Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Beilage zu M 71 der „Dioskuren".

Kunst-Literatur und Albuin.

I. Kimstlilcralur.

Aestßetik - Geschichte - Technik.

victionnnir,! r!ti»o»nö de l'Architecture frangaiae, du XI' «u XVI' si6clo,
par Viollet-le-Dnc, archilcctc du gnnvernement, inspcctcur gt-o. des
üdißcesdiocesains. Tome qualriime. (Paris, Banse edileur. 1859.8.)

; Kater t8 komm,, daß die Franzosen and Engländer in der Ersorschung und
Publikation ihrer Knnstdenkmäler der Vergangenheit uns Deutsche hei weitem über
,reffen und eine Menge von Werken uns Licht fördern, die nnS nls Muster und Vor
bilder dienen könnten, ist leich, erklärlich. Hätten wir nationale Einheil und Central',,
sativ», 1° hätten wir an» das für den Absatz solcher Publikationen nolhwendige
Inlereste und Hielien eS fUr eine Ehren, und Nationalsache, dieselben z» fördern.
Aber daran sehll es »ns leider. Was in Denischland »an dergleichen Werken das
Licht der Well erblickt, das seffe» höchstens einen kleinen, «reis der gebildele» Well
eine» einzelnen Bnndesstaales. aber außerhalb de« Letzteren nur die wenigen Fach.
Männer. Daher in Deulschland die dielen, asl glänzend tegannellen, aber nach kurzen,
oder längerem Forlschreilen wieder verschwundenen Werke über die Denkmäler unserer
Borzeil. Noch viel weniger dar! e» nn» wundern, daß die Existenz einer ähnlichen
deulschen Arbeil, wie Biollet-le-Due^S Wörterbuch der sranzösilchen Archileklur,
eine pure Unmllglichkeil ist, weil es in der Thal keinen Archileklen giebl, »er mil
dieser umsaffenden, eminenten «ennlniß der Archileklur-Denlmäler, sowie' der polilischen,
der Innst. und kullurgeschichllichen Vergangenheit van ganz Deutschland auSgerllstet
ist. Denn ein ausübender Architekt ist da,» ersarderlich, da» sprich, säst au» jeder
Seite unsere» sranzSstlchen BorbiweS. Und wenn e» auch einen mit diesen Eigen,
sch-sten anSgerüstetel, deutschen Architekten gäbe, so stnd doch noch andere Gaben er.
forderlich, die in Gemeinschast mit jenen dem WSrlerbuche des Herrn Biollet-le-
Due eine Fülle van Vorzügen verleihen. Diese Vorzüge stnd sreilich auch van NNS,
wenigstens theilweise, schon vielsach anerkannt worden, denn e» gieb, kaum einen nicht
ganz handwerksmäßigen deutsche» Architekten, der nicht MI, Freude und Jntereffe der
ihm hier fließenden Quelle genaht ist „nd mehr oder weniger daran» geschSps, hat.
Wenn wir aber behaupten müffen, daß e» nur wenige giebl, die in «allen, ungehinderten
Zügen daraus zu schSpsen vermögen,, so soll da» den, deutschen Architelten nicht zum
Tadel gereichen, weil e» hier selb« mil Hülse de» Olle'scheu WörlerbncheS langer
Uebung und großer Selbstverleugnung bedars, um zum vollen und gelänstgen Ber-
ständniß der Sprache und insbesondere der archileltonischen, mathematischen und
archäologischen Ausdrücke zu gelangen. Gar ojl reicht weder der tresstiche, kennlniß.
reiche Otto, nach das aussührlichste GesauttNtwSrterbuch aus. Es wäre also vor
allen Dingen wünschenswerth, daß Bersaster und Verleger van ihrem ans dem Titel
vorbehaltenen Rechte, eine Uebersetznng »nd Reproduktion de« Werke« veranstalten zu
lasten, in Bezug aus Deutschland baldmöglichst Gebrauch machten. Wenn dabei, wie
stch von selbst versteht, die alphabetische Reihensalge «er Artikel verloren ginge, so
wäre dieser Verlust durch ein an, Schluffe de- Werke« anzuhängende- alphabelische-
Berzeichniß der Artikel dach leicht wieder ,n ersetzen. Dem deutschen Herausgeber
würde aber unser« Erachten» au» da, Geschäst abliegen, an paffenden Stellen Hin-
weisungen ans architeltonische Erscheinungen an deutschen Bauten, besonder« solchen,
die in offenbarem, sei'» unmittelbarem oder mittelbarem stilistischem Zusammenhänge
mil Frankreich stehen, zu machen; denn grade da» ist, wie die vor einige» Jahren
erschienen „taieroo d'Attomnguo' beweisen, de« Versaffer- schwächste Seite,, er kennt
da» manu,neu,ale Deutschland „nd namentlich die neusten Forschungen und Publikationen,
etwa Mi, An-nahme der da» linke Rheinuser betreffenden, nicht hinlänglich, weil er.
was wir an» seinem eigenen Munde wiffen, de» Deutschen nur in geringem Grade
mächtig ist. Dasllr kennt er sein Frankreich um so bester. Sollen aber jene Hin.
Weisungen tesriedigen und den, Geiste des sranzSstlchen Original« angemeffe» sein,
so setzen sie wiederum eine so allseitige, gründliche Kennlniß der baulichen „nd kirch.^
lichen Kunstwerke de« deutsche» Mittelalter» voran«, wie ste nur wenigen Persönlich.

