Nr. 6.
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
127
der Gestalten, auch die satte Farbengebung
gemahnt, wenn auch nur leise, doch immer'
hin an das Mittelstück des Triptychons im
Johanneshospital zu Brügge/1')
Man hat versucht, dieses Bild mit Bles in
Verbindung zu bringen. Speziell Dr. Fried-
länder ist für diese Anschauung eingetreten,
für die vielleicht Landschaft und Faltenwurf
sprechen, aber nicht das exquisite Kolorit und
die ganze Behandlung des Themas. Wie dem
auch sei, haben wir es, wenn auch nicht mit
einem Meisterwerk von überragender Größe,
EINE NEUERWERBUNG
DES GERMANISCHEN MU-
SEUMS IN NÜRNBERG.
Carlo Cignani: Sankt Josef und das Christkind.
(Ehemals in den Wiener Sammlungen Hussian und Widerhofer.)
darf annehmen, daß die frei und sicher hin*
geschriebene kleine etwa zwei Spannen breite
Grisaille von Cignanis eigener Hand herrührt,
und nahezu ausgeschlossen erscheint es, daß
wir es mit einer grau in grau gemalten alten
Kopie nach dem farbigen größeren Bilde zu
tun hätten.
III.
Bei der Widerhoferschen Versteigerung
in Wien 1902 ist ein gutes Bild des Cignani
zutage gekommen. Es wird anbei abgebildet,
da sich an der Benennung nicht
zweifeln läßt und überdies Cignani
in dieser Arbeit gut charakterisiert
ist. Dieses Bild stammt aus der
Wiener Galerie Hussian, bei deren
Auktion 1869 es um 63 Gulden von
Widerhofer erstanden wurde. 1902
ist es nach Hirschlers Vermerk bei
der Widerhoferschen Versteigerung
an „Dr. Troll“ gelangt. Das Klischee
wird der Freundlichkeit des eben ge-
nannten Kunsthändlers Hirschler ver-
dankt. Es ist möglich, wenngleich
nicht sicher nachweisbar, daß dieses
Bild dasselbe ist, welches sich zu
Zanellis Zeiten beim bolognesischen
Senatore Albergati befunden hat.
Dort war nach Zanellis Angabe
(a. a. O. S. 12) „Un San Giuseppe
col Bambino“.
Vor kurzem hat das Germanische
Museum inNürnberg seine Sammlung durch ein
äußerst interessantes Bild bereichert. Es ist dies
eine Vermählung der heil. Katharina, die lange
Zeit der Familie Lemmen von Lemmenhof in
Innsbruck angehörte und dem Meister vom
Tode der Maria zugeschrieben wurde. Gegen
diese Annahme spricht nicht nur die ganz
verschiedenartige Malweise und das wesentlich
andere Kolorit, sondern auch das ganze Kom-
positionsschema weicht von jenem des ge-
nannten Meisters ab. Direktor Petzoldt hat
mit Recht diese Bezeichnung verworfen und
die etwas allgemeine „Viamische Schule zu
Ende des XV. Jahrhunderts“ dafür in An-
spruch genommen. In der Tat offenbart sich
sofort auf den ersten Blick die Zugehörigkeit
zur altniederländischen Schule trotz mancher
Züge, die eine Einflußnahme von Seiten Kölns
nicht ausgeschlossen erscheinen lassen. Nicht
nur das gleiche Thema und die Anordnung
so doch immerhin mit einer ganz bedeutenden
Schöpfung zu tun. Abbildung auf S. 128.
Alexandrine Kerde-(Ehrenstein).
ZUR BILDNISKUNDE.
Einige Bildnisse der Tonkünstlerin Klara
Schumann finden sich in der neuen Mono-
graphie von Bertold Litzmann „Klara Schu-
mann, ein Künstlerleben“, Leipzig, Breitkopf
und Härtel, 1905.
Porträte des Dichters Adalbert Stifter
im Septemberheft der Zeitschrift „Deutsche
Arbeit“, Prag, Karl Bellmann.
*) Frau Kende-Ehrenstein behält sich vor, bei
Gelegenheit auch den möglichen Zusammenhang mit
altholländischer Kunst zu erörtern. Fr.
