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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0055

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39

Korrespondenzen.

t Wien, ini Januar. (Das Gründungsfest der
Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens).
Es geht uns von schätzbarer Hand eine Denkschrift über
das am 20. December gefeierte Gründungsfest der Ge-
nossenschaft der bildenden Künstler Wiens zu, der wir
folgende interessante Einzelheiten entnehmen:

' Das erste Gründungsfest der Genossenschaft der bil-
denden Künstler Wien's, welche vor einem Jahre durch
die Verschmelzung des Albrccht-Dürer-Künstlervereins mit
dem Künstlerverein Eintracht entstanden ist, war das er-
hebendste, bedeutungsvollste Künstlerfest, welches Wien in
neuester Zeit erlebt hat. Es war verherrlicht durch die
Gegenwart ihrer Ehrenmitglieder, namentlich Seiner Ex-
cellenz des Herrn Staatsministers Ritter von Schmer-
ling und jener des Herrn Bürgermeisters I)r. Zelinka,
und bot eine Fülle von erhabenen und heitern Momenten.
Der schöne gothische Saal mit Blumen unv mit den Künst-
lcrfahnen reich dekorirt machte einen glänzenden Eindruck.
In demselben war aus Blumen emporragcnd die Büste
Seiner Majestät des Kaisers und Ihrer Maje-
stät der Kaiserin, sowie Seiner Excellenz des Herrn
Staatsministers Ritter von Schmerling aufgestellt.
Die Bestimmung dieses Raumes als Fest- und Versamm-
lungsort der Künstlergenostenschaft ist durch die in den
Feldern aus Goldgrund gemalten lebensgroßen Figuren
ausgcdrückt. Sie enthalten in der Kaiser-Nische, nebst
der Büste Seiner Majestät, die Bildniste Kaiser Maximi-
lian I. und Kaiser Nudolf's IV., im Saale die symbolische
Darstellung der Geschichte und der Sage und die Bildniste
der Repräsentanten deutscher Kunst: des Malers Albrecht
Dürer, des Bildhauers Peter Bischer, des Baumeisters
Pilgram und des Meistersängers Heinrich von Osterdingen,
als Symbol der von der bildenden Kunst untrennbaren
Poesie.

Während des Banketts brachte der Vorstand des Ver-
eins, Architekt Stäche, den ersten Toast auf Seine Ma-
jestät den Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin
aus, welchem eine Reihe anderer Toaste: „auf den Staats-
minister von Schmerling, den edlen und geistvollen
Mann, der Wissenschaft und Kunst hochschätzt und zu
fördern stets bereit ist" (gesprochen von Karl Geiger),
„aus das Vaterland" (von Maler Conrad) und „auf
die Kommune Wiens (vom Maler F. Friebländer).

Hierauf sprach Herr von Schmerling folgeuder-
maaßen:

„Unter die wenigen Gaben, die mir das Schicksal ver-
liehen, darf ich einigen Muth zählen; doch ich bekenne,
daß mich der Muth heute etwas zu verlassen beginnt. Ich
habe nämlich in diesem Kreise, dem ick, ick darf es mit
Stolz sagen, als Mitglied angehöre, eine so freundliche,
so herzliche Aufnahme gefunden, es ist mir aus dem Munde
einer echten Künstlerin*) ein Lob geworden (Beifall), das
ich abzulchnen verpflichtet bin. Aber ich schöpfe doch aus
Allem den Muth, das Werk, das ich mit des Himmels
Schutz begonnen, muthig sortzuführen (Bravo, Bravo).
Den Steuermann des Schisses hat man mich genannt,
der auf der tobenden See seinen Laus zu vollenden hat.
Die See ist nicht so tobend, als man glaubt (Heiterkeit und
Beifall). Das Schiff ist auch eben nicht ein wankendes,
es bedarf vielleicht eines muthigcn, es bedarf nicht eines
ganz ungewöhnlichen Steuermannes. — Wohin mein Auge
sich wendet, ich erblicke nur Männer getragen von echt
patriotischem Gefühle. Jeder von ihnen ist stolz in dem
Bewußtsein ein Oesterreicher zu sein (Beifall), jeder von
ihnen trägt in sich das Bewußtsein, er habe mitzuwirken

*) Fräulein Bognar, k. k. Hofschauspielerin, welche das
Festgedicht gesprochen hatte.

an der Mission, die unser erhabener Kaiser über-
nahm, das Reich als Eines zu erhalten, es auf freiheit-
lichem Wege neu zu erbauen (Beifall).

