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Deutsche Kun st.

147


Max Koch,
Deckengemälde.

Für Baron Krauskopf.
Hohenbuchau.

^MMMenn ich mir ein Bild ansehe,
so frage ich mich zunächst:
möchtest du es besitzen, es in
dein Zimmer hängen? Glaubst
du, daß es bei öfterer und intimerer
Betrachtung nicht an Reiz und fesselnder
Kraft verlieren wird? Ist es, wie manche
Patentsachen, nur gut zum kaufen und
verkaufen, oder auch zum Fehalten?
Danach stellt sich dann der Werth des
Bildes für mich fest.
Die Händler haben natürlich ganz
andere Kriterien. Sie suchen Namen,
Seltenheiten, Absonderlichkeiten und
zahlen oft weit höhere Preise für ein
Bild, das man nicht zum zweiten Male
ansehen mag, als für ein solches, vor-
dem man sitzen und träumen — in das
man sich hineinzusehen, ja selbst hincin-
zuversetzen vermag.
Lin Vorkommnis;, das mir begegnete,
hat eine ganze Gedanken- und Beobach-
tungsreihe bei mir veranlaßt, die sich um
dieses Hineinsehen und Hineinversetzen
einem Bilde gegenüber gruppiren, auch
wenn sie vielleicht nicht alle zusammen-
gehören, wie die Glieder eines Ketten-
bruchs nach der logischen Methode der
Gelehrten.
Ich ging einmal mit einem großen
Hunde und seinem Herrn die Friedrich-
straße hinab. So nichts zu suchen, das
war mein Sinn. Da gerieth plötzlich
vor einem Kürschnerladen mein Freund,
der Hund, in eine fürchterliche Muth.
Im Schaufenster lag ein Wolfsfell und
der Kopf des Thieres, das ehemals in
diesem Felle wandelte, lebte, liebte, litt
und Schafe zerriß,^fletschte mit sämmt-
lichen Zähnen die Passanten an. Die
gläsernen Augen der Bestie schimmerten
in flackerndem Gaslicht, grünlich und
gräulich aus dem Fenster hervor, und
der Hund war kaum davon abzuhalten,
sich durch die Scheiben zu stürzen, so
lebensgetreu und abscheulich sah das Un-
gethüm aus.
„Run male einmal solch' einen
Kopf", sagte ich zu meinem Begleiter,
„ebenso groß und ebenso naturgetreu
und dann sieh zu, wie Nero sich Deinem
Bilde gegenüber verhält."
Dieser Vorschlag gab zu einer län-
geren Diskussion Anlaß; wir geriethen
hart aneinander, Nero knurrte mit hinein
und ich gab nach, um nicht zerrissen zu
werden.
Lin Wolfskopf, so fürchterlich und
naturgetreu wie ein Medusenhaupt, wurde
gemalt, in die richtige Lage und Be-
leuchtung gebracht und dann Nero darauf
losgelassen. Der aber beschnupperte nur-
ängstlich den Blendrahmen. Das Ge-
mälde sagte ihm nichts. Ls war für ihn
nichts weiter als Holz, Leinwand und
Farbe.

Die Farbe und der Naturalismus.
Von Gkkomav Beta.
 
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