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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 12
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Zais, Ernst: Die Frankenthaler Porzellanfabrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0115

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nach München geschickt. Die Porzellane waren als Ge-
schenke bestimmt; unter den Empfängern befand sich der
kurfürstliche Leibmedicus von Karrer. \ 787 ließ Karl
Theodor für einen russischen Gesandten, Freiherrn von
Stechenelli, ein Tafelservice im Werth von 363^ fl. an-
fertigen ; es wurde von Frankenthal an die Gebrüder Beth-
mann zu Frankfurt zur weiteren Beförderung überfchickt.
Doch genug von solchen Gaben. Von kurfürstlichen Sommer*
residenzen, die mit Frankenthaler Porzellan ausgeftattet
wurden, werden genannt Benrath, Oggersheim und Schwetz-
ingen. Die Porzellanlieferung für das Badhaus des
Schwetzinger Gartens betrug allein 2028 fl. Darunter
waren 500 fl. für einen Kronleuchter angefetzt, der ein
hervorragendes Stück gewesen sein muß und sich jetzt im
großherzoglichen Schlosse zu Karlsruhe befindet. Es kam
indes auch vor, daß selbst Karl Theodor ein säumiger Zahler
war, gleich manchen anderen hohen Herrn und Damen,
die in der Liste der Schuldner aufgeführt werden. Eine
Schwester des Kurfürsten, Herzogin Maria Anna in Bayern,
erwarb \77{ und \772 aus den Magazinen zu Franken-
thal und Mannheim ein kostbares Dejeuner, ein nicht minder
werthvolles Theo und Kaffeeservice nebst anderen Geräthen.

Bis Ende Juni P80
waren [56,6%*) fl. auf die
Fabrik verwendet worden.
Von f 765 bis Ende März
1780 hatte die General-
kaffe in zwanzig einzelnen
Posten beinahe ^5,000 fl.
vorgefchoffen; f 0,738 fl.

>) Marke von I.A.Hannong b) „Larl Theodor». Marke betrugen die rückständigen
nach der unter Nr. \ nach Uebergang der Fabrik . Vf C. Ti'

abgebildeten Gruppe. in kurfürstlichen Besitz. QjtU|CVl ÖIC|£V —>U11I1UC. 4JtC

schlechten Zeiten, der all-
gemeine Geldmangel, ließen nicht hoffen, daß sich die Manu-
faktur aus ihrer üblen L^ge befreien würde. Vom P August
s 782 bis f. August \ 792, dem Zeitpunkt, an dem die Kriegs-
unruhen ihre Schatten zu werfen begannen, wurden aus dem
Frankenthaler und dem Mannheimer Magazin im Jahr durch-
schnittlich Waare im Werth von 12,000 fl. abgesetzt. Für ^791
verzeichnen die Annalen der Fabrik den Besuch des perzogs
Maxinlilian Joseph von Pfalz-Zweibrücken. Der Fürst hatte
im genannten Jahr Mannheim zu seiner Residenz gewählt.
Der Besuch gab der Manufaktur Gelegenheit, den Kindern
des Herzogs verschiedene Porzellane zu verehren, so eine Gruppe
„die Bataille", Soldaten, ein Vogelnest, Mäuse, ein Dejeuner,
Deckeltassen u. s. w.

Als die Franzosen im Februar \7^\ unter General
Lefebvre, dem späteren perzog von Danzig, Frankenthal zum
erstenmal besetzten, legten sie der Fabrik eine Kontribution
von s00,000 Livres auf. Sie setzten die Summe indeß auf
30,000 Liv. herab, zu deren Tilgung von den Kommissären
Foucault-Montillet und Decroziers das Lager von Livorno
im Anschlag von f 8,297 Liv. angenommen wurde. Für
den Rest stellte die Fabrik einen Wechsel aus. Nach dem Ab-
zug der Franzosen, Februar f7st^, beganu man den Franken-
thaler Porzellanvorrath nach Mannheim überzuführen. Die
Arbeit wurde bald durch das wiederholte Erscheinen der
feindlichen Truppen gestört. Anfang April s7fl5 ertheilte
der Generaldirektor der Ausleerungskommission, Bürger
Albaree, die Genehmigung, daß das bewegliche Eigenthum

