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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0143

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bung und Begeisterung in ihren Werken gesunden, und
keine Lust verspürt, mich einer solchen Richtung anzuschlie-
ßen. Als Koloristen haben mich Robert Fleury und
Delacroix noch am meisten interessirt, besonders der
Letztere, dem ich den meisten Farbensinn unter allen Fran-
zosen zuerkennen möchte, in dessen Werken in der Biblio-
thek, der Deputirten-Kammer, („Schiff des Dante" rc.)
noch am meisten Wärme und Begeisterung zu finden ist,
der sich aber in Bezug auf Form und Auffassung einer
furchtbaren Verwilderung hingegeben hat."

In einem anderen Briefe äußert sich Rahl auf cha-
rakteristische Weise über die Galerie zu Versailles. „Das
Museuni zu Versailles," sagt er, „erschien mir als ein un-
erquickliches Konglomerat von einer Masse Schlachten und
Begebenheiten ohne jede architektonische Eintheilnng, ohne
ordnenden Gedanken, ohne alle Rücksicht auf die Bedeutung
des Objektes in Bezug auf das Format. Ein unerfreu-
licher Wust ohne Plan und Regel, und von keinem ande-
ren Geiste beherrscht. Nirgends ordnet sich die Geschichte
nach gewissen Perioden ab, aus der Alt- und Neuzeit
Frankreichs sind nur alle möglichen Schlachten und Ge-
metzel dargestellt, eine ewige Wiederholung von Mordtha-
tcn und keine Andeutung des Kulturzustandes und der
weltbewegenden Ideen dieses Volkes. Die ganze Variation
besteht in der Verschiedenheit der Waffen, woniit diese
Executionen ausgeführt werden; ob mit Bogen und Pfeil,
mit Schwert und Spieß, oder mit Kanonen und Muske-
ten. Es stünde wohl schlecht um den Ruhm der Franzosen,
wenn sie keine anderen Verdienste hätten, als diese Millio-
nen Mordthaten. So z. B. ist die „Schlacht bei Tours"
von Ary Scheffer, eine Begebenheit, welche den ara-

bischen Siegeslauf hemmte und über das Schicksal des
ganzen Abendlandes entschied, auf den mäßigen Raum
von 12 bis 15 Fuß und eine Anzahl von 10 Figuren be-
schränkt, während die „Smala" von Horace Vernet
einen Flächraum von 80 Fuß einnimmt. Die Darstellung der
Kreuzzüge ist so unorganisch und profan, und trägt so sehr
das Gepräge des ganz gewöhnlichen Bataillen-Stils, daß
diese Bilder keinen künstlerischen Genuß gewähren. Wenn
der herrliche Gedanke, der der Anlage dieses Museums zu
Grunde liegt, aus dem Kopfe eines wahren Künstlers ent-
sprungen, reiflich durchdacht und gegliedert worden wäre,
und dann die einzelnen Bilder mit Rücksicht auf die na-
tionale Bedeutung ihres Stoffes in Harmonie mit dem
Ganzen vertheilt worden wären, welch' ein reichhaltiges,
klares und lebendiges Bild der Geschichte Frankreichs
würde man mit der Hälfte der Gemälde erhalten haben!
Einen Hochgenuß dagegen gewährte mir die italienische
Schule im Louvre, wo ich mehrere Kopien nach Tizian's
„Grablegung", nach der „Hochzeit zu Cana" von Vero-
nese und der „Herodias" von Rubens anfertigte, dann
die herrlichen Werke des Altcrthums, die Venus von Me-
los, die Minerva von Velletri, die Statue des Achill und
so vieles Andere. Doch fühlt man beim Anblick aller
dieser Kunstwerke, daß sie in der Fremde und nicht in der
Heimath sind. Alles wirkt doch nur fragmentarisch. Wie
anders machen sich die Stanzen Raphaels und die Bilder
in der Sixtina, wo Alles in Harmonie zusammenstimmt.
Solche Sammlungen scheinen mir doch weit mehr geeignet
zum Unterricht für die Künstler als zur wahren künstleri-
schen Bildung des Volkes." (Forts, folgt.)

