mutsanfalle seinem Leben selber ein
Ende. Das hinderte die Behörde
nicht, ihm ein anständiges Begräbnis
zu bereiten, und hinderte das Rote
Kreuz nicht an einer Kranzspende.
Darüber ein Zeitungsaufssatz unter
der verheißenden Äberschrift „An den
Pranger". Ihm aber antwortete das
Generalkommando mit einer Zu-
schrift. „Der Verfasser hat einen
der Fälle roher Auswüchse des tzas-
ses, die sich im Feindesland zuge--
tragen, herangezogen, um Kritik an
dem einwandfreien Verhalten der be-
hördlichen und anderen Stellen bei
Gelegenheit der Beerdigung des
Majors N. zu üben. Demgegenüber
sei darauf hingewiesen, daß der mili-
tärischen Behörde andererseits be-
kannt ist, daß in Lngland verstorbene
deutsche Kriegsgefangene mit allen
militärischen Ehren bestattet werden,
daß beispielsweise beim Tode eines
gefangenen deutschen Matrosen die
sämtlichen im tzafen befindlichen
Schiffe auf tzalbmast geflaggt hatten.
Das deutsche Volk steht, Gott sei
Dank, auf einer solch hohen sittlichen
Stufe, daß es in dem stolzen Gefühl
seiner Kraft nicht den Vorwurf der
Schwäche zu fürchten braucht, wenn
es dem toten Gegner ein anständiges
Begräbnis zuteil werden läßt."
So ist es. And wenn man sich
im Auslande unanständiger, roher,
niedriger benimmt als wir — man
tut's ja leider oft —, so wollen wir
doppelt auf die Würde der Menschheit
halten, die in diesem Fall in
deutsche tzände gegeben ist. Sie
sinkt mit uns, mit uns wird sie sich
heben.
Wilhelm Windelband l'
it ganz kurzen Worten ziemt
es wohl auch, an dieser Stelle
Wilhelm Windelbands zu geden-
ken. Er war einer der Führer der
deutschen Bildung. Zahlreiche be»
kannte Männer Süddeutschlands
sind seine Schüler. Seine Geschichte
der neueren Philosophie hat Dau«
sende geleitet auf dem Gang durch
die Entwicklung modernen Weltden-
kens; mit ihrer klaren, ruhigen und
vielseitigen Darstellung schlug sie alle
Nebenbuhler. Das kleine Buch „Die
Philosophie im deutschen Geistes«
leben des U- Iahrhunderts" gehört
zu den schönsten, im schöpferischen
Sinn: geschichtlich gesehenen Zeug«
nissen über deutsches Denken und
Forschen. Noch in diesem Iahr er-
schienen zum fünften Male seine
„Präludien", Aufsätze und Reden
zur Philosophie und ihrer Geschichte.
Sie sind eine der schönsten Ein^
führungen in wissenschaftliche Frage-
stellung und Kulturbetrachtung. Auf-
sätze wie die über Sokrates, Goethe,
Schiller, Hölderlin, über Fichtes Ge-
schichtsphilosophie, Normen und Na-
turgesetze, Prinzipien der Moral,
Denken und Nachdenken, Wesen
und Wert der Tradition, Bildungs-
schichten und Kultureinheit konnte
keiner so fassen wie er. Was er als
Logiker bedeutete, bleibe hier unbe-
rührt. Die „Präludien^ aber sind
das bleibende Denkmal eines Man-
nes, der „auf das Ganze ging^, dem
Philosophie und Kultur zusammen-
gehörten, der als Redner und Bild-
ner seiner Mitwelt unermüdlich
wirkte am Aufbau deutscher Bil-
dung aus der Fülle seines Wissens
und dem Reichtum seines geklär-
ten Schauens in deutsches Wesen
und deutsches Werden. H. Herter
Ein ABC der Elternschaft,
insbesondere den Müttern ans Herz
gelegt
u sollst dir kein Bildnis noch
irgendein Gleichnis machen von
deinem Kinde, auf daß du nicht ent-
täuscht werdest durch die Wirklichkeit
und es formen wollest nach deiner
Willkür. Denn ihr habt es wohl er-
zeugt und geboren, aber nicht aus
dem Nichts hervor, sondern aus
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Ende. Das hinderte die Behörde
nicht, ihm ein anständiges Begräbnis
zu bereiten, und hinderte das Rote
Kreuz nicht an einer Kranzspende.
