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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0226
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diesen Naturdruck Herstellen ließen, mit dem Pinsel dazu.
Durch dieses Verfahren kam er später aus seine wichtige
Erfindung des Farbensteindrucks. Später besuchte er zur
weiteren Ausbildung die Gymnasien in Bückeburg und
Rinteln, wobei er fortwährend zeichnete und malte, be-
sonders im Portraitfache. Zn Bückeburg betrieb er mit
mit vieler Liebe Mathematik beim Professor Breithaupt
und horte gerne alte Geschichte vom Professor Habicht.
Die im fürstlichen Schloß zu Bückeburg befindlichen schö-
nen alten Gemälde erregten seine lebhafteste Begeisterung.

Indessen hatte er sich entschlossen, sich dem Baufach zu
widmen und trat deshalb bei dem Baumeister Schüler
zu Rinteln in Pension, um spcciell das Baufach zu stu-
dircn. Mit besonderer Liebe erinnert sich Will). Zahn
aus seinem Aufenthalt in Rinteln an den Professor Stein,
der ihn und den jungen Wicderhold und Wippermann
(beide später Staatsminister in Kassel) in der Alterthums-
wissenschast unterrichtete, namentlich den Pausarias erklärte
und auf diese Weise bei ihm die Liebe zur antiken Kunst
weckte. Als im Frühjahr 1817 der Oberbaudirektor Jous-
sow aus Kassel nach Nenndorf kam und den jungen Künst-
ler kennen lernte, welcher gerade seinem Vater beim Aus-
malen des großen Kursaales behülflich war, und alle seine
Studien und Kompositionen sah, rieth er den jungen Wil-
helm auf die Akademie nach Kassel zu schicken. Dieser
Rath wurde befolgt. Im Jahre 1817 trat Zahn in die
kurfürstliche Akademie ein, welche er vom Herbste 1817
bis zum Frühjahr 1823 besuchte. Dort zeichnete und
malte er nach Gyps und nach dem lebenden Modell beim
Professor Range, modellirtc beim Bildhauer Professor
Ruht (dem Lehrer Rauch's) und studirte beim Bau-
meister Brom eis die Baukunst und beini Professor Ro-
bert die Perspektive. Außerdem unterrichtete ihn aus
Gefälligkeit der Oberbaudirektor Joussow, der ihn sehr
begünstigte, in der antiken Architektur und begeisterte ihn
für die antiken Kunstwerke, besonders für die antiken Ma-
lereien ans Herkulanum und Pompeji; Denkmäler, für die
er also schon in Kassel schwärmte und deren Erforschung
später die Hauptaufgabe seines Lebens werden sollte.

Einige Fragmente antiker Malereien aus Herkulanum im
kurfürstlichen Museum zu Kassel, welche der Landgraf
Friedrich mit mehreren bedeutenden Antiken aus der
Sammlung des Prinzen Elboeuf gekauft hatte, erregten
sein Interesse im höchsten Grade und erweckten in ihm
immer mehr den Wunsch, bald die schönen Kunstwerke
in den antiken Städten Pompeji und Herkulanum bewun-
dern zu können. Aber dieser Wunsch konnte noch nicht
eher erfüllt werden, als bis er sich in seiner technischen
Ausbildung befestigt hatte. Er warf sich daher mit einem
glühenden Eifer auf seine Vorstudien, auf das Portrait-
malen, worin ihn besonders der Maler Weygandt, frü-
her Hofmaler des Königs Jcrome von Westphalen unter-
richtete, und auf die Komposition, worin ihn der durch
seine Sepiazeichnungcn berühmte Direktor Professor Aug.
Nahl leitete. Außerdem betrieb er das Zeichnen nach
dem lebenden Modell mit so viel Liebe, daß er, wenn er
Abends aus dem Aktsaale nach Hause kam, die an dem Tage
gezeichneten Akte in Lebensgröße auf große schwarze Lein-

wand mit weißer Kreide reproducirte und auf diese Weise
Monate lang die halben Nächte durcharbeitete. Auch Per-
spektive trieb er, und zwar mit solchem Eifer, daß er sei-
nen Lehrer nach einigen Monaten überflügelt hatte und
bald darauf ganz selbstständig zwei Theaterdekorationen
für das kurfürstliche Hoftheater in Kassel malte, nämlich
eine ägyptische und eine gothische Dekoration, welche noch
vor einigen Jahren daselbst erhalten waren.

In der kurfürstlichen Bildergalerie zu Kassel malte
Wilh. Zahn viele Kopien in Oel nach Rubens, Jor-
daens und anderen Meistern, welche großen Beifall hat-
ten und die er an fremde Kunstliebhaber zu guten Prei-
sen verkaufte. Von Kassel reiste er jeden Sommer auf
mehrere Wochen zu seinen Eltern nach dem Bade Nenn-
dorf, wo er Portraits in Sepia, Aquarell und Oel, auch
Ansichten nach der Natur für reiche Engländer und Rus-
sen, die daselbst zur Kur waren, malte. In Nenndorf
lernte er außer dem Staatsrath Hufeland den Staats-
minister Fürsten Wittgenstein aus Berlin näher kennen,
die sich namentlich auch für den jungen Künstler und für
seine Erfindung des Farbensteindrucks, mit der er sich
schon damals beschäftigte, interessirten. Auch wollte ihn
schon damals Fürst Wittgenstein bewegen, nach Berlin
zu kommen, um diese wichtige Erfindung daselbst praktisch
zu verwerthen, aber Zahn wollte erst zur weiteren Aus-
bildung nach Paris und Italien. Er reiste mit seinem
Bruder Georg, der auch Maler war, und mit dem Ma-
ler Wilhelm Rahl nach Paris, wo er die königliche
Akademie und außerdem die Ateliers von Gros für Fi-
gurenzeichnen und Malen, das Atelier von Chatillon
für Architektur und das Atelier von Berlin für Land-
schastsmaleu besuchte. Auch hier war er außerordentlich
fleißig, beschäftigte sich auch außerdem daselbst noch mit
Dekorationsmalerei bei einigen Theatern, wobei ihm die
nähere Bekanntschaft mit den Herren Daguerre und
Bouton sehr förderlich war. Ende Oktober 1824 trat
er endlich seine erste italienische Reise an, und zwar über
Lyon durch Savoyen über den Mont Cenis, Turin, Mai-
land, Florenz nach Rom. In Rom, wo Wilh. Zahn
an Thorwaldsen durch den Grafen Rantzen aus Ko-
penhagen und an Guerin, den Direktor der französchen
Akademie, von Paris aus empfohlen war und die freund-
lichste Aufnahme fand, verlebte er den Winter von 1824/25,
machte daselbst viele Studien im Vatikan, auch nach den
antiken Malereien in den Thermen des Titus und der
Livia und auf dem Forum und reiste im Frühjahr 1825
nach den Osterfeierlichkeiten nach Neapel, wohin er sich
seit frühester Jugend gesehnt hatte: Hier mit den besten
Empfehlungen angelangt, war er nun ganz glücklich.

Längere Zeit schwelgte er in den schönen Umgebungen
des herrlichen Landes, und ließ sich endlich häuslich in
Pompeji nieder. Er bezog ein antikes Haus und es be-
gannen nun seine ersten Studien zu seinem späteren gro-
ßen Prachtwerke über Pompeji, Herculanum und Stabiae.
Den Spätsommer und Herbst brachte er zur Weiterfüh-
rung seiner Studien in dem damals noch in Portici vor-
handenen Museum zu Neapel zu.

(Forts, folgt.)
 
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