Korrespondenzen.

© Düsseldorf, 22. April. (Permanente Aus-
stellung). Von Camphausen war ein großes Bild
ausgestellt: „Friedrich der Große ans einer Parade bei
Potsdam". Gewiß ei» wunderliches Sujet, und doch war
es ein fesselndes, ja selbst ergreifendes Bild. Denn der
Schwerpunkt lag in dem vielsagenden Ausdruck auf dem
Gesichte des greisen Königs bei der Betrachtung seiner
alten Waffcngefährten, jener eisenfesten Bursche der Garde
die er vielleicht zum letzten Male an sich vorüberziehen sieht.
Mit feinem künstlerischen Sinne hat Camphausen es er-
reicht, daß das Auge des Beschauers immer wieder dahin
zurückkehrt, trotz der großen Masse der in Gold, Silber
und allerlei bunten Farben schillernden uniformirten Um-
gebung. Immer wieder fühlt man sich hingezogen zu jenen,
von einer wehmüthigen Freude überstrahlten wohlbekannten
festen Zügen des alten Fritzen. _ Aber auch in äußerlicher
Beziehung ist dies Bild unstreitig Camphausen'S Meister-
werk. Wie klar lagert der sonnige Tag ans allen Figuren,
wie bestimmt sind selbst noch der in der Ferne die Lokal-
töne auseinander gehalten! Da ist nirgends ein schwerer
Schattenton, nirgend ein ausfallendes Mittel gebraucht,
um die Figuren und Dinge von einander zu trennen.
Einen besonders wohlthuenden Eindruck macht die Equi-
page der Königin, welche durch ihre malerischen Motive
das einförmige soldatische Gepränge ans das Allerange-
nehmste unterbricht. Ich wünsche dem hohen Besteller des
Bildes von Herzen, daß er ebenso viel Freude an dem
Werke deö Meisters haben möge, wie dasselbe hier unter
unfern Künstlern erregt hat. — Bon A. Achenbach war
abermals ein „Westphälisches Motiv", eine Mühle, aus-

gestellt. Fast dünkt es mir aber, als ob dieser Künstler,
gewiß einer der tüchtigsten, sich hier und da durch sein
Talent zu einem Zuviel Hinreißen ließe; nicht in technischer
Beziehung — denn in dieser Hinsicht schloß sich dies neueste
Bild dem neulich so bewunderten vollkommen an — son-
dern in Bezug auf Durchbildung der Komposition. Hierin
blieb cs vollständig hinter jenem zurück. So macht es
mehr den Eindruck einer vortrefflichen Studie, als eines
in sich einigen Bildes; und darin liegt doch eigentlich für
solchen Meister ein schwerer Vorwurf. — A. Weber brachte
eine Landschaft, die wahrhaftig eine bessere Luft verdient
hätte. Selten oder nie hatte er den Ton im Terrain und
Bäumen so fein getroffen, ja hierin war das Bild eines
der feinsten, die ich überhaupt von ihm gesehen; nur la-
gerte darüber eine wirklich erdrückend schwere, blaue, harte
Luft, welche den ganzen Eindruck leider wieder zerstörte. —
Von Herzog ist ein „Wetterhorn" ausgestellt, in welchem
ich gern den Anfang einer ernsteren Richtung konstatiren
möchte; wenigstens sind darin entschieden jene coquetten
Mittel vermieden, an denen seine früheren Bilder so reich
waren. Auch die Durchbildung des Motivs ist einfacher
gehalten. Es wäre unverzeihlich gewesen, wenn ein solches
Talent im Manierismus untergegangen wäre. — Ein Künst-
ler, der im Vergleich zu den meisten hiesigen wenig pro-
toucirt, dann aber immer Gutes bringt, A. Bromeis,
hat „die Ruinen von Selinunt" in Mondbeleuchtung dar-
gestellt. lieber das Gewirre der Trümmer hinweg sieht
man hinaus in die glänzende See, in welche ein feinge-
zeichneter Gebirgszug ausläuft; darüber spannt sich der
Aether schimmernd in den Strahlen des Vollmondes: es

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