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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0171

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dest Bildes ist dagegen von einer wahrhaft ergreifenden
Wirkung. — Herzog brachte ein „Alpenglühen"von einem
fast Rollmann sckcn Farbenreiz, doch schien mir, namentlich
in der hinteren Gebirgswand, das Vcrhältnist der Schat-
ten zu dem Lichte nicht richtig durchgesührt. Auch in der
Zeichnung sind Rollmann's Gebirgslinien feiner, wahrend
in Herzog's Bild doch gar zu viele linealgrade Striche
Vorkommen, über welche man leichthin mit Schlittschuhen
fliegen könnte, während man doch eigentlich mühsam den-
selben entlang „kraxeln" must. Völlige Hingabe an das
zu Schaffende, tiefste Versenkung in das Werk können
allein zu einer künstlerischen Thätigkeit führen; nicht
hexen — nein: zaubern (in des Wortes erhabenster Be-
deutung) ist des Künstlers Beruf. — In Mn nthe's „Schnee-
landschaft" ist bei einem feinen Farbensinn übrigens auch
etwas gefährlich Virtuoses in der Technik, worin wohl die
Ursache zu suchen, daß zwar sehr viel Schnee aus der
Erde, aber auch nicht eine einzige Flocke aus den Bäumen liegt.

Bon Landschaftlichem zu erwähnen wären noch zwei
Bilder von Sommer und Tait, zwei Schülern von
A. Weber, von denen des letzteren „Sonnenuntergang"
viel Schönes hat und jedenfalls einen tüchtigen Fortschritt
bekundet. — P. Franken hat zwei Bilder ans dem Kau-
kasus ausgestellt, bei deren einem, „Kosacken-Wachtposten",
Landschaft und Genre sich die Hand reichen. Die Mor-
gensonne scheucht den Nebel in die Gebirgsthäler; von der
beleuchteten Ebene her naht sich ein Wagen nebst Eskorte
dem durch einen Steinwall geschützten Posten, dessen Mann-
schaft mit Bereitung des Mahles beschäftigt ist. Es hätte
daö Bild nur an Interesse gewinnen können, wenn auf
die Komposition des Figuren-Motivs etwas mehr Auf-
merksamkeit verwendet worden wäre. Der Hergang der
Sache ist dock nicht klar genug dem Beschauer vorgeführt,
die vordere Gruppe kümmert sich so ganz und gar nicht
um die zwei, wie cs scheint, eben erst Angekommenen, und
umgekehrt diese nicht um jene. Hierdurch kommt zugleich —
und das ist das Schlimmste — eine gewisse Zerrissenheit
in das Ganze. Dieser Fehler ist vermieden bei dem zwei-
ten Bilde, weil hier die Staffage der untergeordnete Theil
ist. Trotzdem das Motiv des Bildes nicht so originell und
pikant ist, fesselt cs doch mehr als das vorherbesprochene;
und dennoch thun auch hier die Figuren, wenigstens der
Architektur, Abbruch durch ihre Größe. Das am Ufer-
liegende, an sich so schöne und dabei vortrefflich darge-
stcllte sortartige Gebäude wird erdrückt durch die in seiner
Nähe wandelnden Personen und durch den weit hinten
segelnden Kahn.

Im Genre brachte Otto Erdmann ein, nament-
lich durck seine Fortschritts in der Technik, erfreuliches
Bild, „Blindekuh", zur Ausstellung. Ein feiner Gesammt-
ton, vortrefflich gemalte Gewänder zeichneten dasselbe aus.
In Verbindung hiermit hätten die vielen sonstigen guten
Eigenschaften eine weit bessere Wirkung erzeugen müssen,
wenn der Künstler sich begnügt hätte, demselben weniger
exorbitante Verhältnisse zu geben. Denn Figuren in starke
Lebensgröße für Darstellung dieses so äußerst einfachen
Motives zu wählen, scheint mir ein Mißgriff zu sein. Daher
siel Manches unangenehm auf, was, in einem kleineren
Maaßstabe ausgeführt, nicht grade schlimm erschienen wäre.
— d'll n ker's „Kunstreiter-Garderobe" bietet auf einem eben-
falls sehr großen Flächenraume äußerlich Mehr: cs ist eine
ungeheure Masse von zuni Theil vortrefflich gemalten
Aeußerlichkeiten bunt durch einander gewürfelt; wo sich aber
die Intention einer künstlerischen Idee zeigen möchte, er-
scheint das Motiv kalt — vom zahnbeschmcrzten Hanswur-
sten bis zur weltbeschmerztcn Primadonna. Dabei herrscht
eine das Auge beleidigende Rücksichtslosigkeit gegen Linien
und Zeichnung. —

„Unser berühmter Mitbürger", I. Bayer!e, hat einen
„Vulkan" und einen „Merkur" in Eichenholz gehauen. Es
giebt Würmer, die dem Eichenholz sehr schädlich sind, na-
mentlich wenn dasselbe nicht gut behandelt ist.

