Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 25.1907

DOI Artikel:
Merk, Gustav: Der Kampf um die Parität in Attenweiler bei Biberach, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18486#0090

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
bliziert, daß sich kein protestantischer Bürger, '
weder bei Tag noch bei Nacht, bei Leibes-
und Lebensstrafe auf der Gasse dürfe
sehen lassen, weil sie mit den um Biberach
streifende» schwedischen Truppen heimlich
sich verbunden hätten. Demzufolge muß-
ten sie alle Tage von abends 5 Uhr bis
morgens 8 Uhr sich zusammen auf das
Rathaus sperren lassen, einige Tage später
sogar schon von 3 Uhr an bis morgens
8 Uhr. Einige Bürger wurden am 23. Febr.
ausgeschrieben und abends 8 Uhr wurde
ihnen eröffnet, sich gefaßt zn machen: sie
müßten sich in der zehnten Stunde beim
schwarzen Bären, dem Quartier des Ritt-
meisters Renkinger, einfinden; ein jeder
solle anf eigene Rechnung ein Pferd an-
schaffen uud ihrer zwölf würden dann als
Geiseln nach Memmingen abgeführt. Im
März wurden die Protestanten gar nicht
mehr vom Rathaus heruntergelassen, son-
dern blieben immer eingesperrt. Ja man
holte die protestantische Geistlichkeit nachts
um 10 Uhr aus deu Betten, um sie zu
ihreu Bürgern auf das Rathaus einschlie-
ßen zn können. Doch man ging noch weiter.

Am 21. März ließ man 5 Wagen mit
Stroh und zwei Wagen mit Reisbüscheln
vor das Rathaus führen in der Absicht,
sämtliche protestautische Bürger damit zu
verbrennen. Schließlich sperrte man die-
selben zusammen in den Weinkeller des
Salzstadels uud bewachte sie aufs strengste,
bis sie am 25. März, beim Einzug des
schwedischen Generalfeldmarschalls Gustav
Horn, ans ihrem Gefängnis entlassen wurden.

Zu den furchtbaren Kriegsnnrnhen, deret-
wegen die Pfarrei Attenweiler von 1635
bis 1640 ganz leer und verwaist stand,
gesellte sich noch große Hungersnot und
die Pest, durch welche mehr als 400 Per-
sonen daselbst katholischer- und protestan-
tischerseits dahingerafft wnrden, so daß nach
dem Taufbucheintrag im Jahre 1638 nnr
noch zwei katholische Familien in Attenweiler
sich befanden. Die Zahl derselben wnchs
aber allmählich wieder bis 1649 auf 16
Familien^) an, worunter die von Hansen
(Filial, OA. Ehingen) mit eingerechnet sind.

Den sittlichen Znstand der damaligen
Bewohner Attenweilers schildert der 1640

In Aßmannshart waren es 1<i49 Kommuni-
kanten 34; in Ahlen 21, Pfarrbuch I.

von Abt Matthäns von Schnssenried ge-
sandle Pfarrer Balthaffar Wiedemann so,
daß er sie mit „unbezähmbaren und ge-
fräßigen Löwen und Wölfen" vergleicht uud
er lieber in den „Sandwüsten Aegyptens
oder auf dem kältesten Teil der Insel Pat-
mos zu leben wünscht als unter diesem
unbezähmbaren Volkes) Die vielen Un-
bilden, die er hier erfahreu, will er mit Still-
schweigen übergehen". Mit seinem Ab-
schiedsgruße: »lidi Äutem deneuole lec-
tor mitiorA SÄeculZ, precor ek opto Vsle«,
sind, wie die Einträge in die Pfarrchronik
zeigen, auch noch viele seiner Nachfolger
aus ihrem Wirkungskreis geschieden uud
beim Durchblättern der „Schussenriedtischen
Hauschronik"2) möchte man als Verfasser
gerne einen früheren Attenweiler Pfarr-
herrn vermuten, da er weniger schmeichel-
hafte Epitheta den Attenweiler Bauern
beilegt.

Waren durch den kaiserlichen Kommissär
Trnchseß Johann Jakob i. I. 1641 den
Protestanten in Biberach die Schlüssel
zn den Amtnngen abgenommen und den
Katholiken die Spitalkirche eingeräumt
worden, so bestimmte das Friedensinstru-
ment vou 1641, daß Biberach, Augsburg,
Dinkelsbühl uud Ravensbnrg ihre Güter,
Gerechtigkeiten und Religionsübungen nach
dem Stand des Normaljahres 1624,
1. Jannar behalten uud die Parität so-
wohl auf dem Rathaus als in öffentlichen
Aemtern und gemeinen Stadtgütern be-
obachtet werden solle. Bei der Ausfüh-
rung der Friedensartikel erhielten die
protestantischen Untertanen anf dem Lande
nun wieder das ihnen bisher so oft be-
strittene Recht an dem Gottesdienst, an
dem Abendmahl in der Stadt teil zu neh-
men, ihre Kinder zur Taufe in die Stadt
zu bringen und wenn sie geistlichen Zu-
spruchs bedurften, einen ihrer Geistlichen
zu sich zu rufen. Es traten somit die
Protestanten von Attenweiler, Schammach
und (Untershofen in ein förmliches Filialver-
hältnis zu der Pfarrei Biberach.

Die Friedensartikel wnrden wohl in

»Tandem so usc^ue IiunianÄ progresz^ ns-
^ c>uitia, nt etizm mkiorilzus fsstiuitÄtilzus Aloda-i
scinciere, palios mitters in liospitss et seeurim
in linonn, mervitos colli^ere et con^re^are in
Corres non eruduerint-. Pfarrbuch I.
2) Staatsarchiv Stuttgart.
 
Annotationen