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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,1.1915

DOI Heft:
Heft 4 (2. Novemberheft 1915)
DOI Artikel:
Strnad, Oskar: Soldatengräber und Kriegsdenkmale
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https://doi.org/10.11588/diglit.14291#0185

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die man sofort erkennt und versteht. Iede andere vielfältige Form ver»
langt zwei Gedanken und mehr. Da diese Gedanken hintereinander fol»
gen, kann davon niemals die rechte, klare Wirkung ausgehen. Daher
sollen Grab- und Denkmale immer eine jener einfachen Grundforrnen
haben. Auch wenn sie wegen ihrer Umgebung, wegen ihrer Zwecke und
Wirkungen noch so reich behandelt werden müssen, hat ihre Grundform
klar und leicht verständlich zu sein. Wie die Pestsäule am Graben in Wien,
deren Dreieckpyramide trotz ihrer so starken Gliederung leicht erkennbar
ist, oder so, wie der Stephansturm die vierseitige Pyramide deutlich zum
Ausdruck bringt; zwei Denkmale, scheinbar frei von aller irdischen Mühe
und Last, die ihr Wirkungsziel fest einhalten und vollendete Lösungen,
Wunderwerke der Monumentalkunst sind, wie sie ganz selten gelingen.

T

g^a es die Absicht der Herausgeber war, nur typische Formen des Grab-
^mals und des Denkmals in den Entwürfen zu zeigen, ist darin alles
Zufällige, Persönliche oder zu sehr an bestimmte Lagen Gebundene, so

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gut es ging, vermieden. Sie hofften so am sichersten zum Gelingen der
Ausführung beizutragen. Sie sind sich aber dessen wohl bewußt, daß
es nicht gleichgültig ist, wie die an und für sich richtige Form verwendet
wird. Leicht kann eine gute Form am falschen Ort die beabsichtigte
Wirkung völlig zerstören.

Dafür ein Beispiel. Line kleine Gemeinde im steierischen Salzkammer-
gut will ein Kriegerdenkmal errichten. Die Lage ist etwa folgende: Im
Talgrund zwischen den Ausläufern das Dachsteines und des Toten Ge»
birges zieht sich die Landstraße im Bogen hin. Beiderseits der Land»
straße stehen die Häuser der Gemeinde. Am Ende des Ortes gibt ^es
einen etwa 20 Meter hohen Hügel, der zur Straße steil abfällt; am ande«
ren Ende des Ortes ragt ein bewaldeter Berg, der die Pfarrkirche tragt,
bis zu ioO Meter Höhe auf. Er senkt sich südwärts rasch zur vorbei-
ziehenden Reichsstraße hinab. Line Lösung wäre die Aufstellung einer
runden weißen Kalksteinsäule vor dem dunklen Waldgrund am Fuße des
Berges, aber immer in solcher Höhe, daß das Wahrzeichen sowohl vom
Orte wie von der Reichsstraße erblickt werden kann (7). Der oben knapp
am Monument vorübergehende Weg führt zur Kirche hinauf. Eine andere
 
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