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Zkisschrill für fiunlt, fiuitlliniiitrtrif iinit luinllltrifdjfs fcticti,

i,DV Hauptvrgan der Deutschen Kunstvereine.

Hcraiisgegebcii

I)i. Mar Schnsler,

9?tO. 60. V Herausgeber bk« Deutschen SunstalmanachS und Sekretair des „Museums lür Kunst und künstlerische Interessen" ^ ^0, ^IIIII. ?

Das Eedactionsbureau der „Dioskurcn“ — Dessauerstrasse 34 — ist täglich von 8 — 11 Uhr geöffnet.

Abhandelnde Strtifrl: Die Schönheitsidee des Mittelalters i»i Gegensatz zur antitcn j[ stellimg.Schl.1—itzBreSlau. h^öorbilderkaninil." d.Hrn.v. Miuuloli k. Lieanih.)

lind »internen. Bortrag!C. den vr. M. Sr. (Fortlehung.) !! Kunstchronik: Verschiedene Solalnachrichten -ns Berlin. Potstani, Diissit'

Korrespondenzen: A Wien, im Juni. (Das Wiener Kunstleben; die akademische dors, Siel, Paris, Brüssel.

Kunstausstellung.) — 2 Köln, 28. Mai. — t München, im Mai. (Kunst- :! Wunflfrilif: Permanente Geniälteanoftellung von L. Lachse.

»eriin.) - Np Paris, den l>. Juni. (Pariser Sale». Historisches Genre. Fort. ! Knnstvereine »nd Institute: Der Berlin >iir religio i

[c(ju»(1.) — - Paris, im Juni. (Die grosse ÄiiiistanSsteÜuiig. Forisetziuig.) — .llirche. — Wissenschaftliche Kiinstvcreine. —

-Niel, im Jiiiii. (Das Künstler-Maifest.) — »'»Königsberg. (stiinftauo- i: Lricilitstell: Offener Brief.

Die Schöiihcitsidcc Lcs /Uittclnltrvo im Orßcnfal} ;ur antiken und mobcnmi.

Borlrag, zum Besieg des „Germanischen NationalmuseiimS in Nürnberg" gehalten am SV. März d. I. von vr. M. Sr.

II. Dies sind die sogenannten bildenden Künste, die Künste des Anges,

och bin nun bet dem zweilen Theil nteineS Themas angelangl. Nachdem
ich int Vorhergehenden den das Mittelaller treibenden Geist in seinem all-
gemeinen Gegensatz zu der ihm vorauSgehcndcn und „achsolgendcn Entivick-
lnng des mcnschlichen EmpstiidiingSlebenS zn schildern versnchl, bleibt mir nur
noch die-Ansgabe, diese allgemeine Bewegung ans dem besendern Gebiete des
Kunstgefühls und der künstlerischen Bildniigen nachzuweisen.

Sie erinnern sich, daß ich Eingangs von einer bestimmten Stufenfolge
sprach, welche ans der verschiedenen Stellung des NalnrstoffS, als des Ele-
ments der Schwere und Trägheit, zum Geiste, als dem Element der Freiheit
und der Erhebung über die Materie, sich entwickelt. In dieser Tlusensolge
«nterschied ich drei Hanptabsätze: den OrientaliSinnS, worin der Natur-
stoss noch das Geistige beherrscht — den HelleniSinnS, welcher das Geistige
zur Gleichberechligung mit der Malerte »nd dadurch bette zur harinoniick'eii
Versöhnung bring, — und die christlich.germanische Phase, in welcher
endlich der Geist sich über die Materie erhebt »nd Herrscher über den Sloss
io>rd. Ich versuchte ferner nachznweisen. wie diese dreifache Stellung des
Geistes zur Materie in ihren praktischen Konsequenzen, im Staats- und
Privatleben der Völker, sich gestaltet und wie sie dem ganzen Empsindungö-
lebeii ein sehr entschiedenes und durchaus charakteristisches Gepräge ansdrückt.
Zunächst ist dies nun hauptsächlich in der Religionsanschauung, sodann aber
vornehmlich in der mit dieser auf'S Engste verbiindene» Kuustanschauung
deutlich zu erkennen, nämlich ans der Art und Weise, wie die Kunstsphären
selber sich nach dieser dreifachen Stufenfolge gliedern.

