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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0142

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am 2. Dezember daselbst ein, und nahm zugleich von
Wien einen größeren Auftrag mit. Er hatte für die.Pia-
ristenkirchc ein großes Altarblatt „Joseph Calasantius" zu
malen. Das Bild wurde in einer Höhe von 20 Fuß, mit
mehr als 30 Figuren, alle von 7 bis 9 Schuh Größe,
um den Preis von 500 fl. ausgeführt. In Folge eines
unglücklichen Mißverständnisses des Höhenmaßes stellte sich
dasselbe übrigens bei seiner Ankunft in Wien als um 1^
Fuß zu hoch heraus. Die Patres kamen hierdurch jedoch
nicht in Verlegenheit. Kühn amputirte man den unteren
Figuren die Beine, und damit war die Sache abgemacht.
Rahl lebte damals mit den Künstlern Koch, Wagner,
besonders Thorwaldsen, Reinhard und Riepen-
hansen im freundlichsten Verkehr. Namentlich rühmt er
des Letzteren herzliches Entgegenkommen, aus dessen Mit-
theilungen und Rathschlägen er vielen Nutzen gezogen zu
haben erklärt. Durch diese Umgebung, die Studien im Va-
tikan und den Verkehr mit einem Volke, dessen Typus so
sehr an die alte klassische Zeit erinnert, wurdeRahl's Jugend-
Ideal, das Altcrthum, wieder in den Vordergrund gerückt.
In dieser Epoche entstanden „Odysseus, dem Leukothca im
Sturme ihren Schleier reicht", ein Bild, das später als
Beitrag der Unterstützung der schleswig-holsteinischen Offi-
ziere gespendet wurde.

Jetzt schien sich eine Gelegenheit zu ergeben, das Reise-
stipendium, das nach dem Abgang Heinrich Schwemmin-
g er's von Rom in Erledigung gekommen war, zu erlan-
gen. Rahl kam um die Verleihung ein, erhielt jedoch von
der Wiener Akademie den Bescheid, daß er bereits so viel
gelernt und geleistet habe, als man gerechter Weise von
ihm verlangen könne, und daß man cs im Interesse der
Kunst für zweckmäßig erachte, ihm eine Bestellung auf ein
historisches Bild zu erwirken und daß Rahl einige Skizzen
historischer Darstellungen einscndcn möge, damit die Aka-
demie beim Kaiser die nöthigcn Schritte thun könne. Rahl
sendete drei Skizzen: „den gefesselten Prometheus", „Bacchus
und Ariadne auf Naxos" und „Odysseus beim König Al-
kinous." Er hoffte mit um so größerer Zuversicht ans ein
günstiges Resultat, als Wagner und Riepcnhauseu
sich mit großer Zufriedenheit über die Entwürfe geäußert
hatten. Die Wiener Akademie erkannte diese Skizzen aber
für unbrauchbar zu dem bestimmten Zweck und forderte
die Einsendung anderer und „besserer." Dadurch fühlte sich
Rahl empfindlich gekränkt und bat den damaligen Lega-
tionsrath Kestner um Rath und Unterstützung. Dieser
wirkte denn auch dahin, daß Rahl's Skizzen der Akademie
von San Lucca zur Beurtheilung vorgelegt wurden. Die
Akademie ging zwar als Korporation auf eine solche Benr-
theilung nicht ein, aber jeder einzelne Professor gab in
einem schriftlichen Gutachten dem Talente Rahl's ein
glänzendes Zeugniß, welche Gutachten dem damaligen
Protektor der Wiener Akademie, Fürsten Metternich, mit
der Bitte um Berücksichtigung vorgelegt wnrd.n. Metter-
nich erklärte in einem eigenen Schreiben an Rahl, daß
er die Verdienste seiner Kompositionen vollkommen aner-
kenne und sich freue, daß Rahl damit dem Vaterlandc
Ehre gemacht, daß er jedoch glaube, es wäre dem Mo-
narchen angenehmer, wenn Rahl einen Gegenstand aus
dem Mittelalter wählen und zur Beurtheilung einscndcn

würde. —

Das war die Veranlassung zur Entstehung von „Man-
freds Einzug in Luceria", welches bald darauf im Auf-
träge des Kaisers in einer Höhe von 17 und einer Breite
von 24 Fuß ausgeführt, aber erst 1847 vollendet und für
das Belvedere bestimmt wurde, jedoch nur, um das Schick-
sal seines Vorgängers zu theilen, denn es ruht an der
Seite desselben, vor Licht und Luft geschützt, in der Bel-
vederischen Unterwelt.

