ist nichts denkbar, was über Gesundheit und Krankheit, tzoffnung und Ge»
fahr inr deutschen Volkskörper und im deutschen Volksgeist uns ähnlich
hätte aufklären können^ wie dieser Krieg. Wir haben diese Linsicht
in uns selbst mit tzunderttausenden junger Leben bezahlt — nühen wir
sie! Sie zeigt uns ja auch, wie wir im Frieden waren, wir und die Lin-
richtungen bei uns. Was den Geist des Kapitalismus betrifft und die
Mittel, die ihm dienen, so schaden sie ja nicht erst jetzt, wo wir sie in
aller Größe sehn, sie schaden uns im Heimlichen längst. Sie dürfen uns
nicht weiter schaden. Ietzt ist die Zeit, entschlossen gegen sie vor«
zugehn.
Es ist leicht zu begreifen, daß das unsern Verantwortlichen sehr schwer
wird. Wenn auch das kapitalistische System der rücksichtslosen Sichbereiche«
rung und der Gedanke von der unbedingten Anantastbarkeit des Privat--
eigentums durch unsre Gesetzgebung schon längst durchlöchert ist, es ist
doch nicht nur, wie manche schelten, die alte Gewohnheit, die unter
dem Gesetze der Trägheit hemmt. Es ist auch Sorge. Mag sein, daß
jetzt Eingriffe nötig sind bis zu den Fundamenten unsres Wirtschaftsbaus
in der Tiefe, und daß man sich vor denen als vor gefährlichen Rngewißheiten
scheut. Eines jedoch könnte den Mut noch stärken, wenn die Schwere der
jetzigen Erfahrungen nicht ohnehin kräftiger als alle Bedenken much zum
Wagnis ermutigen müßte. Das ist ja auch ein Besonderes der Zeit, das
nur während des Krieges gilt und also nur jetzt ausgenützt werden mag:
wir können eben jetzt weit leichter als im Frieden Versuche machen.
Solange Krieg ist, hat das letzte Wort auch in Wuchersachen das tzeer,
und wir brauchen nur an die Mobilmachungszeit zu denken, um vor
seinem Eingreifen auch ins Wirtschaftliche Respekt zu haben. So greif
es denn gegen den Wucher ein, wie beim Kriegswesen in nächster Ver-
bindung mit Technik und Wissenschaft, aber entschlossen als Diktatur des
bewaffneten deutschen Volks. Der Friedensschluß löst ja die Gesetzkraft
solcher Anordnungen von selber auf. Die Erfahrungen würden dann
gemacht sein.
Aber über alle Verordnungen hinaus brauchen wir gegen den Kriegs-
wucher das Gesetz. In dem werde deutscher Wille, was als deutsches
Gefühl jetzt von zehn gebildeten Deutschen neunen gemein ist.
Erstens: Wenn das gemeine Wohl Opfer verlangen kann an Blut, muß
es sein bis zum Tode, so kann es mit Folgerichtigkeit auch, muß es sein
bis zum letzten, Opfer verlangen an Gut.
Zweitens: Rnsre psychologische Einsicht reicht zwar dazu, nicht jeden,
der vom Krieg profitiert, moralisch zu verurteilen, weil wir die Doppel-
seele im Geschäftsmann aus der Geschichte des Geldwesens verstehn und
außerdem über Schutzgedanken und Schutzgefühle einigermaßen Bescheid
wissen. Aber deshalb wünschen wir doch von Herzen, daß die erfreuliche
Aufklärungsarbeit im Zeitungsblatt, vom Katheder, von der Kanzel, vom
Rednerpult, in den Parlamenten ohne jede Beschränkung weiter-
gehe. Wer ihr widersteht, gegen den werden auch Ehrenstrafen nichts
helfen. Unserm Volk ist nicht mit Verächtlichmachen des Wuchers allein
gedient, es braucht vor allem Schutz vor ihm.
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fahr inr deutschen Volkskörper und im deutschen Volksgeist uns ähnlich
hätte aufklären können^ wie dieser Krieg. Wir haben diese Linsicht
in uns selbst mit tzunderttausenden junger Leben bezahlt — nühen wir
sie! Sie zeigt uns ja auch, wie wir im Frieden waren, wir und die Lin-
richtungen bei uns. Was den Geist des Kapitalismus betrifft und die
Mittel, die ihm dienen, so schaden sie ja nicht erst jetzt, wo wir sie in
aller Größe sehn, sie schaden uns im Heimlichen längst. Sie dürfen uns
nicht weiter schaden. Ietzt ist die Zeit, entschlossen gegen sie vor«
zugehn.
Es ist leicht zu begreifen, daß das unsern Verantwortlichen sehr schwer
wird. Wenn auch das kapitalistische System der rücksichtslosen Sichbereiche«
rung und der Gedanke von der unbedingten Anantastbarkeit des Privat--
eigentums durch unsre Gesetzgebung schon längst durchlöchert ist, es ist
doch nicht nur, wie manche schelten, die alte Gewohnheit, die unter
dem Gesetze der Trägheit hemmt. Es ist auch Sorge. Mag sein, daß
jetzt Eingriffe nötig sind bis zu den Fundamenten unsres Wirtschaftsbaus
in der Tiefe, und daß man sich vor denen als vor gefährlichen Rngewißheiten
scheut. Eines jedoch könnte den Mut noch stärken, wenn die Schwere der
jetzigen Erfahrungen nicht ohnehin kräftiger als alle Bedenken much zum
Wagnis ermutigen müßte. Das ist ja auch ein Besonderes der Zeit, das
nur während des Krieges gilt und also nur jetzt ausgenützt werden mag:
wir können eben jetzt weit leichter als im Frieden Versuche machen.
Solange Krieg ist, hat das letzte Wort auch in Wuchersachen das tzeer,
und wir brauchen nur an die Mobilmachungszeit zu denken, um vor
seinem Eingreifen auch ins Wirtschaftliche Respekt zu haben. So greif
es denn gegen den Wucher ein, wie beim Kriegswesen in nächster Ver-
bindung mit Technik und Wissenschaft, aber entschlossen als Diktatur des
bewaffneten deutschen Volks. Der Friedensschluß löst ja die Gesetzkraft
solcher Anordnungen von selber auf. Die Erfahrungen würden dann
gemacht sein.
Aber über alle Verordnungen hinaus brauchen wir gegen den Kriegs-
wucher das Gesetz. In dem werde deutscher Wille, was als deutsches
Gefühl jetzt von zehn gebildeten Deutschen neunen gemein ist.
Erstens: Wenn das gemeine Wohl Opfer verlangen kann an Blut, muß
es sein bis zum Tode, so kann es mit Folgerichtigkeit auch, muß es sein
bis zum letzten, Opfer verlangen an Gut.
Zweitens: Rnsre psychologische Einsicht reicht zwar dazu, nicht jeden,
der vom Krieg profitiert, moralisch zu verurteilen, weil wir die Doppel-
seele im Geschäftsmann aus der Geschichte des Geldwesens verstehn und
außerdem über Schutzgedanken und Schutzgefühle einigermaßen Bescheid
wissen. Aber deshalb wünschen wir doch von Herzen, daß die erfreuliche
Aufklärungsarbeit im Zeitungsblatt, vom Katheder, von der Kanzel, vom
Rednerpult, in den Parlamenten ohne jede Beschränkung weiter-
gehe. Wer ihr widersteht, gegen den werden auch Ehrenstrafen nichts
helfen. Unserm Volk ist nicht mit Verächtlichmachen des Wuchers allein
gedient, es braucht vor allem Schutz vor ihm.
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