gesinnten «Künstlerstimmung» gesucht, und die heule abgetragenen
romanischen und gothischen Bogengànge mit ihren interessanten Skulp-
turenresten abgezeichnet (ich besitze einzelne dieser Skizzenheute noch).
Neuerdings sind nun dei den oben erwahnten Grabungen im August 1900
auch mancherlei Reste zum Vorschein gekommen, welche zu jenem Kreuz-
gange gehôren, aber seit Jahrhunderten unterder Erdelagen. Prof. Rahn
und Dr. Zeller-Werdmüller haben diese Funde zusammen mit den noch
erhaltenen Resten soeben in einer werthvollen Publikation, Das Frau-
münster in Zurich (die Baubeschreibung, Mitth. der antiquarischen Ge-
sellscliaft, Zürich, 1901), berausgegeben. Sie haben damit aber unbewusst
und unverhofft uns werthvolle Aufscblüsse auch zur Baugeschichte des
romanischen Kreuzganges auf dem Odilienbergkloster geliefert.
Das Odilienkloster besitzt bekanntlich in seinem stark verbauten Kreuz-
gange einen vielseitigen Steinpfeiler mit Relief-Darstellungen, welche all-
gemein grosses Interesse erregen. Vorn sehen wir St. Leodegar mit
Bischofsstab und Buch, links Eticho mit St. Odilie, wie diese von jenem
ein Buch, die Belehnungsurkunde über Hohenburg, empfângt, recbts Maria
mit dem Christuskind, zu ihren Füssen knieend Relindis und Herrad von
Landsperg. Ueber diese Reliefs ist viel gestritten worden, denn bald
gab man sie der Merovingerzeit, bald Hess man sie im 12. oder gar erst
im 13. Jahrhundert entstehen; bald suchte man einen Mittelweg, indem
man es als môglich erklarte, dass die beiden Seitenbilder (Eticho und
Maria) «nach àlteren Vorbildern» gearbeitet, also zwar im 12. Jahrhundert,
aber in Anlehnung an ein vorher schon existirendes âhnliches Bildwerk
der Merovingerzeit entstanden sein1. Ich selbst habe nach genauer Unter-
sucbung von Styl und Technik aile drei Reliefs als Arbeiten des 12. Jahr-
hunderts erklârt (Odilienberg, vergl. Tafeln 19 und 20). Dieselbe Datirung
gab ich nach gleich sorgfaltiger Ueberlegung den Kapitàlen und den selt-
samen Sandsteinkôpfen, welche Klosterdirektor Abbé Caspar ca. 50 Meter
unterhalb des Klosters, am Nordwestabhange des Berges, gefunden hat,
und welche ich in der kleinen Klostersammlung theils in den Fenster-
nischen, theils in einem Glasschranke untergebracht habe- Indessen auch
1. Wie selir die Meinungen darüber auseinandergingen, mag folgende Zusammen-
stellung darthun: Laguille gibt die Reliefs dem 7. Jahrhuudert, Eccard und Mabillon dem
10., Straub dem 9.—10., Schœpüin und Grandidier den letzten Jahren des 12., Engelhard
dem 13., Roth, Gérard, Gyss, Woltmann wieder dem 12., Mündel: wahrscheinlich dem
12. Jahrhundert, mOglich, dass das 1. und 3. Relief nach âlteren Vorbildern gearbeitet
seien, Kraus denkt «vielleicht noch 8. Jahrhundert, aber wenn die Inschriften gleichzeitig
sind? ! — nottrwendîg viel spâter».
romanischen und gothischen Bogengànge mit ihren interessanten Skulp-
turenresten abgezeichnet (ich besitze einzelne dieser Skizzenheute noch).
Neuerdings sind nun dei den oben erwahnten Grabungen im August 1900
auch mancherlei Reste zum Vorschein gekommen, welche zu jenem Kreuz-
gange gehôren, aber seit Jahrhunderten unterder Erdelagen. Prof. Rahn
und Dr. Zeller-Werdmüller haben diese Funde zusammen mit den noch
erhaltenen Resten soeben in einer werthvollen Publikation, Das Frau-
münster in Zurich (die Baubeschreibung, Mitth. der antiquarischen Ge-
sellscliaft, Zürich, 1901), berausgegeben. Sie haben damit aber unbewusst
und unverhofft uns werthvolle Aufscblüsse auch zur Baugeschichte des
romanischen Kreuzganges auf dem Odilienbergkloster geliefert.
Das Odilienkloster besitzt bekanntlich in seinem stark verbauten Kreuz-
gange einen vielseitigen Steinpfeiler mit Relief-Darstellungen, welche all-
gemein grosses Interesse erregen. Vorn sehen wir St. Leodegar mit
Bischofsstab und Buch, links Eticho mit St. Odilie, wie diese von jenem
ein Buch, die Belehnungsurkunde über Hohenburg, empfângt, recbts Maria
mit dem Christuskind, zu ihren Füssen knieend Relindis und Herrad von
Landsperg. Ueber diese Reliefs ist viel gestritten worden, denn bald
gab man sie der Merovingerzeit, bald Hess man sie im 12. oder gar erst
im 13. Jahrhundert entstehen; bald suchte man einen Mittelweg, indem
man es als môglich erklarte, dass die beiden Seitenbilder (Eticho und
Maria) «nach àlteren Vorbildern» gearbeitet, also zwar im 12. Jahrhundert,
aber in Anlehnung an ein vorher schon existirendes âhnliches Bildwerk
der Merovingerzeit entstanden sein1. Ich selbst habe nach genauer Unter-
sucbung von Styl und Technik aile drei Reliefs als Arbeiten des 12. Jahr-
hunderts erklârt (Odilienberg, vergl. Tafeln 19 und 20). Dieselbe Datirung
gab ich nach gleich sorgfaltiger Ueberlegung den Kapitàlen und den selt-
samen Sandsteinkôpfen, welche Klosterdirektor Abbé Caspar ca. 50 Meter
unterhalb des Klosters, am Nordwestabhange des Berges, gefunden hat,
und welche ich in der kleinen Klostersammlung theils in den Fenster-
nischen, theils in einem Glasschranke untergebracht habe- Indessen auch
1. Wie selir die Meinungen darüber auseinandergingen, mag folgende Zusammen-
stellung darthun: Laguille gibt die Reliefs dem 7. Jahrhuudert, Eccard und Mabillon dem
10., Straub dem 9.—10., Schœpüin und Grandidier den letzten Jahren des 12., Engelhard
dem 13., Roth, Gérard, Gyss, Woltmann wieder dem 12., Mündel: wahrscheinlich dem
12. Jahrhundert, mOglich, dass das 1. und 3. Relief nach âlteren Vorbildern gearbeitet
seien, Kraus denkt «vielleicht noch 8. Jahrhundert, aber wenn die Inschriften gleichzeitig
sind? ! — nottrwendîg viel spâter».