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Deutsche Kunst.

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einfachen Steingutarbeiten aus Langnau, Heimberg und dem
Simmenthal und die künstlerisch ausgeführten aus Zürich und
Winterthur, deren Farbe dem Delfterblau in nichts nachgiebt,
endlich diejenigen von Beromünster in ihren ausgesprochenen
Farben. Welche Mannigfaltigkeit in einer Kunst, die große Tage
gesehen hat! Die reizendsten Blumen dieses Kranzes bilden aber
die Porzellanarbeiten des letzten Jahrhunderts. Unser Züricher-
porzellan, mit feinen in lebhaften Farben gehaltenen Blumen-
malereien, mit feinen ruhigen Landschaften und idyllischen Figuren
wird der Schmuck und das reizendste Milieu unseres Museums
sein. Ls entzückt uns in dem kleinen Rokoko-Salon und wird
alle Frauen von Geschmack in dem Maße fasciniren, daß sie
eine unauslöschliche Lrinnerung an jenes fesselnde Milieu mit
heimnehmen und nur be-

die zwischen den einzelnen Gebäudetheilen eingefügt sind, erhöhen
die malerische Wirkung des Ganzen und bringen in den schweren
und gediegenen Gesammtcharakter einen leichten, lebendigen Zug.
In architektonischem Linklang mit dem eigentlichen Museumsbau
steht das mit ihm verbundene Gebäude der Kunstgewerbeschule.
Zwischen beiden Bauten ragt der Thorthurm empor, die Nach-
bildung eines Thurmes in einem altschweizerischen Schlosse des
Kantons Freiburg.
Das Landesmuseum ist eine Verkörperung des nationalen
Gedankens, um Professor Vögelin's Worte zu wiederholen und
hat einen hohen pädagogischen Werth als Kraftborn, aus dem
alle Schweizer stets wieder von neuem ihr Rationalgefühl stärken
können, als Bildungsanstalt für heimisches Handwerk und Ge-

dauern werden, daß sie
sonst nichts von all den
reizenden Dingen heim-
nehmen dürfen. — Und
ganz abseits, viel beschei-
dener, erblicken Sie das
reizende Ryon - Geschirr-
Louis XVI., mit seinen
in ihrer Einfachheit so
feinen Schmetterlingen und
Kornblumenbeeten.
Der imposanteste Raum
des ganzen Museums ist
die die ganze Länge des
Mittelbaues einnehmende
zwei Stockwerke hohe
Waffenhalle, deren eherne
Waffen von dem blutigen
Ringen der Voreltern um
ihre Freiheit erzählen.
Das Innere des Lan-
öesmuseums hat sich ge-
wissermaßen seinAeußeres
gebildet. Die verschiede-
nen Kulturepochen, die in
der Innenarchitektur ihren
Ausdruck gefunden haben,
verlangten in der äußeren
Gestaltung eine Vermen-
gung der Baustile, die sich
in geschmackvoller Weise
vollzogen hat, so daß
nirgends ein schroffer


A. Feuerbach. Panther, Studie zu einem Melgemälde.

Uebergang vom romanischen zum gothischen oder vom gothi-
schen zum Renaissancestil stört. Der Eingang befindet sich
unter dem großen Thurme. Die Hauptfassade, die keinen Portal-
schmuck aufweist, ist nach der Straße gerichtet und zerfällt in
drei Theile, einen massigen, gothisirten Mittelbau und zwei im
Stile der deutschen Frührenaissance gehaltenen Seitenbauten. An
diese Seitenbauten setzen nach rückwärts laufende Flügel an, die
im rechten Winkel abbrechend den Hof mit umschließen. Thürme,

werbe, das in ihm als Vorbild das Beste findet, was in der
Schweiz seit Jahrhunderten durch Handarbeit geschaffen worden
ist, als Crziehungsorgan für das gesammte Volk, auf daß es
nationales Kunstgefühl und kunstverständniß habe und verbreite.
Zu diesem Rationaldenkmal, in dem alte Zeiten wieder lebendig
geworden sind und neben neuen blühen, werden die Schweizer wall-
fahrten mit derselben Liebe und Verehrung für schweizerische Kraft
wie zu dem Standbilde Tell's, aber sie können noch mehr da lernen.

Sonder-Ausstellung der „vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk"
auf der Großen Berliner Kunst-Ausstellung.

ndlich macht sich die moderne dekorative Bewegung auch auf der
Großen Berliner Kunst-Ausstellung geltend und bringt einen
frischen Zug in das herkömmliche Ausstellungswesen. Durch ihre
praktische Bedeutung zieht sie das Publikum an und durch ihren künstlerischen
Werth lenkt sie den Sinn auf das Schöne und vermittelt so als wirksame
Vereinigung die Kunst mit dem alltäglichen Leben, als Verschmelzung von
Schönheit und Zweckdienlichkeit zwischen Künstler und Publikum. Auf dem
Wege veredelten Kunstgewerbes kommt der Künstler dem Publikum entgegen,
ohne darum Zugeständnisse zu machen, und gewinnt es; nur durch das Kunst-
gewerbe kann die moderne Kunst gesunden und zur höchsten Kunst der Volks-

kunst erblühen. Dabei aber sind Ausstellungen wie die der „vereinigten
Werkstätten" auch insofern Erziehungsmittel für das Volk, als sie dem
Rückgänge des Familienlebens steuern, indem sie den Sinn für ein trauliches
Heim und mit ihm die Liebe zur Häuslichkeit, die leider beim Volke im
Schwinden sind, wieder erwecken. Solche Perspektive, deren Außenpunkt immer
noch im Horizonte realen Lebens und keineswegs im Blauen liegt, ist Veran-
lassung genug, nm in unseren Ausstellungen das Kunstgewerbe in engster
Vereinigung mit den Werken freien künstlerischen Schaffens gelten zu lassen.
Diese Vereinigung, wie ich sie mir denke, finde ich in der Berliner Ausstellung
noch nicht; Kunst und Kunstgewerbe treten getrennt auf; ihr Zusammenwirken
 
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