Wenn mau nämlich die Künste unter dem Gesichtspunkt jenes Verhältnisses
von Geist und Stoff betrachtet, jo bemerkt man in ihrer geschichtlichen Genesis
ein stetiges Abnehmen deö Elements der Schwere und ein entsprechendes Zn-
nehmen de« getsttgen Elements. Das erste Sladinn, dieses Prozeßes ist die
Epoche der Architektur: hier bedarf das Geistige zur Verivirllichnng de«
maßenhasiesten und schwersten Materials; daun folgt die Skulptur, in wel-
cher Idee lind Stoff gleich in's Gewicht fatlcn; endlich die Malerei, durch
welche das ideelle Moment zu einer ungleich höhere» Bedeulnng über da«
materielle erhoben wird.

der Anschanung. Ein weiterer Fortgang nun, da jene dreisache Stellung mit
thnen erschöpft ist, kann nur durch den Uebergang zu einem andern Gebiet und
zwar in der Art statt haben, daß diese dreisache Stufenfolge der bildenden
Kunst als eine gemeinsame Sphäre gesetzt und von ihr als von einer ersten,
wen» auch mehr umsassenden, Phase zu einer höheren zweiten fortgegangen wird.
Diese ist die Musik, welche uns an« der Welt des Auge« in die de« Ohrs,
eine« bei weiiem feineren, geistigeren Sinnes, hinüberleilet. Die dritte Stufe
endlich und. die höchste, welche in der Knnstenlwicklung überhaupt zn erreichen
möglich, ist die Poesie, welche selbst den To» von feinem musikalischen,
d. I. natürlichen, Element befreit und sich als Gestallnngsstoffes nur des ge-
danklichen/nämlich menschlich arlikulirlen, SprachlanIS bedieiit. Als ein rein
gedankliche« Mittel ist der artikulirte Sprachlaut deshalb zu betrachten, weil
er sich, wenn auch gemischt oder begleitet mit dem natürlichen (musikalischen)
Element de« phonetischen RythmuS, doch nicht bloß an die Empfindung und
Phantasie, sonder» auch an den Verstand mid die Reflexion wendet.

Die drei Stufen der bildenden Kunst, auf welche ich mich hier,
in Rücksicht auf unsern Zweck, zu beschränken gezwungen bi», entsprechen nun
genan den drei großen EntwicklnngSphasen de« OrientalismuS — des
Hellenismus — und de« germanischen Christenthnm«j indem die
orientalische Kunst wesentlich Architektur, die hellenische wesentlich
Skjnlplur, die romantische wesentlich Malerei war. Ich muß hier
jedoch dent Einwnrf begegnen, daß die oben genannten Künste, Mitsik und
Poesie miteingeschlossen, säst bei allen Völkern, selbst den roheren, zu gleicher
Zeit existirt haben. Die« ist allerdings richtig, allein e« leuchtet zugleich ein,
daß e« hiebei weniger auf diese Künste selbst, d. h. aus ihr formelles Vor-
handensein, als auf ihre» ideellen Inhalt ankoniint, den sie zur Darstellung
brachten, und ans die charakteristische Form, tu welcher sich derselbe gestaltet
zeigt. Die hellenische Poesie z- B. ist, wie alle Künste der Hellenen, wesentlich
plastischer Natur, weil da« Element de« Plastische» da« eigentliche Wesen
de« Hellenismus auSmachle. In demselben Sinne ist die allgemeine Gestal-
tung de« romantischen EmpsindungSlelken wesentlich malerisch, ,,„d die«
malerische Element findet sich in der romantischen Kunst überall, in der Ban-
 
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