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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,1.1915

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Heft 6 (2. Dezemberheft 1915)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Naumanns "Mitteleuropa"
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Jesser, Franz: Wir Deutsch-Österreicher
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https://doi.org/10.11588/diglit.14291#0276

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Ich führe das nur an, um ein richtiges Bild zu geben, nicht als Kritik.
Kritik wäre eher nötig gegenüber dem Literatur-Verzeichnis, das als
Ratgeber für Lernende beigegeben ist. Da dies „Mitteleuropa" in Mit«
teleuropa seinen Weg macht, könnte das Verzeichnis wohl reicher und
kritischer und übersichtlicher sein.

Doch jeder soll auch hier den Blick zuerst und zuletzt aufs Ganze
richten. Dies seit April geschriebne Buch kann kein Lehrbuch sein und
will dies nicht. Man mutz es als Schwinge zum Aufflug dorthin an»
sehen, von wo man Weltprobleme sieht. Oder als Prophetie, an der fast
mehr noch als der glaubige Optimismus die Fülle best erfaßter Einzel-
heiten und trefflich geübter Darstellungkünste erfreut, die in aller Kürze
hineingebracht wurden. Sie heben das Buch weit über alle seiner Art
hinaus, so viele auch die erregte Schreiblust von erzeugte.

Das neunte Kapitel schließt: „Mitteleuropa ist Kriegsfrucht. Zusammen
haben wir im Kriegswirtschaftsgefangnis gesessen, zusammen haben wir
gekämpft, zusammen wollen wir leben.« Das Buch schließt: „Mit diesen
Erinnerungsschriften an bedeutende Männer schließen wir unsere Arbeit.
Sie haben getan, was sie konnten. Tun wir, was wir können und sollen!"
Zu solchem Tun gehört das Werk selbst. Zu ihm gehört auch, daß jeder
„Mitteleuropäer" und wer es werden kann und will, seinen Sinn in sich
aufnimmt und daß die Berufenen allerorts ihr Wort, ihren Willen davon
befruchten lassen. Wie viele schauen heute inmitten des Völkerhasses nach
Gedanken aus, die dem Frieden dienen, ohne in weltfremde Geistes« oder
Gefühlsgegenden zu leiten. tzier ist ein Führer zu Friedensarbeit, der
nicht nur sür Stunden, sondern aus Monate hinaus den Aufnahmewilligen
beschäftigt. Wolfgang Schumann

Wir Deutsch-Hsterreicher

K ls im Iahre s866 der österreichische Staat seine geschichtliche deutsche
Stellung aufgeben mußte und die Deutschen Osterreichs aus ihrer
^^alten Bahn herausgeschleudert wurden, als teure Ideale zu Utopien
wurden und antipatriotisch genannt wurde, was vorher edelster Patriotis-
mus war, als wir nicht nur unsicher unserem Staate gegenüber wurden,
sondern auch unsicher gegenüber der im Deutschen Reiche staatlich organi-
sierten Volksgemeinschaft, — da empfanden wir es schmerzlich, daß die
achtungsvolle Teilnahme an dieser Volkstragik nur bei wenigen Reichs»
deutschen dauernd erhalten blieb.

And nun, da die deutschösterreichische Volkskrise im blutigen Kampfe
um den österreichischen Staat gelöst wird, müssen wir mit tiefem Bedauern
erkennen, daß die Anterschätzung unserer Bedeutung für das Schicksal
des gesamten Volkes noch fast ebenso weit verbreitet ist, wie vor dem Kriege.

Das Gesetz der Trägheit gilt eben auch für Ideen, noch mehr aber gilt
es für Vorurteile. Vorurteile entspringen aus der Ankenntnis. Die große
Mehrheit der Reichsdeutschen kennt die gewaltigen, aus der Entwicklung
der letzten Iahrzehnte entstandenen tzemmnisse unserer Arbeit nicht; sie
kann daher die Größe der Leistungen der deutschösterreichischen Bevölkerung
an der Front, in der Verwaltung, in der Kriegsfürsorge nicht entsprechend
würdigen. Wenn die auf den Kopf unsrer deutschen Bevölkerung ent»
fallende Ouote der beiden Kriegsanleihen fast ebenso groß ist, wie die in
Deutschland, so können wir uns, die wir vergleichsweise arme Schlucker
 
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