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374

Deutsche Kunst.

Dresden. — Ernst Arnold's Kunstsalon hatte in der letzten Zeit
einen etwas größeren Zuspruch dec Aktualität von Ausstellungsgegenständen
zu verdanken. Die Iubiläumsfeierlichkeiten, mit denen Dresden der Sängerin
Therese Malten huldigte, sind verrauscht; sie haben aber ein schönes Er-
innerungszeichen in den silbernen Malten - Iubiläumsplaketten von Arnold
Kramer gefunden, die nur in 25 Exemplaren ausgegeben werden. Neben
ihnen beanspruchen das Tagesinteresse die Handzeichnungen des jüngst ver-
storbenen englischen praeraffaeliten Burne-Iones. Interessante Gäste sind
gegenwärtig bei L. Arnold: Franz von Lenbach und die Belgier Rudo lf
und Juliette w^tsmann. Reichhaltiger als ihre Kollektion ist die Sonder-
ausstellung von 45 Gemälden von Hans Peter Feddersen in Victoria-
Haus, die der Künstler selbst eingerichtet
hat. Ohne den Inhabern unserer Kunst-
salons Geschicklichkeit im Arrangement
absprechen zu wollen, darf man den
Künstlern doch rathen,dem Beispiele Peter
Feddersen's zu folgen, weil so die in
den Bildern versteckten einzelnen Reize
der Persönlichkeit zu einem Ganzen zu-
sammengefaßt werden und die Eigenart
sich sofort aufdrängt.
Die im nächsten Jahre stattfindende
deutsche Kunstausstellung soll den
wissenschaftlichen Nebenzweck erhalten,
einige kunstgeschichtliche Streitfragen, die
sich mit Luk as kranach dem Aelteren
befassen, zu lösen. Der Direktor der Ge-
mälde-Galerie, Herr Professor vr. Wör-
mann, wird eine Lukas kranach-
Ausstellung veranstalten, die ein um-
fassendes Bild von dem Schaffen des
Hauptmeifters der altsächsischen Schule
geben und darüber Aufklärung schaffen
soll, ob verschiedene Werke mit Recht
kranach abgesprochen und von den einen
dem Mathias Grünewald, von an-
deren dem Simon von Aschaffen-
burg zugeschrieben werden.

Kerpzig. — In dem Bericht, welchen
der geschäftsführende Ausschuß des
Kunstgewerbe-Museums über das ab-
gelaufene Verwaltungsjahr gegenwärtig
erstattet, nimmt in erster Linie auf die
von ihm veranstaltete Ausstellung von
Werken alten Kunstgewerbes aus sächsisch-
thüringischem pcivatbesitz Bezug, einmal
den kunstwissenschaftlichen und künstleri-
schen Erfolg dieser retrospektiven Aus-
stellung rühmend, dann wieder die Lau-
heit beklagend, mit welcher das große
Publikum an dieselbe herangetreten ist.
Für das Museum selbst ist diese Aus-
stellung von nicht geringem vortheil ge-
wesen, indem sie in erster Linie eine
Art Programm entwickelte, in welcher weise eine Sammlung von Werken
alten Kunstgewerbes anzulegen und aufzustellen sei. Denn wenn auch nicht
daran zu denken ist, daß in Leipzig in absehbarer Zeit eine ähnliche
Sammlung gebildet werden kann, so ist es doch eine nicht abzuweisende
Pflicht des Museums, das im Rathsschatze doch hervorragende Stücke besitzt,
bei ferneren Vermehrungen die gleichen Qualitätsansprüche im Einzelnen zu
stellen, die man bemüht gewesen ist, bei der Auswahl für die Privatsammlung
aufrecht zu erhalten. Dann kann das Museum es zu einer zwar nicht großen,
aber doch guten und in ihrem vorbildlichen werthe wirklich nützlichen
Sammlung von Werken alten Kunstgewerbes bringen, denn trotz der modernen
Lmanzipationsbestrebungen, die die historischen Stile als Vorbilder zu ent-
werthen suchen, behalten sie doch ihre kulturgeschichtliche Bedeutung. Um
modernen Bestrebungen Rechnung zu tragen und sie zu fördern, genügen einst-
weilen Ausstellungen, die den verschiedenen Ansprüchen des Publikums und
der Handwerker entgegenkommen. Beim Ankauf moderner Erzeugnisse ist, wie

