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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 7
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Ritter, Hermann: Burg Rheinfels
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0153

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155

Hunsrückhöhe Kehrt
zu machen. 1ö92
entschlotz sich Lud-
wig XIV. zur Bela-
gerung und Erobe-
rung der Feste, die
ihn zum Herrn des
Rheinstromes
machen sollte. Die
nächsteVeranlassung
zu seinem Vorgehen
gaben die Türken,
mit denen er gegen
das deutsche Neich
und Habsburg ver-
bündet war und die
ihn zu einem ent-
scheidenden Schlag

drängten. Aber der Abb. 1O9. Rheinsels (links) und die Burg Kah (rechts) stromab gesehen.

Rheinfels, sein bra-

ver Kommandant Georg Sittig Ludwig von Schlitz, genannt von Görtz und die tapfere hessische Be-
satzung hielten diesen Schlag nicht nur aus, sondern gaben ihn dem allerchristlichsten König so kräftig
zurück, datz sein Hall durch ganz Europa dröhnte und noch einmal einheitlicher Siegesjubel in dem
seit dem dreitzigjährigen Kriege so jämmerlich zerrissenen deutschen Neich erscholl. Mit 18 000 Mann
erschienen am 16. Dezember Generalleutnant Graf Tallard und Generalmajor de Choissy von Saarlouis
und Montroyal bei Traben her vor den Hunsrückwerken von Nheinfels. 10 000 Mann mit 38 groben
Geschützen und 18 Mörsern stietzen hier am 21. Dezember zu ihnen. Da Rheinfels nur eine Besatzung von
4000 Mann hatte, die von einem nur 3000 Mann starken hessischen Korps, das auf der rechten Rheinseite
lagerte, unterstützt werden konnte, glaubte Graf Tallard sich keiner Abereilung schuldig zu machen, als er
seinem Könige die Schlüssel der Festung als Geschenk für den Neujahrstag 1693 versprach. Das boshafte
Schicksal wollte aber, datz er gerade an diesem Neujahrstage die Belagerung aufheben und sich mit einem
Verluste von 4000 Toten und 6500 Verwundeten über den Hunsrück zurückziehen mutzte. Beschietzung
und Bestürmung der Festung hatten die Aranzosen vom 17. Dezember bis 1. Ianuar 1698 mit beispielloser
Heftigkeit betrieben. Die Werke waren in Schutthaufen verwandelt worden, trotzdem hatten sie die helden-
mütigen Verteidiger gehalten und alle Stürme abgeschlagen, bis ein herannahendes Entsatzheer die zer-
mürbten Franzosen zum Abzug zwang. Die Belagerung machte Rheinfels zu einer europäischen Be-
rühmtheit. Eine unvergängliche Gloriole schien seine trotzigen Bastionen für alle Zukunft zu umstrahlen.

Leider verblatzte in der Folge wieder dieser Schimmer. Fortgesetzte Streitereien zwischen der 1648
neu entstandenen Familie von Hessen-Rheinfels, die der Kaiser in ihren Besitzansprüchen stützte und der ihr
Besitzrecht rücksichtslos verteidigenden Linie Hessen-Kassel, verdunkelten den Nuhm des Rheinfels, der
nach vielem hin und her, wechselnder Besitzung und Exekutionsandrohungen seitens des Kaisers endlich
am 22. Oktober 1718 von Hessen-Kassel der landgräflichen Familie Hessen-Nheinfels übergeben wurde.
Für das deutsche Reich wurde die stolze Feste im 18. Iahrhundert dank der Unfähigkeit ihres Komman-
danten aus einem unüberwindlichen Bollwerk in einen Ort kriegerischer Schmach verwandelt. Während
des siebenjährigen Krieges gelang es dem bei Rotzbach vom alten Fritz so gründlich geschlagenen Soubise
mit seinen Franzosen Stadt und Festung in der Nacht vom 30. November auf den I.Dezember, während der
Kommandant und seineOffiziere mit den Damen derStadt auf einem Balle sich vergnügten, so unerwartet
und völlig zu überrumpeln, datz die französischen Ofsiziere an dem ununterbrochenen Tanzvergnügen
teilnehmen konnten. Die Franzosen hielten dann die beiden Städte und die Festung bis zum Hubertus-

Sml. B. E.
 
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