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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0027

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matten für die römische Epigraphik bereist und die Münzkunde
Roms in Folge gewichtiger spanischer Funde neu aufgeklart
worden ist; nebenher aber bleibt auch mancher bisher vorhandene
kleinere Kunstbesitz seiner Bekanntmachung oder schärferen Be-
achtung gewärtig. In diesem Sinne ist der zwiefache Gegen-
stand des von Herrn Gerhard unter dem Titel „Thetis und
Priamne" verfaßten diesjährigen Fest-Programms gewählt, wel-
ches der Gesellschaft vorgelegt und vertheilt ward. Es handelt
dasselbe über einen etruskischen Spiegel der kaiserlich rus-
sischen Sammlung und über Gräber-Idole des hiesigen könig-
lichen Antiquariums. Das sehr gefällige Bild jenes Spiegels
tvard im Museo eampana ohne Lesung seiner noch verdeckten
Inschriften gezeichnet, nächstdem aber hiesigen Orts neu geprüft:
indem das mittlerweile nach Petersburg versetzte Original durch
preiswürdige kaiserliche Liberalität zu solchem Zwecke hierher
vergünstigt worden war. Durch vorsichtige Reinigung des äußeren
Randes gaben aUmälig vier Inschriften sich zu erkennen, welche
der zuerst vorausgesetzten Darstellung einer Brautwerbung des
Menelaos um Helena sich zwar nicht fügen wollten, um so geeigne-
ter aber erschienen, befreundete.Kunsterklärer zur Lösung des da-
durch neu geschürzten Räthsels anfzufordern. Stock, ein anderer
beachtenswerther Gegenstand wird durch dasselbe Programm neu
zur Sprache gebracht; er betrifft, die im hiesigen königl. Anti-
quarium zahlreich vorhandenen Griechischen Gräber-Idole,
welche in auserlesenen Originalen der Versammlung vorgelegt
und besprochen wurden.

Hiernächst ward der auswärtigen Winckelmanns - Feste ge-
dacht, von denen zwei aus Bonn*) und Greifswald**) bereits
angelangte Programme ein augenfälliges Zeugniß ablegten. Auch
aus Göttingen hatte Prof. Wieseler als Ersatz für die in den
zwei letzten Jahren von dorther erhofften Programme eine um-
fassende nachträgliche Festgabe in nahe Aussicht gestellt. Endlich
traf aus Kiel zur Stunde der Versammlung von Pros. F o r ch -
Hammer eine telegraphische Botschaft folgenden, auf den oben-
gedachten Spiegel bezüglichen Inhalts ein: „Den Winckelmann
Feiernden Gruß und Heil! Programm: Helena, Achill, Thetis,
Doris, Nereus, oben Primmithe. Nächstens mehr!" — Hierauf
hielt Herr Friederichs einen Vortrag über Masken der alten
Tragödie. Die Streitfrage, ob die Schauspieler innerhalb einer
Rolle die Maske gewechselt, entschied er dahin, daß dies in be-
sonderen Fällen allerdings vorgekommen, was z. B. tn Blendungs-
scenen bei Sophokles und Enripides aus den Worteü der Tra-
gödie selbst deutlich hervorgehe. Auch wären Beispiele vorhanden,
daß die Schauspieler durch Schminke und dergleichen Mittel die
Masken bei Stimmungswechsel verändert; Worte in der Antigone
wiesen z. B. geradezu darauf hin. Im Allgemeinen aber hätten
die Allen keinen Anstoß genommen, die verschiedensten Stimmun-
gen hinter einer und derselben Maske darzustellen, wie Sophokles
Elektra und die Bacchen des Enripides deutlich beweisen; uns
müsse diese Unveränderlichkeit freilich bei den mehr pathetischen
Stücken des Sophokles und Enripides anstößig fein, weniger bei
Aeschylns. Ob aber die Größe des griechischen Theaters zur
Entschuldigung dafür dienen dürfe, bezweifelte er, es gründe sich
dieser Unterschied offenbar aus die weniger realistische Richtung
der alten Bühne. Die Masken charakterisirte er im Anschluß
an Pollux nach dem Onkos, der Farbe der Haare, dem Zuge
der Augenbrauen und endlich der Form der Nase, was im Ein-
zelnen mit Beispielen erläutert wurde. — Ein hierauf folgender
Vortrag des Herrn Gosche erörterte Winckelmanns Verhältnis;
zum Orient und zur ägyptischen Kunst, in ivelcher er, nicht
weniger als für alle sonstige alte und neue Kunst, als Lehrer des
Stilgesetzes und der dadurch bedingten Kunstepochen dasieht. —
Herr Hübner hielt nächstdem einen Vortrag über die Brücke von
Aleantara im spanischen Estremadura. Er legte eine Reihe von
photographischen Abbildungen dieser Brücke vor und knüpfte da-
ran einige Bemerkungen über den Ursprung und die Bedeutung
dieses schönen Bauwerks aus trajanischer Zeit, über den Inhalt

*) Das Denkmal des Hercules Saxanus im Brohlthal, er-
klärt von Frendenberg, 29 S. mit i Tafel. Bonn 18(52.

