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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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Was die projektirte malerische Ausschmückung des Mu-
seums betrifft, so bin ich glücklich, Ihnen miltheilen zu
können, daß Se. Majestät der König sich nicht nur dafür
auf's Wärmste interessirt, sondern auch, wie die Wahl der
kräftigen und bedeutungsvollen Zumpe'schen Entwürfe
beweist, welche einen Chklus von Darstellungen der „Ge-
schichte der christlichen Kunstkultur" enthalten, ein ernstes
und eingehendes Verständniß der großen Kunst Lcthätigt
hat, welches zn den schönsten Hoffnungen für die Weiter-
entwicklung unserer Kunstzustände berechtigt.

© Wien, 11. April. (Ausstellung des öster-
reichischen Kunstvercins.) Das einzige Historienbild
der diesmonatlichen Ausstellung „Calvin's und Servet's
letzte Unterredung im Gefängniß zu Gens 1533" von
Theodor Pixis in München ist ein Bild von sehr guter,
charaktervoller Haltung, dessen Motiv freilich mehr abstößt
als anzieht, weil der trübe geschichtliche Vorgang uns daran
erinnert, daß ein Calvin seinen Glaubensbruvcr Servet
wegen einer Meinungsdifferenz über die heil. Trinität hin-
richten lassen konnte. Sehr ahnungsvoll, freilich düster
genug, ist der Ausblick aus dem Fenster der Zelle, in wel-
cher die beiden Männer lebhaft diskutiren, um nur zu bald
hinauszutreten und im Morgensounenscheine ihren Streit
geschichtlich zu besiegeln. — Zwei religiöse Bilder von
Julius Hübner (in Dresden) erregen zunächst unsere
Aufmerksamkeit: „der heil. Stephan vor dem hohen Rathe"
und „Magdalena am Leichnam Christi." Gelungen im
Ausdruck ist die über den Leichnam gebeugte Magdalena,
auch in Rücksicht aus Haltung. Die „Scene vor dem ho-
hen Rathe" hat ebenfalls viel Bewegung, während ein paar
Portraits desselben Künstlers uns nicht sonderlich zu er-
wärmen vermögen.

Unter den Genrebildern sind Friedländer's „Stra-
tegen," v. Hagn's (in München) „Studirzimmcr" und
Hamann's (in Paris) „Er kommt" vortreffliche Leistun-
gen. In Friedländer ist es die bündige Charakteristik,
die uns wohlthut; inHagn die reizende Komposition, die
uns mannigfach fesselt; in Hamann endlich der feine
Ausdruck, der iu den harrenden Mädchen als leise kör-
perliche Unruhe zu Tage tritt. Wenn nur diese leichtge-
schürzte Franzosen-Muse nicht so süßlich wäre! — Ein
sehr derber, materialistischer Witz ist Reiter's „Wegge-
legtes Kind" — doch schön gemalt.

An Bildnissen lieferte Amerling einige sehr hübsche
Stücke, und heben wir namentlich seine „Ophelia" als ge-
lungen hervor, während eine „Muse des Trauerspiels"
wohl gedacht und gezeichnet, aber etwas schwer und un-
durchsichtig in der Farbe ist. — Gute Portraits sind fer-
ner die Aigner's, Felix's und Wailand's.

Zwei treffliche Landschaften mit Thieren sind Rud.
Koller's „Idylle aus dem Berner Oberlande" und
Schmitson's „Niederrhcinische Landschaft mit Vieh" —
letztere freilich im Sonntagsstaate jener bekannten Schleier-
Manier, die den Mangel an sorgfältiger Durchführung un-
ter manieristischer Unbestimmtheit zu verstecken sucht. —
Eine wunderbare Landschaft ist Oswald Achenbach's
„Monte Sorakte; Wallfahrer, von einem Gewitter über-
rascht"; wir sagen wunderbar, denn der erste Eindruck ist
wirklich überwältigend, und doch wird das Auge nicht
matt, hineinzusehen in diese herrlich bewegte, dräuende
Naturscene, deren Reiz nicht so sehr in dem wilden Los-
brechen der Elemente, als vielmehr in einer gewissermaaßen
elektrischen Spannung beruht, die kurz vor dem Ausbruche
des Gewitters einen Strom von greller Unruhe auszu-
gießen und für einen Moment zu fixiren scheint. — Ein
zweites Bild dieses hochbegabten Künstlers versetzt uns an
den „Molo Neapels," woselbst sich bei Mondscheinbeleuch-
tung eine lustige Volkssccne abspielt. Es beruht auf der Kon-
trastwirkung zwischen dem stillen Ernst der Nacht und dem
fröhlichen Treiben einer um ein Marionettentheater ste-
henden Volksmenge. Wie das Lampenlicht zum Mond-

