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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 16.1995

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Kolbe, Peter: Das Bindungsmodell virtueller Gegenständlichkeit - ein Beitrag zur Gestaltung von virtuellen 3D-Szenarien und Interaktionsräumen
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https://doi.org/10.11588/diglit.31840#0100

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Einrichtungen nahezu äquivalent, aber die
Handlungsweisen sind vielfälltig. Mal muß
mit einer Hand von oben gedrückt werden,
während die andere einen Seifenspritzer er-
hält, mal muß nur mit einer Hand gleichzei-
tig gedrückt und empfangen werden, mal
muß gezogen werden und ähnliches. Konflik-
te innerhalb der Handlungskomponente
funktional gleichartiger Gegenstände ist der
häufigste Fall. Das liegt im wesentlichen da-
ran, daß sowohl in der Werbung als auch im
Produktdesign selber die Kodierung der
Zweckfunktion des Produktes fast ausschließ-
lich überdas Erscheinungspotential (Gestalt-
struktur) geht und das 'pantomimische'
Kodierungsvermögen mit Hilfe der Handlung
untergeordnet bleibt.

Starke Konfliktfälle besitzen eine Nichtüber-
einstimmung in zwei der drei Objekt-Kom-
ponenten; hier entsteht bereits das Suchen
nach einem neuen Objektbegriff, der diese
beiden Komponenten qualitativ befriedigend
integriert. Starke Konfliktfälle tragen damit
die Gefahr in sich, daß die Zweckfunktion des
Produktes als solches nicht mehr erkannt
wird. Hier ist dann die 'innovative' Grenze

häufig überschritten, der Nutzer ist verunsi-
chert, das 'try and error'-Verfahren gewinnt
die Oberhand. Starke Konfliktfälle sind in
Hinblick auf plötzliche Problemstellungen
häufig mit 'Notlösungen' verbunden. So wird
z.B. im Notfall auch eine Nagelzange als
Hammer genutzt, obwohl sich sowohl die
Erscheinungsstruktur als auch die (primäre)
Zweckfunktion einer Zange deutlich von der
des Hammer unterscheidet. Hier garantie-
ren gemeinsame strukturelle, funktionser-
möglichende Wirkungsbereiche und Eigen-
schaften, daß die Funktion des Hammers auf
die Zange übertragen und mit ähnlichen
Handlungen realisiert werden kann. Starke
Konfliktfälle sind die häufigste Lösungsform
bei der gegenwärtigen „Gestaltung" von
Benutzungsoberflächen unterschiedlichster
Softwarepakete. In der Regel müssen - bei
realitätsadäquatem Erscheinungspotential
der Piktogramme - sowohl die Funktion als
auch die operationalen Handlungen neu er-
lernt werden. Aus dieser Sicht sind die gegen-
wärtigen Benutzungsoberflächen 'Notlösun-
gen'.

Mentaler

Objektbegriff

Virtuelles

Objektmodell

Abbildung 7; Konfliktpotential zwischen Objektbegriff und Objektmodell. Die Konfliktbereiche
in Verbindung mit der lexikalischen Merkmalsbildung (Bezeichnungen) sind hier nicht diskutiert.

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