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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0318

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302

lena, Alexander und Roxane, endlich Kleopatra zwischen
Cäsar und Antonius. Den Dichter-Reigen führen Orpheus
und Euridice, Anakrcon, dein Cupido die Lyra bekränzt,
Sappho mit ihren Freundinnen Myrtis, Phyllis und Bau-
cis und zuletzt die römischen Liebesdichter Catull mit Lesbia
und Ovid.

Die Gruppe der Künstler bilden Apelles, der Schöpfer
der Venus Anadyomene, Praxiteles, die Phryne ent-
hüllend, und Raphael, die Fornarina malend, von Amor
unterrichtet. Den Schluß macht Goethe, seine Vorgänger
betrachtend. Liebesgötter mit ihren Attributen, einer Sand-
uhr, einer Keule im Arm, einem Helm unter dem Fuß,
mit einer Taube tändelnd, die Lyra spielend, mit Meißel
und Palette versinnlichen die Allgewalt der Liebe. Diese
Figuren sollten zwischen den Feldern des Frieses plastisch
ausgeführt werden.

In demselben Jahre wurde auch die Farbenskizze des
stk er o fertig. Im Gegensatz zu den wohlbekannten Dar-
stellungen dieses Gegenstandes von Kaulbach und Pi-
loty läßt Rahl das kaiserliche Ungeheuer im weiblichen
Kleide, mit Rosen bekränzt und die Lyra spielend, an der
Seite seines ihm als Gemahl angetranten Favoriten, auf
einer Bahre, umgeben von Tänzerinnen und Schmeichlern,
durch das brennende Rom tragen. Die Apostelfürsten
müssen durch ihr Martyrium den Mann ergötzen, und die
ans Holzstößen brennenden Christen als Fackeln den gräu-
lichen Triumphzug beleuchten.

18 61 begann Rahl die Komposition der vier Bilder
aus der griechischen Heroenzeit, welche Baron Sina für
den Festsaal seines Palastes bestellte. Sie stellen dar „die
Befreiung der Andromeda durch Perseus", „den Raub des
goldenen Vließes durch Jason", „die Entführung der He-
lena durch Paris" und „die Errettung Iphigeniens durch
Diana". Diese Bilder sind heute ihrer Vollendung nahe.
Es bleibt kein Zweifel, daß sie die Nachwelt den Meister-
werken der modernen Malerei beizählen wird.

In demselben Jahre wurden in dem von Hansen
architektonisch umgestalteten Thorweg des Sina-Palastes
von Eisenmenger und Griepenkcrl die Künste und
die vier Jahreszeiten, und in dem Speisesaale daselbst die
vier Elemente nach den Entwürfen ihres Meisters ul frcsco
gemalt.

Inzwischen war auch Drasch e's „Heinrichshof", der
gefährliche Gegner des künftigen Opernhauses, fertig ge-
worden. Hansen hatte es beim Bauherrn durchgesetzt,
daß die Fayaden des Baues ringsum durch eine FreSken-
zier einen künstlerischen Abschluß erhalten sollten, und
Rahl erhielt die Aufgabe, an den Oberstöcken des Central-
baues und der Flaukenthürme gegen den Ring zu je vier
Figuren auf Goldgrund zu malen. Durch die Beihilfe
seiner Schüler Lotze und Eisenmenger hatte Rahl
im Verlaufe eines Monats (Oktober 1862) diese Aufgabe
bewältigt. Auf leuchtendem Goldgrund erscheinen am
Mittclbaue die Lyrik und das Epos, darüber Musik und
Tanz, an dem linken Thurme die Architektur und die Kom-
position mit der Komödie und Tragödie darüber, au dem
rechten die Skulptur und Malerei, über denselben die Elegie
und der religiöse Gesang.

Heute gewinnen schon die Gruppen der großen Cimbcrn-

Schlacht, welche der Künstler für den Freiherrn v. Schack
in München zu malen unternommen hat, mehr und mehr
an Vollendung: Marius' Sieg am 29. Juli 102 in der
Po-Ebene über den ersten deutschen Heldenstamm, der Rom
furchtbar geworden, die vollendete Niederlage der Männer,
die wilde Verzweiflung der Weiber, welche todestrotzig
die Wagenburg gegen das heranstürmende Römerheer ver-
theidigen.

Auch der Ruf der Religion ergeht wieder an den Künstler.
Gegenwärtig haben seine Schüler Eisenmenger und
Lotze die Ausführung der Patrone der erzhcrzoglich Rai-
ner'schen Familie in der Kapelle des von Hansen völlig
umgestalteten Schlosses des Erzherzogs Leopold zu Horn-
stein vollendet. Wichtiger als dies jedoch ist der Ruf
zur Ausführung eines anderen Fresken-Werkes: der Aus-
schmückung der Decke im Stiegeuhause des Waffenmuseums
mit drei Ruudgemälden, die im künftigen Jahre fertig
sein sollen.

Ein weiteres Werk ist die Paris-Mythe, welche Hr.
Todesco für den Prunksaal seines Palastes bestellte, und
endlich die Darstellung des Argonautcn-Zugs. Die Zeich-
nungen und Farbeuskizzen zu der ersteren sind vollendet,
und soll im Herbst oder nächsten Frühjahr mit der Wand-
malerei begonnen werden. Für die Decke ist bestimmt das
große Mittelbild „Urthcil des Paris", umgeben von sechs
kleinen Bildern: der Eris, der trauernden Troja der
Nemesis und des Fatums, dann von den Symbolen
des Glücks und der Hoffnung. In den 9 Friesbildern
der Hinterwand und der beiden Seitenwände werden dar-
gestellt: Hierophile, welche der Fürstin Hekuba den
Traum von der brennenden Fackel erklärt und ihr Kind
als die Ursache des Untergangs von Ilion bezeichnet; die
Aussetzung des Paris, der von einer Bärin gesäugt und
von Hirten gefunden wird; des Helden erste Liebe zur
Nymphe Oenone, der Tochter eines Flußgottcs; Paris
flüchtet sich vor Hcktor an den Altar des Zeus und wird
von Kassandra als Bruder erkannt; die Entführung der
Helena; diese zürnt dem Geliebten, weil er vor Mene-
laus aus der Feldschlacht geflohen, und wird von Ky-
pris wieder versöhnt; Tod des Achill; Paris, von
Philoktet verwundet, wird sterbend zu Oenoneu getragen,
die er um Heilung anfleht, die ihn aber verwünscht.

Bon dem Argonauten - Zuge sind erst die Fricsbilder,
20 an der Zahl, in den Zeichnungen vollendet. Die Decken-
gemälde der drei Salons, in denen diese Bilder vertheilt
werden, sind jedoch.noch nicht entworfen. Ich kann hier
nur kurz den Inhalt der 8 größeren und 12 kleineren
Darstellungen erwähnen, an welche Rahl den reichen
schönen Stoff der Mythe vertheilt hat.

Jason erscheint vor seinem am Altar des Poseidon
opfernden Oheim Pelias und wird von diesem beauftragt,
das goldene Vließ zu holen. Die Gefährten Jason's
leisten den Schwur, ihm bei diesem Unternehmen beizu-
stehen. Die Argonauten i» der Höhle des Chiron und
Wettgesang zwischen diesem und Orpheus. Abschied von
de» schönen Frauen auf Lemnos. Kampf mit den Do-
lionen. Raub des schönen Hylas durch die Nymphen,
Zweikampf zwischen Pollux und dem König der Bebryker.
Verjagung der Harpyen von dem Tisch des weisen Phi-
 
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