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Zeitschrift für SM, SMmMrie und KMierisches Leben,

Hauptorgan der Deutschen Kunstvereine,

HcrauSgegebe»

vr. Mar Ichnsler,

| d!rö. 05. ^ Herausgeber de» Deutschen KunAalmanach« nnd Sekretair des „MnienmS lür Kunst und künstlerische Interessen" ^ 1. TrZlör. '?
Das Eedactionsbureau der ,Dioskiircnu — Dessauerstrasse 34 — ist täglich voll 8 — 11 Uhr geöffnet. ■

Studien zur Chiikstltleristili deutscher Nünllter der Wgellninrl.

VIII. Moriz, Ritter von 'Schwind.

Moriz, Ritter von Schwind, der geniale Meister, welcher In wunder-
barer Mischung die Gedankentiefe deö Nordens mit der Heiterkeit der Lebens-
anschannng des Südens verbindet, enlstaminl von väterlicher Seile her dem
ernsten Skandinavien, von mütterlicher hem lebensfrohen Snddeulfchlaitd.
Wann und unter welchen Verhältnisse» die Vorfahren seine« Vater« ans
Norwegen nach Deutschland herabstiegen, lässt sich nicht mehr ermitteln, nur
soviel ist sicher, das, noch jetzt die Schwind in Norwegen blühe». Da« lie-
derreiche Böhmen ivar da« Land, in welchent sich die AnSgewanderte» am
behaglichsten zn fühlen schienen, ivenn nicht etwa unbekannte äußere Umstände
mit zwingender Gewalt sie dort hesthielten. Tief ittt Böhmerwald, in dem
Dorfe Roßhanpl, nahe bei Eger, finden wir Schwind's väterlichen Grob-
vater als wohlbestallten kaiferlich-königlichen Zolleinnehmer. Tie Stellung
eine« solchen Beamten gehört heule zn den be|ckwerltch>te„ und tmndeit ein-
träglichen in der vielgegliederten österreichischen Beamlen-Hierarchie nnd wir
haben, so weil wir Gelegenheit halten, diese Verhältnisie kennen zu lernen,
allen Grund, anzuiiehinen, oag pc vor hundert Jahren Nicht angenehmer iinb
lohnender war. So titag eö denn betu einsam iit feilten Berge» wohnenden
Manne gar manche« Opfer gekostet haben, seinen Sohn den Stndien zn
widmen. Der junge Student war hier nnd dort herumgeworfen worden, er
hatte sich tüchtige Kenntnisse erworben nnd sich die Manieren der besiere»
Gesell,chast anzueignen gewnstt. Nach einige» Jahren erscheint Schwind'«
Vater al« Vorleser im Hanse de« allmächtigen und vielgewandte» Minister«
Fürsten von Kaunitz. Damit war sein Glück gemacht. Hätte er sich auch
nicht der Gnnst de« Fürsten erfreue» dürfen, in seinem Hanse und bei seiner
Stellung zn ihm, welche ihrer Natur uach eine gewisse Auuäheruug mit sich
brachte, kouute e« nicht tut Beziehungen fehle», welehe ihm wesenlliche Bor-
Iheile l r g i ,te, C 6 g i l ld , , La ,bah i °„ei ll che»
Leben al« «Nach«, ward Secretär, LegationSralh, endlich Hossekrelär.

Sobald er einmal ein Mitglied der Beamlen-Hierarchie geworden, welche
in jener Zeit neben Adel und Priesterstand allein zu de» thätig ins Leben

eingreifende» Elemeule» gehörte, vermehrten sich nolhwendig seine Beziehnn-
gen z» den hervorragenderen Elementen der grosten Kaiserstadl. Unter der
Geld-Aristokratie teuer Zeit nahm die Familie Holzmeister eine» der ersten
Plätze in Wien ein, und wenn bi« jetzt noch etwa« zn Schwind's Glück
gefehlt habe» sollte, so war da« sicher »ick» mehr der Fall, al« er eine Toch-
ter diese« angesehenen Hanfe« al« Gattin heimführte. Seine Sdnviegeri»»,-
ler war in München geboren nnd hatte ihren, Gatte» ein mehr al» ansehn-
liche« Vermögen in die Ehe milgebracht. Ihre Familie war eine der reichsten,
vielleicht die reichste München« gewesen nnd noch jetzt lebt da« Andenken an
dieselbe in, Munde alter Münchener. Jetzt freilich ist von all der Pracht und
Herrlichkeit nicht« mehr übrig geblieben al« der alte Name nnd die Erinne-
rung. welche auch i» wenigen Jahren erlo,che» sein wird.

Die Mutier unser« Künstler«, in Wien geboren und im Glanz nnd
Schimmer eine« reichen und angesehenen Hanse« erzogen, war eine reich be-
gabte Fran, vo» lebhaftester Phantasie und poetischer LebenSanschauung,
welche sich nicht selten durch da«, wa« da« wirkliche Leben bot nnd bieten
konnte, nnangenehm berührt sinken mnstte, wa« zu mancherlei Konflikten
führte, die o,l nur schwer, manchmal gar nicht tu lo,en waren.

Solchen Elter» ward Moriz am dl. Januar 1804 geboren. Tie wohn-
te» damals in der Altstadt Wien, in, sogenannten Kaiserkeller, in dessen Nähe
m» jene Zeit die Türken und Griechen, welche der Verkehr nnd Handel ihrer
Hennalh ,» die »ai,erstadl gezogen, ihre Wohnungen gesucht hatten. Ver-
wandle Art zu leben und der Umstand, dass sie in ihre» Bedürfnissen häufig
ans einander angewiesen waren, veranlaßte sie. sich rännilich näher beisam-
men Halle» nnd so entstand in jener Gegend eine Art orientalischer Ko-
lonie, welche de« Knaben EinbildungSlrast ans da« Lebhafteste in Anspruch
nahm. Die ernsten, schweigsamen Gestalten in de» sremdarligen, saltenreichen
»nd bnnlsarbigen Gewändern üble» ans ihn eine wunderbare AnziehnngSlrast
an«, „nd er träumte, wenn er sich, nicht ohne eine gewisse Schon, unter ihnen
umhergetrieben, von den wnnderbaren Märchen deö Orient«, die mit Jene»
einer nnd derselben Heimaih entstammten. To ward dem Knaben durch einen
glücklichen Znsall der Orient mitten in, Treiben der großen Kaisers,adt nahe
 
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