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376

Deutsche Kunst.

Lei Schulte ist ein neues Bismarck-Lild von Lenbach ausgestellt;
ferner Porträts von Biasini und E. Flamm; eine Dame im Iagdkostüm
von Sichel und drei schöne Aquarelle von 8. peisker (Köln).
Die Ausstellung für christliche Kunst (Domhof S) enthält als
Neuheit von Historienmaler Friedr. Stummel (Kevelaer) einen Entwurf für
musivische Dekoration einer romanischen Herz-Iesu-Kapelle. Die Rückwand des
Altars ist mit Cipollin-Marmor bekleidet, dessen großadrige Platten, nach Art
der Alten, zu romanischer Musterung zusammengesetzt sind. Die gerade wand
der rundbogig geschlossenen Nische ist mit einem reichen romanischen Ranken-
werk bedeckt. In der Mitte sehen wir den Pelikan mit seinen Jungen, in
den Ranken eilen Tauben auf denselben von allen Seiten zu. Nach unten wird
diese Fläche durch ein goldenes Spruchband abgeschlossen. Die umschließende
Laibung des Logens ziert ein Mäander. Die hieran anschließende Schild-
bogenwand ist in ihrem untern Theile ebenfalls durch ein Spruchband ab-
geschlossen. Auf der Fläche finden wir im runden grünblauen Nimbus die
Herz-Iesu-Figur, zur Seite zwei Cngel mit den Passtons-Werkzeugen. Die
kleine Laibung des Bogens hat ein Zick-Zack-Grnament und auf der Stirn-
feite die Inschrift: „Vers lanZuoiss irc>8ti-08 i8ps mitt" u. s. w. Dieser
Theil ist außer in der Skizze auch in den Kartons in natürlicher Größe aus-
gestellt. Die Skizze zeigt in jeder Gewölbekappe zwei Lngel. Den Hinter-
grund bildet überall der für die deutsche romanische Kunst eigene blaue Farben-
ton. Goldene Streifen mit Schrift umsäumen die Flächen; nur in den
Laibungen ist auf goldenem Grunde farbiges Ornament angebracht. Die
architektonische Erscheinung der Konstruktion ist auf solche weise klar hervor-
gehoben und die Farbenwirkung eine sehr harmonische. Fräulein Christine
Beemelmanns bringt eine für einen hiesigen Arbeiterinnen - Verein be-
stimmte neue Fahne zur Ausstellung, welche einen recht lobenswerthen Fort-
schritt in der Technik aufweist. Mustergiltige Beispiele kirchlicher Fahnenstickerei
stellen die drei Vortragfahnen der keve.laer'schen Bruderschaft Hierselbst dar,
welche auf grünem Sammetgrund in reicher weise unser bewährtes Dombild
mit seinen beiden Seitenflügeln zeigen. Die Fahnen, welche schon bei der
letzten Frohnleichnams - Prozession berechtigtes Aufsehen erregten, können hier
bequem betrachtet werden. Des weitern stellt p. Oediger in Krefeld eine
nach dem Entwürfe des verstorbenen Kölner Architekten wiethase angefertigte
spätgothtsche Monstranz von recht wirkungsvollem, schlanken Aufbau aus.
Die spätgothischen, gedrehten und geschwungenen Seitenfialen und den recht
charakteristisch ausgebildeten Mittel-Baldachin bekrönen kleine silberne Lngel-
Statuetten. Der prächtig wirkende Gesammtaufbau, der 92 Lentimeter Höhe
erreicht, dürfte bei seiner reichen Gliederung vortrefflich auch aus die Ferne
wirken.

