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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0154

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blättchen darin zu erkennen, sv daß er dadurch unter Um-
ständen ein grauschillerndeS Ansehen erhält; schwarz wird
er nur bei öfterem Gebrauch durch eingestäubte Kohle, die
wegen anderer Gründe dazu kommt, aber ans sich unwe-
sentlich ist. Dieser Formsand nun ist das einzige Mate-
rial, in welches sich Metalle von hohem Schmelzpunkte bei
Rothgluth gießen lassen; nur feinvertheilter Sand hat die
Eigenschaft, in feuchtem, wie in trockenem Zustande, sogar
in höchster Gluth regungslos seine Form zu behalten,
während Thon und Lehm sich beim Trocknen ziehen und
werfen und Gyps schon bei einigen hundert Graden zu
mehligem Staube zerfällt.

1. Der Aufbau der Form.

Der Hauptkörper der Figur wird behufs der Formung
auf eine große starke Eisenplatte gebracht, die drehbar um
eine Axe und etwas größer ist als die Plinthe der Figur.
Diese Bodenplatte ist dort, wo die Plinthe stehen soll, mit
einer Schicht von gebranntem Lehm und GypS bedeckt, so
daß diese die Eisenplatte nicht berührt; letztere ist mit
Gußmarken versehen.

Wenn nun nach den so getroffenen Vorkehrungen von
allen Seiten her feuchter Formsand über die Plinthe gegen
die Figur gedrückt wird, so sieht man wohl ein, daß der-
selbe die Form des Modells wiedergebcn muß. Aber wie
soll man ihn abnehmen? Um dieses möglich zu machen,
bringt man den Sand in einzelnen Stücken auf. Man
drückt also erst ein Stück hegen die Plinthe, klopft es fest
an, beschneidet es sorgfältig, sucht es vorsichtig mit einer
Art Gabel loszunehmen, beschneidet den Rand nochmals
und setzt es wieder an seinen Platz. Hierauf wird dieses
Stück mit Bärlappsamen, bepudert und ein neues Stück
Sand daneben gedrückt, angeklopft, beschnitten, losgenom-
men, fertig beschnitten und wieder hingesetzt. So fährt

man fort, ein Stück Formsand neben das andere zu setzen,
bis ein Drittel Abschnitt der Plinthe, die Figur hinauf
gleichsam mit Stücken belegt ist. Jetzt wird über sämmt-
liche Stücke eine große, 3 — 4 Zoll starke Gypslage ge-
gossen und ein entsprechendes Stück Eisen, eine Art Anker
eingelegt, welches nach außen hervorragt und mit Schrau-
benlöchern versehen ist. Dieses Gypsstück nimmt den Abdruck
der aufgelegten Sandstücke auf, so daß, wenn man das-
selbe zuerst und dann die einzelnen Formsandstücke ab-
nimmt, letztere sich neben einander hincinlegen lassen und
zusammen den Abdruck des Modells an der Stelle geben,
wo sie lagen. Nachdem man so gleichsam ein Segment
mit Sandstücken in Gypslage geformt hat, folgt die For-
mung des zweiten Segments in Formsandstückchen, darüber
kommt wieder eine alle umfassende Gypslage und endlich
auch das dritte und vierte Segment. Wird nun, nachdem
das Modell vollständig mit Fvrmstücken bedeckt ist, zunächst
jedes Mantelstück für sich abgcnonimen, und die dazu ge-
hörigen Formsandstücke vom Original gelöst, so können
sie in die betreffenden Mantelstücke eingelegt und mittelst
langer, feiner Drahtstifte in diese festgenagelt werden. Sie
werden dann mit dem Mantel gleichsam eine feste Masse
bilden. Daß ste nach Wegnehmen des Modells von der
Bodenplatte auf dieser etagenwcis, wie sich's gehört, auf-
gebaut nun gleichsam eine Hohlform des Modells der
Statue geben müssen wird, kann man jetzt leicht einschen.
Von Metall gegossen, müßte sie eine massive Kopie des
Originals geben. Aber größere Broncestatuten werden
nicht hohl vollgegossen, sondern, je nach der Größe nur
’A, Va, Vs Zoll, überhaupt so stark, daß sie sich selbst tra-
gen und genügend feststehen. Es wäre das massive Gießen
auch eine nutzlose Verschwendung eines kostbaren Materials.

(Fortsetzung folgt.)

Kunst-Literatur und Album.

Aus Franz Lachner's Leben. Komposition von Moriz
Ritter von Schwind.

