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V —«Nrs.'-^—.

1859. |

Zeitschrift für Muni!, iiitnlliiiiiiiltric uni knnftleril'chks Leben,

] Nro. 53. f.

reöifltrl unter Mitwirkung einheimischer und uuswiirtiger Ruuftsreuuüe

vi. Max Lchasler,

1. März, f

Das Eedaktionsbnr

ren“ — Dessauerstrasse


Irtifcl: SmijUcle Belrachlimaea über Kauft and Kliilftlertham de, I, «»nftlrilil, Srilische Waiiderm,gen darch die Kaaftiaftilnle und Atelier» vo
„Das Birlaoiealbi'm." — „Der Eiaftaß des Gemeiadewesea« auf „Kaastaasstellaiig der Berliner Akademie." lSchlaß.)

j .»unstgeichichle and Aulianitälen, „Das Geiiler Ailarwerk der Brllde,

Korreipondenze», «anunweii, im swt. — «wiuiiivcii, im n<>'> || >

lWanderimgea durch 5,aaftwerlftli!,ea.> - □ Magdeburg, im Februar. (Der i..,.

Liich der Dispula.) - © Süffelbcri, Ende Februar. (Das neue Dliffel. Kunst,ileralnr »Iid «Ib»m, Neue ilalieailche Literatur «der »aast

, darin Kiinftler Album, Pres. Schenren'« „Fischer.Albaui- a. a. m.I . lForlietziiiig.)

Knnstchronik, Verschiedene Lokalnachrichien aas Berlin, Düsseldorf, jiölii, I Kunstinstilnle and Knnstvereine, Verein ,'ilr Gefchichle der Mark
ibura, Hannover, München, Aug« ^ Archiiologifche Gesell,chasl. Magdebiiige,

barg. Wie», R°m. Paris, Bril,sel. London, Moskau. !| »dein,and >md Weftphaleu.

Kunstlose Delrnchlunge» filier Kunst uni) Kfinstterlhum der (Gegenwart.

Das Birtuosenthum

Wut von jeher der größte Feind der Knlist. Die Musiker sind einstimmig
der Ansicht, daß die Musil durch i'enle nichts gewonnen hat »ud nichts ge-
winnen wird, welche ihren höchsten Triumph darin setzen, mit zwei Händen
über die Tasten eines Wiener Flügels zu rasen, als oh ihnen ein spiriius
familiaris »och ein Paar dazu liehe. Jene.Pente, welche durch ihre hals,
brecherische» Sprüiige ans einen, nngesatielien Pferde das verehrliche Publikum
innerhalb ihrer Bretterbude» i» ein gewisses wohlthnendes Grausen versetzen
»nd die Angen der Zuschauer durch den bunten Flitter ihrer phantastischen
Toilette wie durch de» Glanz der vergoldeten kugeln blenden, mit denen sie
ihre Jonglenrstückchen »»«führe», nehmen ,,ch meiil i» einfach-bürgerlichen,
Gewände ans gesät,elten. Roß »ich, znm Besten an«. Und so geht e« eben
auch in der bildenden Kunst. Es läßt sich »ich! lengnen, daß die deutsche,
Kunst in Beziehung auf die Technik hinter der nachbarlichen Frankreich« und
Belgien« zurückblieb. Wir Deutsche köniien »ns damit trösten, daß sie jener
hinsichtlich ihres inneren Gehalt« wenigstens gleichstand. Es war ,» hohen,
daß da» Bersänmte bald emgeholt werden würde, und die Hossnnng ward
"ich! getäuscht. Aber e« trat auch da« ein, was Alle fürchteten, welche e«
mit der Kunst ehrlich meinten, daß die Technik an, einen Höhepunkt hinan,-
lstschraubt werden würde, aus dem sie nicht mehr al« Mittel erscheint, ,°»dern
"lS Zweck. Wir sind dann in der bildende» Knust eben dort angelangt, wo
sich Lißt und seine Rachäfser in, Gebiete der Mnsik besinden. Man sollte
freilich denken, daß da« „Versunken »nd Vergessen", da« von derartigen Me-
teore» oder Sternschnuppen mehr al« von allem ander» Irdischen gilt, die
eindringlichste Warnung wäre, aber die Erfahrung beweist tägjich da« nn-
bestreilbare Gegentheil. Ein Irrlicht dünkt sich während seine« minutenlangen
^lnsflackern« IN finstrer Nacht wohl mehr als die Sonne de« Himmels in
tausendjährigem, ruhigem Glanze; denn das Irrlicht erwxckldie Neugier und
d°n Jubel de« süßen Pöbel«, den, die Sonnen z» hoch stehen. Die Technik
''ägl aber ihre gefährlichste Feindin in sich selbst, die Bravour. Da« mag
paradox scheinen, aber e« ist e« nicht. Wir meinen nicht jene Technik, wie
”* den Alten eigen war »nd welche ohne sorgfältigste« S t bum d a «