Frankfurt a. M. — Die periodische Ausstellung dec Kupferstich-
sammlung in der Galerie des Städel'schen Institutes enthält gegenwärtig
eine Reihe neuer Erwerbungen des Instituts an Radirungen moderner Künstler.
Darunter befinden sich Blätter von Max Klinger aus der soeben erschienenen
neuen Folge „vom Tode", ferner Arbeiten von B. Mannfeld und seinen
Schülern, von H. Braun in Karlsruhe, von Herkomer uiid von Mitgliedern
des vor mehreren Jahren begründeten Radtr-Vereins. Außerdem ist eine
umfangreiche Radirung von L. A. Brunet - Debaines nach John
Lonstable (Kathedrale von Salisbury) ausgestellt, ein Geschenk von Gg.
v. Heyder.

Mrestmden. — Bei Banger und bei Deiters sind so viele neue
Werke ausgestellt, daß ein Kunstfreund, selbst bei mehrmaligem Besuche in der
Woche, für mehr als eine Woche Stoff zur Betrachtung findet. Bei Deiters
entzückt eine kleine gemalte Menagerie: Enten, Hasen und kämpfende Birk-
hähne in weiter Landschaft von Weinberger-Wiesbaden, Kühe auf der
weide von C>. Frenzel - Berlin und Rothwild von klingender, ein Bild,
das einen etwas trockenen und mühseligen Eindruck macht.
Aus Langer's Kunstsalon ist über eine Kollektion von Hans völcker
zu berichten. Er hat sehr viele Arbeiten gesandt, und es ist fast selbstver-
ständlich, daß nicht alle gleichwerthig sind, genug, daß Bilder vorhanden, die
ein ganz ernstes können, eine kräftige Art, sich mitzutheilen und lebhafte
Stimmung zeigen. Unter den Oelgemälden nimmt wohl „Träumendes Dorf"
die erste Stelle ein. Bei dem „Gebet" find die Felsenmassen und der auf-
schäumende Gischt des Wassers sehr gut, während die im Motiv von Rops
entlehnte Staffage mehr hineingesetzt denn als innerlich nothwendig erscheint.
Endlich sei noch „Morgen am Meere" erwähnt. Lin Stückchen Wasser und
ein Stückchen Himmel, gewiß nichts Neues und doch neu wirkend, weil es
hübsch gemacht und anfgefaßt ist.

Im Museum sind zwei Stillleben von Schoenrock-München und eine
Direktoire-Dame von Oerin-Peek bemerkenswerth.
Aus der vor kurzem abgehaltenen Generalversammlung des
Nassauischen Kunstvereins theilen wir mit, daß nach dem Bericht des Vor-
sitzenden der Verein auch in dem abgelaufenen Geschäftsjahre sich in erfreu-
lichem wachsthum befunden hat; die Mitgliederzahl ist von 822 auf 860 ge-
stiegen. Die genannte Ausstellung war mit 309 Bildern im Gesammtwcrthe
von 97 250 Mark beschickt. Für die königl. Galerie wurden Oelbilder u. a.
von A. Dieffenbach und Karl Eronberger käuflich erworben. Zur
verloosung gelangen 60 Gewinne, darunter 18 Oelbilder; zur Vertheilung
an die bei der Verloosung ausfallenden Mitglieder eine große Radirung von
einem der namhaftesten künstlerradirer R. Feldmann, Berlin.
Die Museumsneubaufrage hat den Vorstand unausgesetzt beschäftigt; ihre
Entwickelung ist leider nicht in dem erhofften Sinne vorgeschritten. Unsere
Stadt hätte Anlaß genug, der Kunst und Wissenschaft ein würdiges
Heim zu bereiten. Hoffentlich verpaßt sie nicht den günstigen Moment.