schein, gerade so verhält sich diese Menschenschaar zu der
heiligen Ruhe der Nacht. — Ebenfalls von brillanter Wir-
kung ist eine „Norwegische Mondschein-Landschaft" von
Morten-Müller (in Düsseldorf), deren matt-dnftiger
Silberton von außerordentlicher Wahrheit ist. — Schir-
mer's (Karlsruhe) „Landschaft mit einer Mühle" hat
außer einer stilvollen Haltung, die sich jedoch mehr in der
einseitig dunklen Färbung als in anmuthiger Zeichnung
offenbart, nicht viel des Außerordentlichen in sich. — Mehr
oder weniger Gutes findet man endlich iu de» Landschaften
Krüger's und Vöscher's, beide talentvolle Manieristen,
denen man ein baldigstes Verlassen ihrer bisherigen Bahn
dringend anrathen möchte, da ihre Manier sich schon sehr
der Schablone nähert.

Unter den Handzeichnungen und Aquarellen heben wir
Machold's hübsch komponirte „Harald-Scene" — jene
nämlich, in der die Krieger Haralds von Waldnymphen
überfallen werden — und Rud. Alt's „Ansicht von Eat-
taro" lobend hervor.

ch Rom, im April 1863. (Ausgrabungen auf dem
Palatin.) Die französischen Ausgrabungen auf dem
Palatin nehmen das Interesse des Publikums in hohem
Grade in Anspruch und werden von demselben vielfach
besucht. Seit dem letzten Bericht dieser Blätter (1862
Nr. 52) hat man die Ausgrabungen auf der Westseite
fortgesetzt und ist da auf eine lange Reihe von Kammern
mit Spuren von Malerei und Mosaikböden gestoßen, die,
den Unterbauten angehörend, nur untergeordneten Zwecken
gedient haben können. Dicht vor dem Casino der Orti
Farnesiani, das jetzt der Konservator Herr Rose bewohnt,
hat man mancherlei Mauern, darunter eine halbrunde
Exedra, die sich an einen Korridor anschließt, gefunden,
deren Zusammenhang und Bestimmung sich aber nicht er-
mitteln läßt. Neben der Exedra führt eine breite, wohl-
erhaltene Treppe auf den Boden des alten Jntermentium,
das, wie früher erwähnt, erst durch Domitian bebaut wurde.
Außerdem hat die päpstliche Regierung*) so eben begonnen,
im Anschluß an die französische Ausgrabungen und zur
Vervollständigung derselben, in der Vigna Nussiner den
Clivus bloszulegen, der sich auf der Nordscite des Palatin
entlang vom Belabrnm nach der Nordost-Ecke hinaufzog,
wie er durch vorhandene Andeutungen und ältere Pläne
sicher anzunehmen ist. — Auch hat Herr Rosa jetzt sein
kleines Museum dem Publikum geöffnet; eö wird nur aus
Gegenständen gebildet, die auf dem Palatin gefunden sind
und ist deshalb besonders interessant, wenn sonst die ein-
zelnen Gegenstände oft auch nicht von besonderem Wertste
sind. Mitten im Saal stehen die schon früher erwähnten
Skulpturen, ferner ein später gefundener schöner Venus-
Torso (mit sogenannt nassem Gewände, wie ähnlich Sta-
tuen schon in Villa Borghese und Pal. Colonna und sonst
bekannt sind) und ein ganz kürzlich gefundener Bacchus-
Knabe, Fragment einer größeren Gruppe.

Ziemlich bedeutend und von besonderem Interesse ist
die Sammlung von Ziegelstücken. Einige architektonische
Fragmente (Fußgesimse und Thürcinfassung) dürften an
Feinheit und Sauberkeit der Ausführung in Marmor Alles
übertreffen, was man sonst von architektonischen Orna-
menten sehen kann. Außerdem sind noch mancherlei ar-
chitektonische Fragmente aufgestellt, kostbare Marmorstücke,
eine große Lampe von Thon, Fragmente von Terrakotta
Reliefs, Proben farbigen und gemalten Wandputzcs, kleine
Gegenstände von Glas mit trefflichster Patina, Elfenbein
Bronce :c. Ein ofsicieller Bericht über die Ausgrabungen
ist nach den Angaben des Herrn R o s a „Conservateur du
Palais des Cesars“ von Professor Hcnzen im Decembcr-
Hcft des Bulletino dell' Instit. arch. publicirt worden und
ein Auszug daraus in deutscher Sprache von demselben
Verfasser in der Beilage der Augsburger Allgem. Zeitung
vom 10. Januar 1863.

*) Giornale di Roma vom 3. April 1863.
 
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