,eiten eigen sein mSchte. Endlich, bevor wir nn» dem Inhalt und der Form de«
Buches selber nähern, noch der vielleicht bester dem Schluffe unserer Besprechung
angehörende Wunsch, daß der Versaffer nicht etwa erst dem Ende des gelammten
Werkes, sondern schon den, bereit« begonnenen fünften, „nd von da an jedem einzelnen
Bande ein Register der Oerter „nd der in ihnen besprochenen Gebäude und Gegen-
stände geben möge, was für den Forscher mehr noch als jür den Architekten die
Brauchbarkeit de« Buches bedeutend erhöhen würde. Denn bei der lekikalische» Form
»ersteh, e« stch von selbst, daß eine Menge von Gebäuden nach ihrem Ganzen oder
„all, ihren einzelnen Theilen unter vielen Artikeln »nd in diesen Artikeln ojl an
verschiedenen Stellen mehr oder weniger aussührlich besprochen werden. So würde ein
derartige» Register zugleich ein Inventar sämmtlicher irgendwie benlerkenswerlher,
mittelalterlicher Gebäude in Frankreich abgebe,,; ohne ein solche» Register ist e» aber
säst unmöglich, sich über die Eigenthümkichleiten der einzelnen Gebäude und ihrer
Theile genaue und schnelle Kennlniß zu verschaffen.

Do« je«, zu Plan „nd Anlage, Inhalt und Form de« in seinem vierten Bande

Wenn wir sagen, daß dieser vierte Band von den, Worte „Consirnclion" bis
allein mehr als die Hälfte'des über 500 Seiten starken Bandes umfaßt, »nd daß

jeder Band eirea «50 in den Test gedruckte Holzschnitte enthält, so erhell, schon dar.
ans, daß wir hier kein architektonisches Wörterbuch, wie etwa das Oxforder glossary
of terms „sed in archiiociure vor nn» haben oder vielmehr haben werden, sondern
ein solches, wie'es keine andere Nation befftzt. Wenn nur, müffen wir gleich von
vorn herein hin,„setzen, den, verdienstvollen Bersaster auch die hinlängliche Rüstigkeit
de» Körper» und de» Geistes verbleibt, „m das Angejangene in derselben Weise bi«
znm Ende sortznsühren. Dieser Wunsch dräng, sich dem Leser um so mehr aus, je
mehr er in dem ganzen Werke nicht etwa eine bloße Kompilation, sondern die Frucht
eigener, selbstständiger Forschungen und Beobachtungen des Versaffer» sieht Und
diese erstrecken sich nicht nur aus die wirklichen architektonischen Erscheinungen, sie
stellen nicht nur das Gegebene und Vorhandene des an mittelalterlichen Bauwerken
reichsten Landes von Europa dar, sonden, geben stets ans den Kiiltnrznstand der jedes-
maligen Provinz zurück, und entwickeln an« ihm die architektonischen Bestrebungen
und Erscheinungen; sie sühren uns auch in die' Werkstätten des Baumeisters, de»
Steinmetzen, des Zimmermanns, des Holzschnitzer», de» Bildhauer», de« Glasmaler«,
de« Teppichweber» und Anderer. Wir sehen die Menschen an all' den herrlichen Domen
und für dieselben arbeiten. Und was säst noch ersrenlicher und lehrreicher al« dieser
von ebenso großer Kennlniß der Kunst und der Geschichte, wie Begeisterung, Fleiß
und Verstandesschärse zeugende Tex, ist, da» sind die alle Theile der Gebäude nn,.
saffenden, Iresstichen perspektivischen Zeichnungen, unter denen wir besonder» die sreilich
zusällig in nnserem vierten Bande weniger als in de» srüheren vorkommenden An-
sichten an» der Bogelperspeltive hervorheben, die nn« das Berhältniß eines Baues
zu seinen Umgebt g ,e e ganze Lage ,° klar machen, als ob wir selbst die Gegend
durchwanderlen. Diese Holzschnitte nnsere» Werkes sind auch bereits in „nverkenn-
barer Weise da« Vorbild sür manche architektonische Zeichner in Deutschland geworden.