Mannheim. — Als eine zwar kleine, aber immerhin der Anerkennung
würdige Apotheose des vor einer Woche verstorbenen englischen Malers
Edward Burne-Jones kann die Ausstellung von drei Blättern aus der
Hand dieses Künstlers ausgenommen werden.
Prof. F. v. Defregger hat einen „Frauenkopf in Trauer" ausgestellt,
der wie alle seine kathi's und Nannei's und andere hübsche „Diandln" eben-
falls von keiner weiteren Bedeutung ist, als daß er eben von Defregger her-
rührt. Das Bild ist bereits vom Kunstverein angekauft. Ls ist jetzt müßig,
die Frage aufzuwerfen, ob man mit der Erwerbung dieses „Defreggers" einen
Repräsentanten der eigensten Kunst des Meisters gewonnen hat. — Unter
den übrigen Ausstellern seien diesmal noch besonders erwähnt: L. Dett-
mann mit der „Poesie hinter'm Hause" und „Letzte Sonnenstrahlen".
Auch die „Birken im Wald" von A. Köster (Karlsruhe) erweisen sich
als vollempfundene und tüchtig wiedergegebeue Symphonie der Farben-
herrlichkeit eines Herbstwaldes. Die „Engelalm in der Schweiz" von ff Prof.
A. Leu wirkt trotz überraschend schöner Einzelheiten in Farbe und Durch-
bildung doch ziemlich flau. Von den zahlreich ausgestellten Skizzen und
Studien von F. X. von Riedmüller, A. Grütering, Jakob Gehrig,
F. Althaus läßt sich nur sagen, daß sie viel Talent in der Auffassung
verrathen. -
Main;. — Der in Lronberg ansässige Professor Schreyer, dessen
Gemälde „Heimkehrende Araber" sich im Besitze der Stadt Mainz befindet,
hat der städtischen Gemäldegalerie ein werthvolles Geschenk gemacht mit dem
bekannten Gemälde des verstorbenen Müncheners Wilhelm Lindenschmit: „Der
gefesselte Prometheus". Lindenschmit entstammte bekanntlich der Mainzer
Familie gleichen Namens. Ludwig Lindenschmit, der Begründer des Römisch-
Germanischen Zentralmuseums in Mainz, war ein Onkel des Malers, während
der jetzige gleichnamige Direktor der Mainzer Kunstsammlungen sein Neffe ist.
Für die Herstellung von Photographien des ehemaligen kurfürstlichen Schlosses,
das auf Staats- und Reichskosten restaurirt werden wird, wurde von
den Stadtverordneten ein Kredit von 1658 Mark bewilligt. Gleichzeitig
wurde in der Stadtverordnetenversammlung angeregt, ob nicht von hervor-
ragenden alten Gebäulichkeiten, welche dem Abbruche verfallen seien, gute
Bilder angefertigt werden könnten, und diese dann in den städtischen Samm-
lungen zur Aufstellung zu bringen, um auf diese weise ein Bild von Alt-
Mainz zu bekommen. Die Bürgermeisterei will nach dieser Richtung hin einen
plan ausarbeiten und später zur Beschlußfassung vorlegen.
Msrms. — kürzlich war der zur Wiederherstellung des Wormser
Domes eingesetzte Kunstrath, dem von München die Herren Professoren Seidl
und Freiherr v. Schmidt angehören, in Worms erschienen, um die Wieder-
herstellungsarbeiten in Augenschein zu nehmen. Der Kunstrath hat sich außer-
ordentlich anerkennend über den Umfang und die stilgerechte Ausführung der
bereits vollendeten Arbeiten, sowie über die Zweckmäßigkeit und Solidität des
Gerüstes ausgesprochen. Nach eingehender Besichtigung der vierungskuppel
und des Westchors einigte man sich dahin, erstere durch zweckmäßig angebrachte
Anker zu erhalten zu suchen, hingegen aber das Westchor nur insoweit und
zwar keilförmig bis unter die Rose abzutragen, als sein Mauerwerk nur all-
zusehr zerklüftet ist. Bei der Erneuerung soll unbedingt die alte Form bei-
behalten und thunlichst das alte Material mit großer Pietät benutzt werden,
so daß das Westchor von seinem kunstvollen Bau und seiner malerischen
Wirkung nichts verliere. Die im Innern beschädigten Theile sollen aus-
gewechselt werden.
 
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