allen Museen die Erfahrung gelehrt hat, die größte Vorsicht anzuwenden, um
nicht Arbeiten zu erwerben, die den Geschmack der Mode nicht überdauern und
nach wenigen Jahren in die Rumpelkammer, wenn nicht zum Trödler wandern
müssen.
Lin Museum vollends, das wie das Leipziger für seine jährlichen Er-
werbungen so bescheidene Mittel besitzt, darf in diesen seinen Erwerbungen
nicht jeder modischen kunstgewerblichen Laune folgen.
Soweit es die verfügbaren Mittel gestatteten, wurde eine Reihe Neu-
erwerbungen für die keramische Abtheilung, die Abtheilung der Edelmetall-
arbeiten, die Holzabtheilung, die Stoffsammlung vorgenommen und der Ankauf
einer Anzahl moderner Erzeugnisse beschlossen.
Auch in diesem Jahre erfuhren die
Sammlungen wieder eine namhafte Be-
reicherung durch Geschenke und Stiftungen.
Die werthvollsten Stiftungen waren ein
aus zehn Stücken bestehendes Empire-
Meublement, welches Herr Reichsgerichts-
rath a. D. Schwarz dem Museum letzt-
willig vermachte, und ein großes drei-
theiliges, schmiedeeisernes Gitterthor vom
Anfang des IS. Jahrhunderts, eine un-
gewöhnlich reiche alte Leipziger Arbeit,
die von Herrn L. Herfurth dem Museum
überwiesen wurde.
Die Bibliothek, deren Vermehrung nur
langsam vorwärts schreitet, wurde im
Jahre I8S7 von 4425 Personen benutzt.
Dann gesellten sich zu der großen Sonder-
ausstellung nicht weniger als 20 kleinere
Sonderausstellungen, in denen sich die
Museumsleitung bemühte, Proben mo-
dernen Kunstgewerbes in wechselnden
Ausstellungen vor Augen zu führen und
damit das verständniß für moderne hand-
werkliche Künstlerarbeiten wachzurufen.
Auch sonst suchte dec Vorstand durch
verschiedene Veranstaltungen, wie Abhal-
tung von Vorträgen, Einrichtung geselliger
Vereinigungen, ein regeres Vereinsleben
und einen engeren Zusammenhalt der
kunstgewecbetreibenden herbeizuführen.
Ivie in früheren Jahren bemühte sich der
jetzt 727 Mitglieder zählende Verein durch
Veranstaltung von Konkurrenzen der ein-
heimischen künstlerischen und kunstgewerb-
lichen Produktion Anregung zu bieten.
Seine Leitung gewährte in sechs Fällen
einheimischen Firmen Rath und praktischen
Beistand durch Ueberlassung von Aus-
stellungsräumen.

Nürnberg. — Nach Vollendung
der Reftaurirungsarbeiten, welche einige
Wochen in Anspruch genommen haben,
sind die Räume des Albrecht Dürer.
Vereins dem kunstliebenden Publikum wieder geöffnet worden. Dieselben
machen jetzt einen äußerst wohlthuenden Eindruck. Es wurden drei Aus-
stellungssäle geschaffen, deren Oberlichter sehr günstig wirken, wie auch die
Wandverkleidungen richtig in der Farbe gewählt sind. Man muß es den be-
treffenden Arrangeuren Dank wissen, daß sie in dieser Weise die Sache in die
Hand genommen haben.
Bei dieser Gelegenheit sei dem Bedauern Ausdruck gegeben, daß der
Kunstverein Nürnbergs nur ungefähr 1000 Mitglieder zählt, während z. 8.
Hannover 7OOO hat. Ist das kleine Opfer von II Mark jährlich vielleicht
zu groß gegenüber dem werthe der bildenden Kunst als Lrziehungs- und
Lildungsmitiel? vielleicht fühlen sich jetzt mehr Bürger Nürnbergs, das
vom alten Ruhme seiner großen Meister zehrt, veranlaßt, dem Dürer-Verein
als Mitglieder beizutreten, damit man auch hier der Kunst der Gegenwart
gegenüber seine Schuldigkeit thun kann.
Daß es an den Künstlern nicht fehlt, um dem Kunstleben hier einen

Norbert psretzschner. Die Hochjagd, Lronzestatuette.
 
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