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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 5
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Diez, Ernst: Burgen in Vorderasien
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0109

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91

betrefsenden Ländersorschung. Flietzen daher die
Quellen in einem Land spärlicher als im andern, so
dürsen wir daraus noch keine endgültigen Nückschlüsse
aus den ursprünglichen Denkmälerbestand ziehen. Was
bisher über Burgen in Zentral- und Vorderasien be-
kannt ist, kam mehr durch Zufall als durch systematische
Forschung zustande, soweit es sich um Burgen des
Mittelalters handelt. Es hing vom Interessenkreis der
einzelnen Forschungsreisenden ab, ob sie sich umBurgen
kümmerten oder nicht. Eine Ausnahme ist Syrien, das
ja Dank seiner Stellung als Wiege des Christentums
und als Tummelplatz der Kreuzsahrer heute eines der
besterforschten Länder des Orients ist.

Die ältesten Denkmäler von Burgen sind uns aus
assyrischen Neliefs erhalten, die uns überhaupt un-
schätzbare Ausschlüsse über die Kullur im Zweistrom-
land im letzten vorchristlichen Iahrtausend gegeben haben. Das hier abgebildete Nelies (Abb. 63) wurde
mit vielen anderen von Botta vor mehr als einem halben Iahrtausend in der Nesidenz Sargons Khor-
sabad ausgegraben (8. Ih. v. Chr.). Es stellt den — natürlich erfolgreichen — Sturm assyrischer Sol-
daten aus eine mit drei Mauerringen, einem äußeren umlaufenden Wassergraben und Autzenwerken
befestigte Burg dar. Die Mauern sind dicht mit halbrunden, aus der Mauerkrone ausladenden Türmen
(„Kavaliertürmen") besetzt. Im Grunde haben wir hier schon die sertige Burg vor uns, wie sie voll-
kommener kaum gedacht werden kann. Die Fundamentalgesetze jedes Burgenbaues sind bereits ersüllt:
Die Mehrzahl der zu nehmenden Hindernisse, die selbständige Verteidigungsfähigkeit jedes Teiles, die
wirksame Bestreichungsmöglichkeit jedes Punktes der Mauern. Abb. 64 zeigt, datz die Assyrer bereits
hölzerne Vorbauten zur senkrechten Bestreichung der Mauern (franz. üourä^), die Vorlüufer der ge-
mauerten Maschikuli kannten. Eine weit zurückreichende Entwicklung des Befestigungsbaues ist die Voraus-
setzung dieser Höhenstufe. Die Assyrer waren ja auch die Crben viel älterer chaldäischer und elamischer Kul-
turen. Äber die Bauart der damaligen Befestigungen geben uns die Ausgrabungen der Deutschen
Orientgesellschast in Assur, Babylon und anderen SLädten, serner die sranzösischen Ausgrabungen in
der Achämenidenresidenz Susa Aufschlutz*). Die Be-
sestigungen dieser mächtigen Städte mit doppelten
und dreisachen turmbewehrten Mauerringen aus ge-
brannten und ungebrannten Ziegeln waren die Vor-
bilder für die kleinen Burganlagen.

Im Gegensatz zum Zweistromland, wo sich die
Kulturen unter fortwährenden Hegemoniekämpsen
und Neibungen zur höchsten Blüte entwickelten und
das infolgedessen auch der fruchtbarste Boden für den
Festungsbau wurde, hinterlietzuns das weitaus sried-
lichere Bauernland am Nil fast gar kein Denkmäler-
material von Burgbauten. Datz es aber auch in
Ägypten an befestigten Schlössern nicht fehlte, zeigt
uns eine Neliefdarstellung in den Grabbauten von

*) M. Dieulafoy, L^Acropole de Suse, Paris 1895) W. An-
drae, Die Festungswerke von Assur, 2 Bde., Leipzig 1913)

N. Koldewey, Das wiedererstehende Babylon, 2. Zlusl., Leip-
zig 1915. Eine Zusammenfassung gibt P. Handcock^s Meso-
potamian Archäology, London 1912.

Abb. 64. Assyrische Besestigungsanlage.
 
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