Daraus ergiebt sich von selbst, daß der Zweck de« Buches sowohl ein praktischer,
a„ ein theoretischer ist, und daß daffrlbe ebenso sehr sür praktische Baumeister wie
für den wissenschaftlichen Archäologen und den GeschichtSsorscher bestimm, ist. Denn
der Versaffer ist ,elfer Beides- er ist der burch seine Restaurationen mittelalterlicher
Bauten und namentlich der Notre-Dame in Pari» bekannteste Architekt Frankreich»
und zugleich, wie Wenige, bewandert in den sranzösischen Schrift- und Kunstdenk.
mälern de» Mittelalter». Daher da» stete Zurttcksühren ans die Intturhistorische Ent-
Wickelung der einzelnen Jahrhunderte wie der einzelnen Provinzen. Warm» der Ber.
saffer aber zur Erreichung diese« Zwecke« nicht die gewöhnliche Fon,, der sortlansenden
historischen Darstellung, sondern die eine« Wörterbuches gewählt hat, darüber hat er
nn» bereits im Vorwort znm ersten Bande Ausschluß gegeben. Der Hauptgrund
liegt nämlich darin, daß nur die lexikalische Form es tnöglich machte, an einzelnen
Beispielen ausjlihrliche architektonische und archäologische Rachweisungen zu geben, die
einer geschichtlichen Darstellung höchsten- al» Exkurse hätten angehäng, werden können.
Denn die Fälle und Berschiedenartigkei, de» mitzutheilenden Stoffe» war zu groß,
als daß ste sich dem Zwange einer geschichtlichen Darstellung hätten sügen können;
sie hätten den Leser venvirr, und ihn den Faden der Geschichte verlieren ,affen. So
sehr wir auch jenen Hauplgrnnd billigen, so war doch eine natürliche Folge der
lexikalischen Anordnung die, daß Wiederholungen unter verschiedenen Artikeln vor.
kommen, und mehr -oer weniger a„s,n«r„wer Ausschluß über dieselbe Sache unter
verschiedenen Artikeln gegeben wird, wovon wir als Beispiele nur die Artikel nbotcko und
odapotlo ad-ietato, ebenso aroüitooeuro roligiou-o und calMdrale, ebenso corniche

Oerter und ihrer Gebäude nothwendig.

Ihrem Inhalte nach sind die einzelnen Brttkel entweder allgemeine architektonische,
meistens sehr an-sübrliche, oder speeielle d. b. solche, welche einzelne Architekt,,rdetaits
oder archäologische Gegenstände behandeln. Alle beschränken sich natürlich aus den
Zeitraum vom „. bi« lü. Jahrhundert. Mi, ganz besonderer Vorliebe sind, so
schein, e» nn«, die Artikel allgemeinen Inhalt» behandelt, die meisten» als ein sür sich
abgeschloffene» Ganzes bestehen könnten; dahin gehören in den srüheren Bänden die
Artikel „Nrediwolo, aroliieooturo (rellgiou«, monaslique, cirile, mililaire), cathiklralu,

in ein aper«u gänoral, principcs, voülcs, maloriaux, dcvcloppomcnt, conseruclion
cirila und mililaire zersäll, und Ihr!,» voll sinnreicher Bemerkungen über den Charakter
der verschiedenen Provinzen Frankreich», IheilS »oll inlereffanter Nachweisungen der
in den verschiedene» Provinzen sich verschieden gestaltenden Entwickelung der kirch.
lichen Gebäude ist. Zn den die speeielle liech,iche und prosane «rchilektnr betreffenden
Artikeln diese« Bandes gehören oonerocourdo (der umgekehrte Spitzbogen, der Esel»,
rücken), comro-fort, wo keine eigentliche Geschichte de« Strebepseiler», senden, nur
die verschiedenen Formen desselben während der romanischen und gothischen Periode
gegeben werden; oorniodo (Kranzgesims, das natürlich mil dem seinen Hanplbestand-
theil bildenden corboau eng znsammenhängt), ooupolo, oountua ,ein bei Otto nur
durch „Vorhang" übersetzte Wort), oouvro-jomt (die Fugen,eiste, wosür Olle in
seinem Wörlerbuche nur das Wort „Krummziegel" hat, der sreilich einem ähnlichen
Zwecke dient wie die Fugenleiste), areuaau, crOec, crechet (Cie Krabbe, Bosse), crype.,
wo interessante Mit,Heilungen über die erst vor wenigen Jahren entdeckte Krypta von
St. Avit in Orleans, gewiß die älteste Frankreichs, »nd die von Se. Bönigne in
Dijon gemacht, aber vergleichende Blicke aus noch intereffantere Krypten in Deutsch-
land vermißt werden; serner noch der Artikel out-cko-lawpo (zapsenartig anslausende
 
Annotationen