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Blümner, Hugo
Technologie und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern (Band 2) — Leipzig, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.4950#0149

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- 139 -

dass die Nägel wegen der Nerven, welche sich unter ihnen vereinigen,
das feinste Gefühl hätten und dass daher der Künstler mit den Nägeln
die letzte Probe mache, wo an seinem Lehmmodell noch eine kleine
unsichtbare Unebenheit sein möge. Aber auch dies ist mir schwer denk-
bar. Gerade durch ein solches Ueberfahren des ganzen Modells mit den
Nägeln selbst (nicht mit den Pingerspitzen!) würde, da die Nägel scharf
und schneidend sind, die Oberfläche des Modells sehr leicht wieder tangirt,
feinere Partien beschädigt worden sein; zur Erkennung etwaiger Un-
ebenheiten genügte sicherlich das gefahrlose Ueberfahren mit den eben-
falls sehr feinfühligen Fingerspitzen (wie ja bekanntlich falsche Spieler
sich die Pingerspitzen mit Bimstein einreiben, um eben mit diesen die
Karten durch das Gefühl zu unterscheiden, nicht mit den Nägeln). Noch
weniger glücklich sind andere versuchte Deutungen. Der Bildhauer
Zurstrass meinte, övu£ sei vielleicht das Modellirstäbchen genannt
worden. Aber övu£ könnte nur etwas mit einem Haken bedeuten, und
der passt für das Modellirholz gar nicht, auch könnte da nicht gesagt
werden ö'tcxv ev övux1 ö irnXöc Yevnxai. G. Wolff erklärte (Arch. Anz.
f- 1864 p. 273): 'wenn der Künstler bei dem Modell die Dimensionen
nur noch nach Nagelbreiten messen kann'. Und Düntzer fasst övuH
im Sinne, wie wir rHaar' gebrauchen, als das feinste, was man sich
denken könnte, als das kleinste mögliche Mass, also mit Bezug auf die
Dicke (nicht Breite) des Nagels. Damit stimmt nun aber wieder die
ausdrückliche Erwähnung des irnAöc gar nicht; und daher hilft sich
Düntzer'mit der Annahme, ursprünglich habe der Ausspruch gelautet:
die Arbeit wird am schwersten, wenn sie am feinsten ankommt, am
minutiösesten Punkte: Plutarch aber habe den Aussprach an beiden
Stellen verschieden umschrieben und dabei jedesmal irrthümlich an das
Thonmodell gedacht, während der Ausspruch ganz allgemein von jeder
Arbeit gelte. Diese Ausflucht ist sehr gezwungen, und lässt Ausdrücke
wie &i' övuxoc, bvv%iZeiv u. ä. unerklärt. Ich bin daher oben wieder
zu der alten Winckelmann'schen Deutung zurückgekehrt, die mir vor
allen anderen den Vorzug zu verdienen seheint.

II. Die Verarbeitung; anderweitiger weicher Stoffe.

§ 12.

Arbeit iE Gyps und Stuck.

Hirt, Amalthea I, 213 ff.
Clarac, Muse'e de sculpt. I, 46 ff.
Müller, Handbuch § 305, 4.

Von den übrigen weichen Stoffen, die die Alten verar-
beitet, hat kein einziger auch nur annähernd eine so ausge-
 
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