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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 16.1995

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Nees, Georg: Der nackte und der modulare Mensch - Virtualität intra Realität
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https://doi.org/10.11588/diglit.31840#0134

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liebiger und überdies stetiger Veränderlich-
keit der Grundmodi suggeriert; doch soll das
Schema nicht so streng ausgelegt werden,
eher als eine Analogie der vollen Möglich-
keiten, abstrakt ausgedrück: des wahren Zu-
standsraums menschlicher Befindlichkeit, den
das Subjekt ja nie gänzlich überschauen kann.
Verstehen wir doch den Menschen unter sei-
nesgleichen und Andersartigem als eine Ge-
gebenheit unausschöpfbaren Aspektreich-
tums. Auch teilen die Grundmodi weder die
Existenz sauber unter sich auf, noch sind sie
unabhängig voneinander beweglich. Den-
noch dürfen wir sie durchaus als Freiheitsgra-
de des menschlichen Daseins begreifen, wo-
bei die Freiheit freilich von mannigfachen
Zwängen eingeengt wird.

Das Achsensystem der Grundmodi dient uns
als Ausgangsschema für die Diskussion des
Wirklichkeitsbegriff angesichts der Erschei-
nung der Virtualität. Als Beispiel von extrem
Andersartigem, jedoch vom selben Achsen-
schema auffangbar, seien Träger künstlicher
Intelligenz erwähnt, sagen wir in der Gestalt
von Chimären, d.h. technisch realisierten
Phantasiegebilden, mit denen das Subjekt

gleichwohl virtuell kommuniziert oder pseu-
do-kommuniziert, vielleicht ohne des Au-
ßergewöhnlichen gewahr zu werden.

1.2 Nacktheit, Direktrealität, Modularität

"Wir prädestinieren und normen auch.
Wenn wir unsere Kleinlinge entkorken,
haben sie bereits ihren festen Platz in der
Gesellschaft, als Alphas oder Epsilons, als
künftige Kanalreiniger oder künftige -«
er hatte »künftige Weltaufsichtsräte«
sagen wollen, verbesserte sich aber und
sagte »künftige Brutdirekto-ren«."
Aldous Fluxley: Schöne neue Welt 3

Das Kind, gerade nackt geboren, beginnt neu
zu wirken: Es schreit, es sucht nach der
Mutterbrust. Sein Eintritt in die Außenwelt
ist allerdings vom Zuschnappen einer Falle
begleitet, denn es gerät sofort in ein System
von Zwängen. 4 Einer davon entscheidet, ob
es seine nacke Haut weiter Licht und Luft aus-
setzen kann, oder ob es in wärmendes und
schützendes Material gehüllt wird. Wo in
Raum und Zeit auch immer das Baby bei uns
ankommt, es findet einen bestimmten Platz

wirtcen

Abb. 2. Der Beginn

132
 
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