Darüber ein Zeitungsaufssatz unter
der verheißenden Äberschrift „An den
Pranger". Ihm aber antwortete das
Generalkommando mit einer Zu-
schrift. „Der Verfasser hat einen
der Fälle roher Auswüchse des tzas-
ses, die sich im Feindesland zuge--
tragen, herangezogen, um Kritik an
dem einwandfreien Verhalten der be-
hördlichen und anderen Stellen bei
Gelegenheit der Beerdigung des
Majors N. zu üben. Demgegenüber
sei darauf hingewiesen, daß der mili-
tärischen Behörde andererseits be-
kannt ist, daß in Lngland verstorbene
deutsche Kriegsgefangene mit allen
militärischen Ehren bestattet werden,
daß beispielsweise beim Tode eines
gefangenen deutschen Matrosen die
sämtlichen im tzafen befindlichen
Schiffe auf tzalbmast geflaggt hatten.
Das deutsche Volk steht, Gott sei
Dank, auf einer solch hohen sittlichen
Stufe, daß es in dem stolzen Gefühl
seiner Kraft nicht den Vorwurf der
Schwäche zu fürchten braucht, wenn
es dem toten Gegner ein anständiges
Begräbnis zuteil werden läßt."
So ist es. And wenn man sich
im Auslande unanständiger, roher,
niedriger benimmt als wir — man
tut's ja leider oft —, so wollen wir
doppelt auf die Würde der Menschheit
halten, die in diesem Fall in
deutsche tzände gegeben ist. Sie
sinkt mit uns, mit uns wird sie sich
heben.
Wilhelm Windelband l'
it ganz kurzen Worten ziemt
es wohl auch, an dieser Stelle
Wilhelm Windelbands zu geden-
ken. Er war einer der Führer der
deutschen Bildung. Zahlreiche be»
kannte Männer Süddeutschlands
sind seine Schüler. Seine Geschichte
der neueren Philosophie hat Dau«
sende geleitet auf dem Gang durch
die Entwicklung modernen Weltden-
kens; mit ihrer klaren, ruhigen und
vielseitigen Darstellung schlug sie alle
Nebenbuhler. Das kleine Buch „Die
Philosophie im deutschen Geistes«
leben des U- Iahrhunderts" gehört
zu den schönsten, im schöpferischen
Sinn: geschichtlich gesehenen Zeug«
nissen über deutsches Denken und
Forschen. Noch in diesem Iahr er-
schienen zum fünften Male seine
„Präludien", Aufsätze und Reden
zur Philosophie und ihrer Geschichte.
Sie sind eine der schönsten Ein^
führungen in wissenschaftliche Frage-
stellung und Kulturbetrachtung. Auf-
sätze wie die über Sokrates, Goethe,
Schiller, Hölderlin, über Fichtes Ge-
schichtsphilosophie, Normen und Na-
turgesetze, Prinzipien der Moral,
Denken und Nachdenken, Wesen
und Wert der Tradition, Bildungs-
schichten und Kultureinheit konnte
keiner so fassen wie er. Was er als
Logiker bedeutete, bleibe hier unbe-
rührt. Die „Präludien^ aber sind
das bleibende Denkmal eines Man-
nes, der „auf das Ganze ging^, dem
Philosophie und Kultur zusammen-
gehörten, der als Redner und Bild-
ner seiner Mitwelt unermüdlich
wirkte am Aufbau deutscher Bil-
dung aus der Fülle seines Wissens
und dem Reichtum seines geklär-
ten Schauens in deutsches Wesen
und deutsches Werden. H. Herter
Ein ABC der Elternschaft,
insbesondere den Müttern ans Herz
gelegt
u sollst dir kein Bildnis noch
irgendein Gleichnis machen von
deinem Kinde, auf daß du nicht ent-
täuscht werdest durch die Wirklichkeit
und es formen wollest nach deiner
Willkür. Denn ihr habt es wohl er-
zeugt und geboren, aber nicht aus
dem Nichts hervor, sondern aus
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