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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 16.1995

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Oehlke, Horst: Darstellung des Nichtdarstellbaren
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https://doi.org/10.11588/diglit.31840#0162

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Ich will nun versuchen, den Begriff und die
"Vorstellung" von Unendlich/Unendlichkeit
hinsichtlich seiner Zeichen-, Bild-, Sprach- und
Begriffsrepräsentationen mit Wahrneh-
mungsmöglichkeiten oder "sensuell ausgelö-
sten Ahnungen" zu vergleichen. /4/

Es sind eigentlich grob gesehen mindestens
drei Repräsentationsbereiche, der des Sprach-
lichen und Begrifflichen, der der empirischen
Wahrnehmung zugänglichen Objekte und
Phänomene und der der mathematischen
Logik, Begrifflichkeit und Zeichenverwen-
dung bzw. Modellierung, die hier aufeinan-
der bezogen werden müßten.

Es geht um die Veranschaulichungsmöglich-
keiten von etwas an sich nicht in ganzer Kon-
sequenz Vorstellbarem oder Erlebbarem, aber
Denkbarem und vielleicht Ahnbarem. /5/

Das Wortfeld, zu dem ,unendlich, / ,Unend-
lichkeit, gehören, umfaßt eine Menge ande-
rer Wörter und Begriffe und deren Ableitun-
gen ähnlichen Inhalts.

Zum Beispiel ,endlos / Endlosigkeit,,

aber auch ,grenzenlos / Grenzenlosigkeit,,
,unbegrenzt / Unbegrenzheit „
und dann ,zeitlos/Zeitlosigkeit,,

vielleicht noch

,unvergänglich/ Unvergänglichkeit,,
mitAbstand schließlich ,ewig / Ewigkeit,.

Diese sprachlichen Ausdrücke berühren oder
überlagern sich teilweise; mit ihnen verbin-
den sich sofort auch Vorstellungen des
Gebrauchskontextes der Wörter,und damit
hängen alle Zeichen, Bilder, Vorstellungen
und Wahrnehmungen für sie und mit ihnen
auch irgendwie untereinander zusammen.
Das umgangssprachliche Verständnis von ,un-
endlich, rechnet bereits mit der Nicht-
vorstellbarkeit und bezieht sich auf den blo-
ßen Sachverhalt, an das Unendliche ohnehin

nicht zu kommen. „Unendlich viele." will

nichts über Unendliches sagen, sondern be-
sagt, daß sogar darauf verzichtet wird, aus
welchen Gründen auch immer, endlich Ab-
zählbares abzuzählen. Damit wird eingestan-
den, daß bereits das Endliche gewisse Schwie-
rigkeiten bereitet. Das Bild „wie Sand am
Meer" würde diesen Sachverhalt vorstellbar
ausdrücken.

In entsprechenden Wörterbüchern werden
,Endlosigkeit„ ,Grenzenlosigkeit„ ,Unendlich-
keit, und ,Ewigkeit, als Synonyme aufgeführt.
Das ist doch ein recht großzügiger Umgang
mit diesen Begriffen, der nur im umgangs-
sprachlichen Sinn zu rechtfertigen ist.
Ewigkeit ist nicht der Gegensatz oder die
Aufhebung von Zeit und Raum, sondern au-
ßerhalb dieser Begriffe liegend. /6/

Aber sie berührt oder deckt sich, könnte man
sagen, mit Unendlich.

,Grenzenlos, bedeutet zunächst ,unbegrenzt',
also ,ohne Grenze, .Das kann bedeuten ,ohne
signifikante Markierung,, ,gleitender Über-
gang,; könnte aber auch die,Bewegung auf
einer Kugeloberfläche, charakterisieren.
Letztlich kann ,Grenzenlos, auch im Sinne von
,unendlich, benutzt werden.

Endlos kann der Zeitpfeil gedacht werden
und endlos, aber begrenzt, ist das Möbius-
band, das von nur einer Fläche gebildet wird.
Der Kreis hat weder Anfang noch Ende. Er
hat unendlich viele Punkte, ist selbst aber
endlich.

Das Erfassen aller möglichen Wortbedeutun-
gen wäre selbst eine ,unendliche Geschich-
te,. Darum kann es hier nicht gehen.

Wenn von ,Unendlichem„ nicht vom ,Unend-
lichen,, gesprochen wird, was ja jeweils wie-
der etwas anderes bedeutet, dann soll es sich
einschränkend auf Phänomene in Zeit und
Raum beziehen, um nicht leichtfertig auch
gleich über religiöse Bezüge zu reden, denen
man in diesem Zusammenhang durchaus
nicht ausweichen kann. III 18/

Diese angedeuteten begriffIichen Inhalte
werden nicht nur in der Mathematik, der
Astronomie und Philosophie bearbeitet, son-
dern auch immer wieder in Kunst und Litera-
tur bemüht und schließlich, vielleicht zwin-
gend, mit sinnlichen Wahrnehmungserfahr-
ungen "verbunden" oder „verglichen".

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