der Fabrik an Peter van Recum um die Summe von
3500 Liv., also, da der Livre damals fünf Kreuzer stand,
um etwa 29^ fl- verkauft und Recum zugleich die Manu-
fakturgebäude nebst den Erdgruben zu Alzey und Dürk
heim gegen einen monatlichen Pacht von 200 Liv. über-
lasten würden. Der Pächter führte die Fabrik (Direktor
war der s775 verabschiedete Bergdoll) nur sieben Monate;
sie ging im November s795 in Folge des Rückzugs der
Franzosen wieder in kurfürstliche Verwaltung über, wurde
indeß nur ganz schwach betrieben, bis die Feinde im De-
zember ^ 797 bei ihrem dritten Erscheinen Recum von
Neuem einsetzten. Die Beamten, die in der Fabrik selbst
wohnten, der Inspektor Feylner und der Faktor Elauer,
glaubten die Manufaktur für den Staat durch Vorstellungen
beim Brigadegeneral Lorge retten zu können. Mayer, Se-
kretär der Porzellanfabrik-Kommission und der Kontrolleur
Bauer unterhandelten demgemäß am ist. Dezenrber mit
Lorge, der sein Hauptquartier in Dürkheim hatte, an jenem
Tage jedoch zufällig zu Frankenthal im „weißen Löwen"
anwesend war. Der General war sehr erstaunt zu hören,
daß die Manufakturgebäude von dem Friedensrichter Griebel
versiegelt worden feien und dieser erklärt habe, die Fabrik
für Recum in Besitz nehmen zu wollen. Alles, was s795
geschehen sei, habe seine Giltigkeit verloren. Es sei unent
schieden, wem das Land in Zukunft angehören solle. Blieben
die Franzosen, so würde die Manufaktur Eigenthum der
französischen Nation werden. Er wolle selbst die Siegel
Herunterreißen und die Fabrik wieder in Gang setzen, wenn
sich der Friedensrichter zu rechtfertigen nicht im Stande wäre.
Der General stellte in diesem Sinne eine Ordre aus, die
nach Grünstadt an Griebel abging. Einige Tage nach
diesem Vorgänge erklärte Lorge, in der Sache nicht selbst-
ständig entscheiden zu können und sie an den Vorgesetzten
Divisionsgeneral leiten zu müssen. Der Friedensrichter be-
hielt Recht und der Kommandant von Frankenthal über-
gab die Fabrik feierlich an Griebel. Die kurfürstlichen Be-
amten sahen sich um so mehr zu ihrem Vorgehen veran-
laßt, als Recum 1795 bei Ersteigerung der Fabrikeinricht-
ung der Regierung durch seinen Bruder, der Landschreiber
in Simmern war, vertraulich hatte mittheilen lassen, daß
seine Schritte nur die Rettung und Erhaltung der Manu-
faktur bezweckten. Die Fabrik selbst blieb französisches
Nationalgut. Das in der Fabrik zurückgebliebene Mobiliar
wurde am 5. Nivofe des Jahres XI versteigert; es war
auf s0-I Franken abgeschätzt. Die Beamten der Franken-
thaler Fabrik beklagten vor allem den Verlust der Formen;
sie stellten angeblich einen Werth von 100,000 fl. dar. Sie
befinden sich jetzt in der Bordolloschen Steingutfabrik zu
Grünstadt, die wie es scheint, die Nachfolgerin der dort
durch Recum errichteten Manufaktur ist. Am 2. pluviose
des Jahres X [2\. Januar 1802) erklärt sich der Präfekt
des Departements Donnersberg, Staatsrath Iollivet, damit
einverstanden, daß die Recumschen Erben das Leiningifche
Schloß zu Dürkheim summt englischem Garten und sieben
Hektaren Land, das an ihren Vater verpachtet gewesen, für
ihre Fabrik zum Preis von !K^08 Franken erwarben.
Peter Recum wird bezeichnet als membre äu conseil ge-
neral du departement du Mont Tonnerre et proprietaire
de la manufacture de porcelaine, de fayenee et de cail-
loutage etablie par lui a Grunstadt.

4>

Marken der

Frankenthaler Porzellanfabrik.
 
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