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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 25.1907

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Schön, Theodor von: Schwäbische Biographien: Herzogin Maria Augusta von Württemberg, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18486#0161

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Hann Georg Wilhelm H i l d e b r and, nicht mehr
Kaspar Tschott. Zu den Kammerdienern
Frieß und Dobelbauer war ein neuer Jo-
hann Harter gekommen, ebenso zu den Kammer-
lakaien Fenninger und Mollet ein neuer
Wittel. Man sieht, ein reicher Hofstab um-
gab die Herzogin-Mutter, entsprechend ihrer hohen
Stellung. Ihr reichliches Einkommen, von dem
weiter unten die Rede sein wird, gestatteten ihr,
einen solchen zu unterhalten. Das reiche Küchen-
personal zeigt, daß die fürstliche Dame den Tafel-
freuden nicht abhold war. Der Stallmeister
durfte natürlich nicht fehlen, da Maria Augusta,
die stolze Reiterin, natürlich einen Stall voll von
edlen Pferden hatte. Der Büchsenspanner fand
jedenfalls genug Arbeit, da Maria Augusta eine
große Freundin der Jagd war. Neben diesen
weltlichen Dienern fehlte bei der edlen fürstlichen
Frau, die stets gewissenhaft ihren Pflichten gegen
die Kirche nachkam, der Hofkaplan uud Beicht-
vater, der geistliche Berater der Herzogin, welcher
der Ordensgeistlichkeit angehörte, nicht.

Aus der Zeit, da Maria Augusta Ober-
vormünderiu war, häugt ein lebensgroßes
Bild in der Ahnengalerie des württem-
bergischen Regentenhaufes im Residenz-
schlosse zu Ludwigsburg. Es zeigt sie, deu
Hermeliu über dem roten, silbergestickten
Gewände, die Witwenfchnebbe auf der
weißen Stirn. So steht sie, umgeben von
allen Zeichen ihrer Würde da, im Hinter-
gründe, dem Zeitgeschmack gemäß, erblickt
man den Mohrenknaben, des Winkes der
Herrin gewärtig. Ans den Mienen der
fürstlichen Frau läßt sich ebenso viel
sicheres Selbstbewußtsein lesen, als fester
energischer Willen. Letzteren hatte sie nötig
in jenen schweren Zeiten. Man gestattete
der Herzogin nicht einmal, die Dienerschaft
sowie die nächste Umgebung für ihre Söhne
zu wählen. So wurde nach einem An-
bringen des Gebeimen Rais an Herzog Karl
Rudolf vom 17. April 1737 die von der
Hxrzogin-Witwe geschehene Annahme des
Kammerportiers Müle zu einem Kammer-
lakaien bei den nachgebornen Prinzen
(Ludwig Eugen und Friedrich Eugen) nicht
genehmigt. Was jeder Bürgersfrau ge-
stattet wurde, verweigerte man ihr! Sie
wnrde auch uoch ihrer letzten Stütze,
ihres letzten Beistandes beraubt. Am
23. April 1737 nachts 11 Uhr, als er
sich ans dem von Maria Augusta bewohn-
ten Prinzenbau uach Hanse begeben wollte,
wnrde der Hofkanzler v. Scheffer, in
den sie alles Vertrauen gesetzt und dessen
Rats und Beistandes sie sich bedient hatte,
unterwegs verhaftet uud uuter militärischer

Begleitung ans die Festung Hohen-Asperg
abgeführt, auch feine Papiere mit Beschlag
belegt. Am andern Tag setzten zwar zwei
Geheime Räte die Herzogin-Witwe von diesem
Vorfalle mit der Bemerkung in Kenntnis,
daß Scheffer in die Untersuchung des
Juden Süß und Genossen verwickelt wäre.
Allein Maria Augusta erklärte, daß die
ihr angegebenen Gründe die Verhaftung
eines gar nicht gehörten, jederzeit ehrlich
erfundeneu und im Lande angesessenen
Rats und Ministers nicht entschuldigen
könnten. Dieser Vorgang und Exempel
hatte anch, wie die Herzogin-Witwe in
einer Denkschrift an den Kaiser vom
24. April 1737 schrieb, den Geheimen Rat
v.Psan veranlaßt, sich ihrer gänzlich zu
entäußern und jedermann, der ihr bisher
anuoch zngetan gewesen war, wäre darüber
bestürzt worden. I n W ü r t t e m b e r g
fand sie wirklich niemand mehr,
welchem sie vertrauen konnte. Nur
mit dem Bischof von Bamberg und Würz-
burg stand sie noch im vertraulichen Brief-
wechsel, welcher durch den Geheimen Rat
v. Raab besorgt wurde, dem der Bischof
in dieser Beziehung bereits am 25. März
1737 ein eigenes Creditiv zugestellt hatte.
Allein, da mit dem Bischof nur schriftlich
verhandelt wurde, so entstanden manche
Verzögerungen.

Am 26. April 1737 marschierten die
zwei nach Freiburg im Breisgan nnd Brei-
sach beorderten Regimenter von Stuttgart
ab, ohne daß man der Herzogin die min-
deste Erössunng davon gemacht hätte. Die
Gegner hielten es nicht einmal für nötig,
die einfachsten Formen der Höflichkeit zu
beobachten. Am 30. April berichtete wieder
Raab dem Bischof: „der kursächsisch-pol-
nische Gesandte von Schelhaß^) hat sich
des üblen Quartiers halber beklagt, daß
man ihn in einem der miserabelsten Gast-

i) Johann Andreas Schelhaß, erhielt am
27. Juli 1725 den Reichsadel und wurde am
13. Februar 1732 Neichsritter. Er war Sohn
des im Jahre 1705 gestorbenen Ernst Friedrich
Schelhaß, Kammergerichtsrat in Wetzlar uud
wurde am 23. Dez. 1741 Reichsfreiherr. Im
Jahre 1737 sandte ihn eben Friedrich August
König von Polen, Kurfürst von Sachsen in der
Testaments- und Titelsachs zwischen Maria Augusta
uud dem Herzog-Administrator nach Stuttgart.
Er war kaiserl. Rat, kursachsischer und königlich-
polnischer Geh. Rat und iÄtaatsminister.
 
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