gesetzten Fleiß gar »ich! gedacht werden kann. Die Genialen haben diese
Technik i» die Rumpelkammer geworfen: Studium de« Detail« ist ein obsolete«
Ding geworden; mait will nur an, die Manen wirke» „nd ihnt dies am
besten durch Masten. Die Volkspoeste aller Völker, vorzüglich die deutsche,
erhält eine» eigenthümliche» Reiz dnrch da«, wa« sie verschweigt, aber nolh
wendig erralhe» ,nacht. Die moderne Technik stellt sich aus denselben Stand-
Punkt. Wo ein Künstler der alten Schule einen Bann, oder Felsen sauber
anSgesnhrt hätte, da Überlasten e« ein Paar geniale Pinselstriche de« modernen
dem Beschauer, i» Würdigung seiner unantastbaren persönlichen Freiheit, darin
nicht blos Fel« ober Ban», zu sehe», sondern nach Beliebe» auch eine Knh
oder einen Menschen. Das alte.Bornrtheil, al« >e> es angemessen, Bilder
kleineren UmfangeS, die im Salon sechs Fnß vom Boden ihre Steste stnde»
werden, nicht mit demselben breiten Pinsel z» malen, der für ein Decken-
gemälde passend wäre, ist.ein längst überwundene«, und der breite Pinsel
Hilst über gar manche Schwierigkeit so leicht und bequem weg-, al« man sich
nur wünsckien mag. Was thnl e« auch, wenn da« Werk schließlich nur em
mehr oder minder geistreiche« Sammelsnriui» von Farben ist? Die Haupt-
sache bleibt, daß e« in kürzester Zeit gemalt ist, al« ein Bild passtrl, wenn
e« auch in der Thal nur al» die sinchllgste Skizze gelten kann, »nd schließlich
„n, einen sehr ainiehmbaren Preis verkauft wird.

E« wäre wohl kein Grund, gegen diese Manier in die Schranken z»
treten, wenn e« bloß dii minorum gentium wären, die ihr huldigten, den»
dann wäre keine Gefahr dabei. Aber es ist Gefahr, für die Kunst »nd sie
liegt darin, daß Begabtere ihr huldigen und durch ihr böse« Beispiel Andere
nach sich ziehen, vielleicht ohne e« ZN wollen. E« zieh, nnr ei» Mittel da-
gegen, e« ist der Fleiß. Daran haben e» ein Ponsjin »nd Claude •
Lorraine nicht fehle» lasten und wie der Augenschein lehrt, ist ihnen die
„StimmiNig" nicht verloren gegangen, wa« man hentzutage so sehr zn be-
fürchten scheint. Man hat eben a» eine» Künstler höhere Ansprüche zu stellen,
al« solche, welche durch hingeworfene, nnr in Bezug ans ihre Haltung einiger-
inaßen zusammen gearbeitete Skizzen befriedigt werden können.
 
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