Wo in den weiten Gauen in allen Männer- und Wei-
berherzen dieses Gefühl eines und dasselbe ist, da mag
das Schiff hie und da schaukeln, aber eS ist von keiner
tobenden See erfaßt und dem Steuermann mag es leicht
werden dahin zu wirken, daß es die Bahn, die regelmäßige
Bahn, die es in den sichern Hafen führt, nie verlasse (Bravo).
Das ist meine Mission, mithin eine Mission in bei Wei-
tem bescheidenerem Maaße mir gegeben, als sie ein freund-
licher Dichter gedacht, ein schöner Mund beredt ausge-
sprochen hat. Es wurde mir zugerufen: „Der Kapitain
ich bin's gewiß, es wird der Kapitain dir gern zur Ruh'
ein passend Plätzchen schenken". Rein — der Kapitain
des Schiffes, dem wir bereits ein begeistertes Hoch ge-
bracht. er wird die Bitte seines Steuermannes erhören,
er wird der Kunst nicht ein kleines Plätzchen gönnen, er
wird ihr Tempel bauen (Stürmischer anhaltender Beifall).
Daß es so werde, will ich kein Ehrenmitglied, ein wirk-
liches Mitglied dieses Vereines sein (lang andauernder
Beifallssturm) — an dem heutigen Gründungsfeste, indem
ich ein Hoch aus tiefer Brust meinen theuren Freunden
den Künstlern Wien's ausbringe — sie leben hoch!
— (Stürmischer Beifall).

Am Schluß dieser herzlichen Ansprache, welche oft von
lauten Beifallsrufen unterbrochen wurde, war der Enthu-
siasmus unbeschreiblich. Sobald es wieder ruhig geworden,
sprach noch Dr. § eff er einen Toast auf das Gedeihen
des Künstlerhauses; worauf Architekt Schiedt „jene Män-
ner, welche sich um die Gründung der Genossenschaft be-
sonvers verdient gemacht haben", hoch leben ließ: „In
dieser feierlichen Stunde des ersten Gründungsfestes un-
serer Genossenschaft ist es an uns, Worte dankbarer An-
erkennung jenen Männern auszusprechcn, welche die Ver-
brüderung der beiden früher bestandenen Künstlervereine
und damit die Gründung der Genossenschaft bildender Künst-
ler zuerst angeregt, gefördert und durchgeführt haben.
Diese Männer haben bewiesen, daß sie nebst der Liebe
für Kunst ein warmes Herz für ihre Fachgenosten bewahren,
sie haben sich um die Entwicklung und den Fortschritt im
wiener Kunstleben ein dauerndes Verdienst erworben. Ich
bringe diesen Männern, unfern hochverehrten Mitgliedern
den Herren v. Siccardsburg,Stäche,Friedländer,
Grefe, End er und unserem geliebten Ehrenmitgliede
Herrn Dr. Hoffer hiermit ein tiefgefühltes herzliches
Hoch! — Professor Siccardsburg beschloß die Reihe
der Ansprachen, indeni er ein Wohl auf die rühmlichst be-
kannte Künstlerin Fräulein Bognar ausbrachte, die am
heutigen Abende die Kunstgenossenschaft zu großem Danke
verpflichtet hat.

In angeniesseneu Zwischenräumen erfreute ein acht-
stimmiger Männerchor die Zuhörer, und als der ernste
poetische Theil des Festes vorüber war, erheiterte die all-
gemeine fröhliche Stimmung, und ergötzte unser immer
bereitwilliges Mitglied, der Dichter M. A. Grand je an
durch ein paar köstliche, Witzfuukcn sprühende Humoresken,
und der bekannte Dichter Kaltenbruuner durch gemüth-
liche Borträge seiner volksthümlichcn Muse in obcröster-
reichischer Mundart. Erst gegen 2 Uhr Morgens verließen
der Herr Staatsmiuister und der Herr Bürgermeister den
beglückten Künstlerkreis, und so schloß ein echtes Künstler-
fest, welches durch seinen bedeutungsvollen Aufschwung
ein Blatt in derj Kunstgeschichte Wiens einnehmen wird,
und welches auf jeden Theilnehmer einen wohlthätigen,
erhebenden und mächtigen Eindruck hervorgebracht hat,
der ihm in unauslöschlicher Erinnerung bleiben wird.

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