**) Die Lehre des Aristoteles vom Wesen der schönen Künste
von F. Suseniihl. Einladungsschrift zu einem am 9. Decem-
ber d. I. um 12 Uhr in der akademischen Aula von Prof. Dr.
Baier zu haltenden Vortrage.

und die Ueberlieferung seiner Inschriften, so wie über seine spä-
teren Schicksale. Die Brücke, der Bogen des Trajans darauf
und der dazu gehörige kleine Tempel des Trajan sind nach lan-
ger Vernachlässigung (fast 25 Jahre lang waren zwei Joche der
Brücke zerstört und der Fluß nar auf Fähren überschreitbar) durch
die spanische Regierung unter der einflußreichen Vermittelung
der Akademie der Geschichte zu Madrid in verständiger Weise
wiederhergestellt worden; der Architekt, ivelcher den schwierigen
Ban mit großem Geschick geleitet hat, ist Herr Alejandro
Millan. Nach erfolgter Wiederherstellung sind die vortrefflichen
Photographien durch den englischen Photographen Clifford aus-
genommen worden. Nur zwei Exemplare dieser Aufnahmen sind
ins Ausland gelangt; eins an den Kaiser Napoleon und das
der Gesellschaft vorgelegte, welches der ausnehmenden Gefälligkeit
des Herrn Gnerra in Madrid verdankt wird. — Einige andere
Mittheilungen über neuere Funde von Bildwerken und Jnschris-
ten, welche ebenfalls von Herrn Gnerra, sowie von Herrn Zo
bei in Madrid soeben eingelausen waren, versparte der Vor-
tragende zu eingehender Besprechung für nächste Sitzung. —
Die Reihe der Vorträge beschloß Herr Tölken durch Bemerkun-
gen über die Praxitelische Statue des Sauroktonos. Die darin
bezweckte Beweisführung, daß dieser Sauroktonos mit Unrecht
für einen Apoll gehalten werde, soll ausführlicher in der archäolo
gischen Zeitung erörtert werden. — Herr v. Quast machte die
erfreuliche Mittheilung, das eine zur Aufräumung der römischen
Thermen zu Trier seit längerer Zeit aus Staatsmitteln ver-
hoffte Unterstützung jetzt großmüthig bewilligt und demnächst
manches schöne antiquarische Ergebniß von dorther zu hoffen sei.
— Außerdem hatte Herr Salinas in italienischer Sprache drei
Mittheilungen mit begleitenden Münzabdrücken und einer Ab-
bildung eingereicht, bezüglich auf eine Münze von Himera, mit
dem Kopfe des Kronos, auch syrakusische Münzen, deren mehrfach
entstellte und deshalb mißdentige Inschrift sich durch antike Fäl-
schung (numi subaerati) erklärt, und endlich aus einen in der
Nähe von Termini nachweislichen, ansehnlichen römischen Aquä-
dukt. —

Zur Besichtigung vorgelegt waren Garuccis Monumenti
del Museo Lateranense und eine Anzahl neu eingelaufener
Schriften, namentlich eine neue Abtheilung von Welcker's grie-
chischer Götterlehre (III., l), ein nachgelassenes Fragment E.
Brauns über römische Baudenkmäler. Die Beschreibung der
antiken Bildwerke in Madrid von C. Hübner und der Anti-
ken zu Arolsen von R. Gaedechens, eine Promotionsschrift
von O. B en d orf über die auf Kunstwerke bezüglichen Epigramme
der griechischen Anthologie und F. Aschersons „Umrisse der
Gliederung des griechischen Dramas". Bon den noch unvolle»
beten Jnstitutsiverken für 1862 waren Probedrucke und Aus-
hängebogen vorhanden. — Die zahlreich besuchte Versammlung
war durch Gegenwart des Herrn Staatsministers v. Bethinann-
Hollweg Exc. und anderer hochgestellter Personen beehrt. —
Bei dem darauf solgenden Festmahl sprach Herr Gerhard zu
Ehren WinckelmanuS, des von Deutschland nach Rom, von Rom
nach Deutschland ausgegaugene» Meister« der Kunstgeschichte und
Kuusterkläruug, — des Mannes, welcher mit gründlicher Ableh-
nnng ästhetischer und antiquarischer Halbheit schöpferisch im Gan-
zen und Großen das Bündnis; der Intelligenz mit der Schön-
heit, der Anschanung mit der Forschung, der klassischen Philologie
mit der Denkmälerknnde begründet hat. Es ward der nnver-
wüstlichen Einflüsse Winckelmanns ans die Gegenwart gedacht,
wie sie seit einem Jahrhundert durch Lessing und Heyne,
Goethe und Schelling,Welcker und O. Biüller vermittelt
und zuletzt durch das von Bunsen und dessen Genossen vor
jetzt einem Menschenalter zu Rom gegründete und unter dem
Schutze dreier vaterländischer Könige sortgeführte archäologische
Institut beträchtlich gesteigert warben sind. Zugleich wurden
für zwei noch lebende Mitgründer jenes Instituts, de» greisen
Welcker, Deutschlands Lehrer für Mythologie und Kunsterklä-
rnng, und den Herzog v. Luynes, den großmüthigsten Kenner
klassischer Kunst, dankbare Wünsche laut, welche Herr Momm-
sen nächst dem auch auf de» Vorsitzenden der Gesellschaft aus-
dehnte. — Schließlich vereinigte sich die Versammlung z» einem
dreifachen Lebehoch für Se. Mas. den König, für die Pfleger
und Jünger des archäologischen Instituts und für alle sonstigen
Gönner und Nachfolger Winckelmanns.

Nachträgliches zur der Abhandlung über „die Schule von Athen" Raphaels.

ES ist der Redaclion von dein Verfasser obiger Abhand- zeichnist auch eine Reklamation gegen eine von der Redaelion

lnng, Herrn Oberlehrer Rührmund in Potsdam, ein für nothwendig erachtete Aenderung der Einleitung enthält.

Schreiben zugegangen, welches außer einem Druckfehlerver- Wir lassen dasselbe hier seinem wesentlichen Inhalt nach folgen:
 
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