ziemlich gleichzeitig
mit der Krypta der Quedlinburger Schlosskirche und dieser selbst erbaut: vielleicht
sind diese etwas früher fertig geworden, weil sie reicher dotirt waren und deshalb
der Bau eifriger betrieben werden konnte. Auffällig ist immerhin die höchst ver-
wandte Coneeption des Details, insbesondere der Säulen - Capitäle und Friese, so
dass man fast auf denselben Baumeister schliessen könnte. In beiden Bauwerken
stehen zwischen je zwei viereckigen Pfeilern zwei Säulen, dreimal in Quedlinburg,
zweimal in Groningen: in beiden Kirchen ist das Verhältniss des Mittelschiffs zu
den Seitenschiffen wie 1 : 0,49. Die Ausführung ist in Quedlinburg vollendeter, weil
in Groningen weniger geübte Gesellen beschäftigt gewesen sein mögen. Eine be-
sondere Merkwürdigkeit der Kirche ist die — leider arg beschädigte — Stuck-
Empore mit den Figuren des Heilands und der Apostel, zu der sich nur in
Hamersleben und in der Kirche U. L. Frauen in Halberstadt Analogieen finden.
Besser erhalten ist die etwas jüngere Klosterkirche von Hamersleben, die
in die Blüthezeit der romanischen Periode fällt (c. 1112-35). Der Grundriss schon
ist eigenartig: es fehlen die Westthfirme, für die die schlanken Thürrne von ge-
ringerer Grundfläche dicht auf der Westseite des Querschiffes einen Ersatz ge-
währen. Besonders malerisch ist die süd- oder nordöstliche Ansicht, zu deren
Gunsten die Querschiffe nur die gleiche Höhe haben wie die Hauptapsis. Die
Apsiden, drei neben einander an der östlichen Giebelwand, sind ihrer Bedeutung
gemäss ausgebildet, die mittlere mit reichen Blendarkaden, die seitlichen nur halb
so hoch und viel einfacher: die südliche war abgebrochen und ist erst in neuster
Zeit wieder hergestellt. Auf den Schmuck der Kirche ist grosse Sorgfalt ver-
wendet worden, indem in den Verzierungen mit feinem Geschmack die grösste
Oekonomie vorwaltet, die dem Bauwerk den Charakter heiliger Ruhe aufprägt.
Da durchweg nur Säulen aufgestellt und diese sämmtlich mit Würfelcapitälen
geschmückt sind, annähernd von gleicher Grundform, so herrscht auch in dieser
Beziehung, unbeschadet eines Wechsels in dem aus der Flora und phantastischen
Fauna entnommenen Ornament, grosse Ruhe und Harmonie. Diesem Charakter
entsprechen auch die Friese, die in besonnener Weise mit dem schönsten roma-
nischen Ranken- und Blattornament, in den Seitenschiffen mit reizendem Flecht-
werk besetzt sind. Der älteren Zeit entsprechend ist auch das Bogenband unter
dem Flies des Mittelschiffes weiter gespannt: einmal abgetreppt setzt sich der
Bogen auf höchst einfache trapezförmige Consolclien stumpf auf, und der Mittel-
punkt der Abtreppung liegt bei dem äusseren Bogen immer ein wenig höher als
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