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Der Dampf-Courier der Bergstraße: Anzeige- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land ((Januar-März)): Der Dampf-Courier der Bergstraße: Anzeige- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1839

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Nr. 10 - Nr. 17 (2. Februar - 27. Februar)
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67

Schon am Abend des dritten Tages war er da-
selbst angelangt. Friedrich, der niemals seiner
braven Soldaten vergaß, überreichte ihm bei
seinem Abschied ein versiegeltes Schreiben, wo
ihm eine ansehnliche Pension angewiesen war:
„Wenn ihr, wackerer Mann, künftig euren Kö-
nig besuchen wollt, wird er euch stets als seinen
und des Vaterlandes Freund empfangen;" da-
mit entließ er ihn. Seinen Oberen blieb er we-
gen seines Diensteifers unvergeßlich.
Seit jenen glücklichen Tagen, die er auf der
Mühle bei den Redlichen zugebracht hatte, war
das liebliche Bild Mariens nicht aus seiner Seele
gekommen; er gestand sich, daß er sie innig liebe,
und die Hoffnung ihres einstigen Besitzes hatte
die vielen Müheseligkeiten seines Lebens ihm ver-
süßt. Auch sie hatte das Andenken des edlen
Kriegers treu in ihrem Busen bewahrt. Wenn
das unschuldige Mädchen an einem schönen Abend
mit ihren Eltern auf dem Hügel weilte, wo
Hermann oft sich befand, umschwebten sie die
vergangenen heitren Tage, sie fühlte sich ihm
innig verwandt, und nur ihm anzugchören. Wie
vergnügt war sic sonst mit ihm in das nahe
Dörfchen zum ehrwürdigen Prediger gewandert,
um nach frommer Sitte seine Lehren zu verneh-
men, oder seinen Rath zu erfragen. — Oester
noch befand sie sich jetzt bei ihm, um dem Ver-
trauten ihres Herzens ihre Besorgnisse und Hoff-
nungen mitzutheilen; er, der Hermanns reine
Seele klar durchschaut hatte, suchte jene zu ver-
bannen, und versicherte ihr Hermanns ewige
Liebe. Auch der alte Müller'beschäftigte sich oft
mit diesem Gedanken, und noch hatte er die
Hoffnung nicht aufgegeben, ihn seinen Sohn nen-
nen zu können, und die alte Mutter behauptete
fest und sicher, ihr Hermann müsse doch wieder
kommen, und ihre herzlichen Wünsche erfüllen.
Richtig hatte sie gesehen. — Hermann war, in
der Absicht seinen frommen Eltern Marie als
seine Gattin zuzuführen, von dem Heere gerade
hierher gereist, und trat, als eben die Familie
ihren Abcndsegen betete, in die Mühle ein. Nicht
anders, als ob ein langerwartcter Sohn er sei,
ward er empfangen. „Sei willkommen, Her-
mann! rief ihm die Mutter entgegen, beinahe
hätte ich an deiner Wiederkunft gezweifelt." Marie
nahcte mit jungfräulichem Erröthen. Gebt euch
die .Hände, Kinder , sprach mit feierlicher Stimme
der Alte; bleibet ewig verbunden, der Segen
Gottes möge euch begleiten ! Es war eine der
schönsten Stunden in Hermanns Leben; seine
Hoffnungen waren erfüllt, und er im Besitze
einer Gattin, die des Edlen vollkommen würdig
war. Kaum konnten sie den andern Tag er-

warten, wo sie dem alten Freunde ihr Glück be-
kannt machten. Wie lieblich lag nicht das Le-
ben vor ihnen, das nun die wahre Richtung er-
halten hatte? Welche Pläne schufen sie für die
Zukunft, die den Glücklichen so freundlich ent-
gegen lächelte! —
Im Dörfchen G...... befand sich ein kleines
Pachtgut, einem benachbarten Edelmanne zuge-
hörig, der jedoch schon lange einen Käufer für
dasselbe suchte; Hermann, der seinen Schwieger-
eltern seinen Plan mitgetheilt hatte, kaufte es
seinem Besitzer um eine mäßige Summe ab, die
er in kurzer Zeit abtragen konnte.
Nach wenigen Wochen einte hier der priestcr-
liche Segen das tugendhafte Paar; niemand als
Mariens Eltern lind der würdige Prediger wa-
ren, mitgekommen. —
Hermanns Ehe entsprach vollkommen dem Bilde,
das sein alter Freund im prophetischen Geiste sich
entworfen hatte. Maria ward das Muster einer
rechtschaffenen Gattin und einer zärtlichen Mut-
ter , sie ersetzte mit derselben kindlichen Liebe den
beiden Alten ihre Tochter, die an einen Land-
mann sich verheirathete, der sie liebte und ihrer
würdig war. Vier blühende Kinder erbten die
Tugenden ihrer Eltern. Von keiner Trauer wurde
die Familie heimgcsucht, als dem Tode der Al-
ten, die am späten Abend ihres Lebens die Freude
noch genossen hatten, Zeugen des Glücks ihrer
Nachkommen zu sein.
Als endlich nach einem thatenreichen Leben auch
Hermann seine nahe Auflösung fühlte, versam-
melte er seine Gattin, Kinder nnd das ganze
Dorf vor seinem Sterbelager, ermahnte sie noch
einmal zur Tugend und Frömmigkeit, und ent-
schlummerte sanft. Seinem letzten Willen zu-
folge ward er bei seinen Eltern unter der Linde
begraben; auf seinem Grabsteine liest man die
einfachen Worte: „Das Andenken des Gerech-
ten bleibet im Segen."

Biographische Skizzen.
(Fortsetzung.)
K o s c i u s z k o.
Thädäus Kosciuszko, geboren 1756, war der
Sohn eines altadeligen Gutsbesitzers in der Woi-
wodschaft Brzersz (in Lithauen). Sein Vater,
ein schlichter, rechtlicher Mann, lebte von dem
Ertrage seines Eigenthumes, der zur anständi-
gen Unterhaltung seiner Familie gerade hinreichte,
erzog seinen Sohn in strenger Einfachheit, »nd
 
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