DerHistorienmalerei gegenüber war man zwar mit Ehren-
kränzen nicht zurückhaltend, vergaß aber oft für ihr tägliches
Brod zu sorgen. Rahl mußte auch jetzt wieder seine Lieblings-
muse verlassen und sich den Genre- und Kostümstücken, dann
derPortraitmalercizuwenden. Eins dieser Bilder, die„Wahr-
sagerin", wurde für die Galerie Liechtenstein in Wien
angekauft und von dem Vater Rahl's in Stahl gestochen.
Das Bild hat leider sehr gelitten; Ofenhitze hat es stark
zerrissen. Ein anderes Bild, des Künstlers Portrait, das
damals auf der Ausstellung in Rom großen Beifall fand,
wurde von dem Gesandten Kestner angekauft. Dieses
letztere Werk belebte wieder das Atelier des Künstlers.
Fremde aus aller Herren Ländern, Engländer, Franzosen,
Russen, Spanier, Deutsche wurden damals von ihm por-
traitirt. Ich erwähne nur Fürst Liewc», Baron Sak-
ken, die Ladies Montgommery, Falkoner und Dou-
glas, Sir Charles Lamb und Charles Roß, Graf Oro-
sinos und endlich Dr. Abendroth aus Hamburg, der
sich und seine Familie malen ließ, und dann die „Christen-
verfolgung in den Katakomben Roms" bestellte. Das Bild
wurde vor Rahl's Wiederkehr nach Wien, die ein Trauer-
fall veranlaßte, vollendet. Der Kupferstich nach demselben
wurde im Aufträge des Hofraths Auer von Christian
Mayer in Schabmanier ausgcführt. Der Heimgang sei-
nes hochverehrten Vaters führte Rahl 1843 wieder nach
seiner Geburtsstadt zurück, die er aber schon im nächsten
Jahr abermals verließ, um einer Einladung holsteinischer
Edlen nach Kiel zu folgen, die ihm schon im vergangenen
Jahre in Rom zugekommen war. Rahl malte dort etwa
zwölf Portraits, ging ans kürze Zeit nach Kopenhagen,
um die dortigen Kunstsammlungen zu sehen und beschloß
dann über Brüssel nach Paris zu gehen, wo Graf Ap-
ponyi, Gräfin Esterhazy, Karl Vogt, Herwegh,
u. A. von ihm gemalt wurden. „Ich habe, schrieb Rahl
damals einem Freunde, „bei verschiedenen französischen
Künstlern eine sehr freundliche Aufnahme gefunden, nament-
lich bei Ary S ch effcr, der mir über meinen „Odysseus"
große Komplimente mackte. „Im Ganzen, — schreibt er
weiter, — hat die französische Kunst in mir keinen Enthu-
siasnnls erweckt. Das Beste hat sie dem Studium klassi-
scher Künstler Italiens zu danken. Das eigentlich fran-
zösische Element hat mich nicht ergriffen. In den Dar-
stellungen aus dem Leben des Volkes und den Großthaten
der Nation, den militärischen Actionen zeigt sich wohl eine
gewisse Energie und Lebhaftigkeit und viel technisches Ge-
schick, allein im Vergleiche mit den Meisterwerken des sech-
zehnten Jahrhunderts ist mir diese Kunst doch sehr mate-
riell und ohne höheren poetischen Schwung erschienen. Ich
habe immer mehr Pikantes als Erhabenes, mehr Raffine-
ment und Berechnung als eigentlich künstlerische Bega-
 
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