Moriz v. Schwind, der geniale Meister der „sieben Ra-
ben und der treuen Schwester" ist, wie wir in seiner, in diesen
Blättern, Jahrgang 1859, mitgetheilten biographischen Skizze
gesehen haben, dem bayerischen General-Mnsik-Direktor Franz
Lachner seit Jahren, noch von ihrem Zusammenleben in Wien
her, auf das Innigste befreundet. Schon seit längerer Zeit trug
er sich mit dem Gedanken, des geliebten Freundes reichbewegtes
Leben zum Gegenstände einer größeren Komposition zu machen,
und Franz Lachner befindet sich nun iin Besitze einer mehr als
zwanzig bayerische Ellen messenden, säuberlich auf gutes Leinen
aufgezogenen Papierrolle, auf welcher der berühmte Künstler in
der Form eines Frieses eine lange Reihe von bedeutenden Mo-
menten aus Lachner's Leben dem Beschauer vorführt. Die außer-
gewöhnliche Schwierigkeit, die diesem Gedanken entsprechende Form
zu finden, hatte für einen Künstler von Schwind's Natur einen
unwiderstehlichen Reiz, und es gelang ihm dieselbe gleichsam spie-
lend zu überwinden. Der epische Stoff' erheischte von vornherein
eine epische Bchandlnngsweise; Thatsache mußte sich an Thatsache
in chronologisch-richtiger Folge anschließcn und die Art und Weise,
wie Schwind dieselben trotz ihrer inneren Verschiedenartigkeit,
lebendig und überraschend an einander reihte, macht diese Kom-
position zu einer der originellsten des originellen Meisters. Mit
unerschöpflichem Humor, der uns, im tiefsten Gemüthsleben wur-
zelnd, Thränen der Rührung wie der Freude entlockt, mit edler
Begeisterung für das Schöne, in welcher Sphäre des Lebens es
sich finden mag, führt uns Schwind die Schicksale einer ver-
wandten KUnstlerseele in ebenso anmuthiger wie naiver Weise vor
und verschont dabei weder Unnatur noch Thorhcit mit scharfen
Geißclhieben.

Dem überreichen Material hat Schwind die größte Einfach-
heit der Technik gegenüber gesetzt, indem er die Zeichnung mit
kräftiger'Feder hinwarf, nur hier und da leicht schraffirte, wohl
auch an einzelnen Stellen den Effekt durch Anwendung von Gold
und Silber erhöhte. Der Farbe bediente er sich nur ausnahms-

weise und vorwiegend da, wo dieselbe als belebendes Element be-
sonders humoristisch wirken mußte.

Und so wollen wir denn vor dem freundlichen Leser Lachner's
Leben anfznrollen versuchen. — Es war im Jahre 1804, als
Beethoven seine Sinphonia eröica schrieb und im bayerischen
Städtchen Rain nächst Donau und Lech Franz Lachner geboren
ward. So sehen wir denn Beethoven zwischen dem Doppelstamme
einer mächtigen Eiche sitzen, an deren Fuß die Donannymphe
und der an seinem schwäbischen Dreispitz leicht kenntliche Lech
lehnen. Das begeistert zum Himmel blickende Löwcnantlitz läßt
uns ahnen, daß er eben mit seinem gewaltigsten Werke sich be-
schäftigt. Im Hintergründe aber, durch Ideen-Association dem
urgewaltigen Genius nahe gerückt, liegt das Städtchen Rain,
aus Merian's bekanntem Buche sorgfältig abkonterfeit. — Das
erste Erscheinen Lachner's zeigt denselben als Kind am Klavier
thätig und leidend zugleich unter der Führung seines mnsikkun-
digen Erzeugers, dessen unerbittliche Hand ihm in die Haare
fährt. — Da ändert sich rasch die Scene: der eine der beiden
bekapptcn Frauenthürme, seinen Zwillingsbruder mit breitem
Leibe deckend, erhebt sich in voller Wucht und auf ihn zu fährt
ein Bancrnwägclchen, auf dem unser junges Mnsikgenie seine
erste Reise thut. — Des würdigen Lehrers Ett Hand erschließt
ihm ein neues Lehen, während Haydn's und Mozart's Geister
ihn freundlich umschweben. — Die Zeit der Prüfungen beginnt:
in sternebesäetem Mantel senkt sich eine nnrnderbar schöne Ge-
stalt, die „Göttin der Nacht", herab und leitet unfern Blick auf
ein in voller Thätigkeit befindliches Theater-Orchester, dessen
Mitglieder alle wundersamer Weise Lachner's Züge tragen, der
den Dirigentenstuhl einnahm und, wo es eine Lücke gab, dort
die Violine und den Contrcbaß, hier das Fagott und die Klarinette
ergriff, auch wohl die Pauken bearbeitete. —_ Doch die Extreme
berühren sich: der junge Mann, der dort eilfertigen Schrittes
die Stufen einer durch den Ungeschmack ihres' Stils jedem Mün-
chener leicht erkenntlichen Kirche — sie ist der Dreifaltigkeit ge-
weiht — hinansteigt, es ist Lachner, durchdrungen von Pflicht-
gefühl im Dienst des Herrn. Die Kirche bringt ihm Glück.
Ein katholischer Pfarrer, dem jungen Künstler entfernt verwandt,
 
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