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
127
der Gestalten, auch die satte Farbengebung
gemahnt, wenn auch nur leise, doch immer'
hin an das Mittelstück des Triptychons im
Johanneshospital zu Brügge/1')
Man hat versucht, dieses Bild mit Bles in
Verbindung zu bringen. Speziell Dr. Fried-
länder ist für diese Anschauung eingetreten,
für die vielleicht Landschaft und Faltenwurf
sprechen, aber nicht das exquisite Kolorit und
die ganze Behandlung des Themas. Wie dem
auch sei, haben wir es, wenn auch nicht mit
einem Meisterwerk von überragender Größe,
EINE NEUERWERBUNG
DES GERMANISCHEN MU-
SEUMS IN NÜRNBERG.
Carlo Cignani: Sankt Josef und das Christkind.
(Ehemals in den Wiener Sammlungen Hussian und Widerhofer.)
darf annehmen, daß die frei und sicher hin*
geschriebene kleine etwa zwei Spannen breite
Grisaille von Cignanis eigener Hand herrührt,
und nahezu ausgeschlossen erscheint es, daß
wir es mit einer grau in grau gemalten alten
Kopie nach dem farbigen größeren Bilde zu
tun hätten.
III.
Bei der Widerhoferschen Versteigerung
in Wien 1902 ist ein gutes Bild des Cignani
zutage gekommen. Es wird anbei abgebildet,
da sich an der Benennung nicht
zweifeln läßt und überdies Cignani
in dieser Arbeit gut charakterisiert
ist. Dieses Bild stammt aus der
Wiener Galerie Hussian, bei deren
Auktion 1869 es um 63 Gulden von
Widerhofer erstanden wurde. 1902
ist es nach Hirschlers Vermerk bei
der Widerhoferschen Versteigerung
an „Dr. Troll“ gelangt. Das Klischee
wird der Freundlichkeit des eben ge-
nannten Kunsthändlers Hirschler ver-
dankt. Es ist möglich, wenngleich
nicht sicher nachweisbar, daß dieses
Bild dasselbe ist, welches sich zu
Zanellis Zeiten beim bolognesischen
Senatore Albergati befunden hat.
Dort war nach Zanellis Angabe
(a. a. O. S. 12) „Un San Giuseppe
col Bambino“.
Vor kurzem hat das Germanische
Museum inNürnberg seine Sammlung durch ein
äußerst interessantes Bild bereichert. Es ist dies
eine Vermählung der heil. Katharina, die lange
Zeit der Familie Lemmen von Lemmenhof in
Innsbruck angehörte und dem Meister vom
Tode der Maria zugeschrieben wurde. Gegen
diese Annahme spricht nicht nur die ganz
verschiedenartige Malweise und das wesentlich
andere Kolorit, sondern auch das ganze Kom-
positionsschema weicht von jenem des ge-
nannten Meisters ab. Direktor Petzoldt hat
mit Recht diese Bezeichnung verworfen und
die etwas allgemeine „Viamische Schule zu
Ende des XV. Jahrhunderts“ dafür in An-
spruch genommen. In der Tat offenbart sich
sofort auf den ersten Blick die Zugehörigkeit
zur altniederländischen Schule trotz mancher
Züge, die eine Einflußnahme von Seiten Kölns
nicht ausgeschlossen erscheinen lassen. Nicht
nur das gleiche Thema und die Anordnung
so doch immerhin mit einer ganz bedeutenden
Schöpfung zu tun. Abbildung auf S. 128.
Alexandrine Kerde-(Ehrenstein).
ZUR BILDNISKUNDE.
Einige Bildnisse der Tonkünstlerin Klara
Schumann finden sich in der neuen Mono-
graphie von Bertold Litzmann „Klara Schu-
mann, ein Künstlerleben“, Leipzig, Breitkopf
und Härtel, 1905.
Porträte des Dichters Adalbert Stifter
im Septemberheft der Zeitschrift „Deutsche
Arbeit“, Prag, Karl Bellmann.
*) Frau Kende-Ehrenstein behält sich vor, bei
Gelegenheit auch den möglichen Zusammenhang mit
altholländischer Kunst zu erörtern. Fr.