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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 25.1907

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Schön, Theodor: Schwäbische Biographien: Herzogin Maria Augusta von Württemberg, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18486#0138

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— 126

spillet" hatte, beim Auskleiden ein so
heftiger Stickfluß, daß, den vom Kammer-
diener (Joachim Friedrich) Neuffer
sgeb. Oktober 1696 in Pfullingen,
später Expeditionsrat uud Kabinettskassier
in Stuttgart, Schloßverwalter iu Winnen-
tal) vorgenommenen Aderlaß uugeachtet,
er in der Zeit von drei bis vier Minuten
gesuud und tot war. Mau kann sich den
Schreck Maria Angnstas denken!

Der jähe Tod des Herzogs erregte viel
Aufsehen. Der badische Obermarschall
Karl Wilhelm Schilling v. Cann-
statt trägt in sein Tagebuch eiu:

Den 13. März 1737 bekomme ich eine Staffette
von meines Bruders Secretario mit der betrübten
Nachricht, daß ihre Durchlaucht der Herzog gestern
Nacht in Ludwigsburg an einem Schlagslnß
gestorben ist.

Eiu reichbegabter, tapferer und kriegö-
knndiger Herr war in der Person von
Herzog Karl Alexander dahingeschieden.
Wie an wenig Fürsteu hat sich au ihn
Klatsch- und Lästersucht herangewagt. Nicht
eiumal das glanbte man ihm, daß er
aus Ueberzeuguug zur katholischen
Kirche übergetreten mar. Man unterschob
ihm unlautere, niedrige Motive. Man
log: er habe, da die Landstände ihm ein
Darlehen verweigerten, sich der katholischen
Kirche in die Arme geworfen, oder man
behauptete, ohne irgend eineu tatsächlichen
Beweis dasür zu erbringen, er sei über-
getreten, um bessere Karriere am Wiener
Hose oder nm eine reiche Partie machen
zn können.

Hierauf ist zu erwidern: In das
Menschenherz sieht uiemaud als Gott
hinein. Herzog Karl Alexander versichert
in seinem Testament, daß er diesen
Schritt aus Ueberzeuguug uud
ohue Neb euab sichten getan habe.
Man muß dies meiues Erachtens dem
fürstlichen Herrn glaubeu, bis mau nicht
wirkliche, überzeugende Beweise vom Gegen-
teil, nicht nur verleumderische Aeußerungeu
von Gegnern des Herzogs beibringt, daß
er den Schritt ans niederen, unlanteren
Motiven getan hätte, uud das ist bisher,
soviel mir bekannt ist, nicht geschehen.
Will man nach einem Motiv des Glanbens-
wechsels snchen, so dürfte wohl dasselbe
darin liegen, daß der Herzog angeekelt
wnrde durch das dogmatische Gezänke uud

das in Formen erstarrte, damals noch
nicht dnrch den Pietismus wieder belebte
Weseu der Landeskirche sich zum Ueber-
tritt entschloß, gerade so wie andere fürst-
liche Herren jener Zeit. Leute allerdings,
die nicht begreifen können, daß man nach
schweren Gewissenskämpfen, ohne irgend
einen änßeren Vorteil zu ge-
wiuueu, aus innerster Ueberzeuguug
den Glanben wechseln kann, werden
natürlich auch dem Herzog unedle Motive
unterschieben. Unumstößliche Tatsache ist
allerdings, daß Herzog Karl Alexander
mit dem ihm befreundeten Bischof Karl
Friedrich von Würzburg uud Bamberg in
Unterhandluugeu stand, die dahin zielteu,
den Katholiken Rechte in dem bisher
durch Staatsgrundgesetz rein lutherischen
Württemberg zu verschaffen. Um dieses
zn erreichen, mußte er natürlich die Rechte
der Landstände beschränken, die infolge-
dessen in dem ganzen Vorgehen des Her-
zogs ein Verbrechen sahen und von ihrem
Standpunkt aus auch nur seheu konnten.
Man mnß dem Urteil von E. v. Schueider
iu seinem Anfsatz „Der Tod des Herzogs
Karl Alexander von Württemberg" bei-
pflichten, wenn er fagt: „Nach uusereu
heutigen Begriffen hat der Herzog min-
destens im ersten Punkte (den Katholiken
Rechte zu verschaffen) Lobenswertes unter-
nommen." Denn er hat das versucht,
was seinem Enkel, dem energischen König
Friedrich 1., geglückt ist, beiden Kon-
fessionen gesetzliche Gleichberechtigung zu
verschaffen. Erklärlich ist es, wenn in
der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts,
wo der Gedanke der religiösen Toleranz
noch wenig Fuß in dem durch Glaubens-
zwist gespaltenen Deutschland gefaßt hatte,
der Versuch des Herzogs bei deu pro-
testantischen Württembergeru eiue Flut von
Schmähungen gegen den Herzog hervor-
rief. Man wollte nicht begreifen, daß es
dem Herzog nur darum zu tuu war,
seinen Glaubensgenossen Dnldung in
seinem Herzogtum zu verschaffen. Man
schob ihm, ohne irgend einen Schein des
Beweises dafür zu haben, die Absicht
unter, das Württemberger Laud wieder
katholisch zu machen. Ich sage, es ist
begreiflich, weuu damals, in der ersten
Hälfte des 18. Jahrhunderts, die Wut
intoleranter Fanatiker sich über den Herzog
 
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