f Nürnberg, den 22. Mai. (Beiträge zum Ger-
manischen Museum). Wennschon unsere Stadt durch
den ungewöhnlichen Reichthum an architektonisch merkwür-
digen Gebäuden ein weites Feld der Studien für junge
Architekten bietet, so gewähren die im germanischen Museum
zur Zeit schon vorhandenen Denkmäler der alten Kunst,
mögen cs Originale oder Abgüsse sein, noch eine besondere
Ausbeute au lehrreicher Anschauung für Lernende und be-
reiten dem kunstsinnigen Blick einen großen Genuß. Außer-
dem sind cs zahlreiche kunstgeschichtliche Zeichnungen, welche
die Aufmerksamkeit der Kunstfreunde verdienen. Zu unserer
Freude erfahren wir, daß die Sammlungen der letztbe-
zeichneten Gattung, wie sie seither schon durch das photo-
lithographische Institut von A. Burchard in Berlin
bereichert wurden, Aussicht aus eine ansehnliche Erwei-
terung haben, indem Herr Maler Berthold Woltze in
Halberstadt sich freundlichst bereit erklärt hat, für das
germanische Museum eine Sammlung von Photographien
der wichtigsten Baudenkmäler und Skulpturen von Halber-
stadt unentgeldlich herzustellen. Im Anschluß an diese
Mitthcilung bemerkt nun der Anzeiger für Kunde der
deutschen Vorzeit in Nr. 4 d. I.: „Würde dieses schöne
Beispiel reger Theilnahme an unseren Bestrebungen von
Seiten der Künstler anderer Städte des Vaterlandes die
verdiente Nachahmung finden, so würden wir unseren Plan,
eine Statistik der in Deutschland vorhandenen Denkmäler
herzustellen, in kurzer Zeit in Erfüllung gehen sehen.
Wir richten daher bei dieser Gelegenheit an Deutschlands
Künstler wiederholt die lehhafteste Bitte, unö zur Lösung
dieser wichtigen Ausgabe hülsreiche Hand zu bieten und
uns Zeichnungen oder Photographien derartiger Dcnkmäler
vaterländischer Vorzeit zugehen zu lassen und geben die
Versicherung, daß auck der kleinste Beitrag zu diesem
Unternehmen dankbare Aufnahme finden soll."

In der Ueberzeugung, daß alle deutschen Künstler, be-
sonders auch Photographen, von den aus ihren Ateliers
hervorgeheuden Abbildungen deutscher Kunstwerke gern ein
Exemplar für die Sammlungen unserer nationalen Anstalt
für Wissenschaft und Knust zur Disposition stellen, wie dies
die Buchhändler in so anerkennenswerther Weise mit ihren
Verlagsartikeln thun, und von dem Gefühl durchdrungen,
daß eine jede Stadt, stolz auf ihre altehrwürdigen Denk-
mäler verschwundener Zeiten, sich es zur Ehre rechnen
muß, durch Abbildungen ihrer Kunstschätze in den Samm-
lungen des gerniauijchen Museums vertreten zu sein,
können wir das von der Vorstandschaft an die deutschen
Künstler gerichtete Wort nur unterstützen und hoffen, daß
es überall williges Gehör finden wird.

■? München, den 20. Mai. (Kunstverein). Es
kann nicht oft genug betont werden, wie wünschenswerth
cs für Künstler wie für Publikum ist, daß bisweilen fremde
Kunstwerke hierher zur Ausstellung kommen. Für Beide
bringt die Beschränkung des Blickes auf einen ein für alle-
mal fixirten unwandelbaren Horizont große Gefahren mit
sich. Ein fremdes Bild in München erscheint immer als
ein „seltener Vogel," um mit Horaz zu sprechen, und so
war denn voraussehen, daß das Eintreffen von deBiefve's
„Gräfin Egmont" Sensation machen würde. Ihrem Be-
richterstatter war dasselbe schon um deshalb von höherem
Interesse, weil de Bicfve jener Schule angehört, aus
der nach der Ansicht Einzelner der deutschen Kunst alles
Heil kommen sollte. Daß aber eigcnthümlicher Weise zu
gleicher Zeit belgische Künstler von bedeutendem Rufe auf
Deutschland hinwiesen und nachträglich Hinweisen, als das
Land, dessen gedankenreichem Streben nachzueifern wäre,
das macht die Herren nicht im Mindesten stutzen. Eö ist
recht gut, daß ein am Schutzrahmcn klebender Zettel den
Beschauer ziemlich umständlich darüber belehrt, daß die
Frau mit dem schwarzen Kleide und antieipirten Wittwen-
schleier, welche mit thränengerötheten Augen und angstvoll
gerungenen Händen vor Gott im Gebete auf den Knieen

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