Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0386

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
370

begab er sich zuerst in die dortige Kirche Johannes des
Täufers, ritt dann zur Kirche der TheotokoS in den, Klo-
ster der Abramilen, und kam hierauf an das goldene Thor,
wo der feierliche Zug seinen Anfang nahm. Wie kann
man glauben, daß der Kaiser von den Blachernen erst seinen
Weg zu dem goldene» Thore an der Südwestccke der Stadt
genommen haben sollte, um von da aus den Zug nach
der Sophienkirche zu machen! Man könnte sagen, daß
die alte Triumphstraße, die man noch jetzt auf jedem Plane
von Konstantinopel erkennen kann, von dem goldenen Thore
nach der Sophicnkirche ging. Aber grade dieser Umstand
spricht dafür, daß der Kaiser seinen Sommerpalast eher
an der Hauptstraße gehabt haben wird, als in einer Ge-
gend , wo in der That keine gute Verbindung mit dem
Palast in der Stadt gewesen zu sein scheint. Es ist dem-
nach nicht zu bezweifeln, daß der Palast in Hebdomo an
dem Marmora-Mcere und zwar an der Straße lag, welche
von dem goldenen Thore nach Rhegium führte, dem Hanpt-
kriegöhafeu, wo nach Konstantin Porphyrogenitns die sieg-
reich heimkehrcnden Kaiser zu landen pflegten; und man
kann vielleicht sogar den Ort nccb genauer bestimmen,
wenn man sich erinnert, daß der Palast durch ein Vor-
gebirge oder eine Landzunge geschützt wurde, welche sich
in das Meer hinein erstreckte. Die Belege zu dem Allen
findet man bei Du Cange Constantinopolis christiana 2, 16.
§. 46. p. 173-174.

In dem Palaste des Hebdomon gab cs eine Oertlich-
keit, die den Namen der Magnaura trug. Es sei bei-
läufig gesagt, daß dies nicht jener mehrfach unter dem-
selben Namen erwähnte Palast ist, in welchem der Thron
des Salomo mit den brüllenden Löwen und der goldene
Baum mit den singenden Vögeln stand, und wo die frem-
den Gestandten empfangen wurden. Denn diese Magnaura
lag, wie zuerst Labarte in seiner Arbeit über den Kaiser-
palast in Konstantinopel gezeigt hat, in der Nähe des Pa-
lastes und der Sophienkirche, und der Kaiser hatte von
dort aus einen besonder» Gang', auf deui er ungesehen
sich in die Kirche begeben konnte.

Was war nun aber der Tekfur-Serai. Ein dreistöckiger
Bau ist es, so zwischen der doppelten Stadtmauer cinge-
fügt, daß seine östliche und westliche Langseite auf den
Mauern selbst ruhen. Das Erdgeschoß bildet eine Säu-
lenhalle, die von der schmalen Nordseite durch zwei Dop-

pclthore zugänglich ist. Darüber das Zwischengeschoß,
jetzt von erbärmlichen Wohnungen spanischer Juden be-
wohnt. Das oberste Geschoß, jetzt ohne Deichs scheint einen
einzigen Saal von 74 Fuß Länge, 33Vs Fuß Breite und
20 Fuß Höhe gebildet zu haben. Die beiden obern Stock-
werke hatten wahrscheinlich nur von den Stadtmauern aus
Zugänge, und nach der Stadtseite zu ist längs der Ost-
seite ein Altan auf Kragsteinen ausgelcgt.

Diese ganze Anlage erinnert an die bekannten festen
Paläste oder Säle des Mittelalters, die zu größerer Sicher-
heit über einem der Erdgeschosse aufgeführl und nur durch
leicht zerstörbare hölzerne Treppen zugänglich waren. Man
erinnere sich des Palastes des'Königs Etzel im Nibelungen-
Liede. Der Dichter könnte das Tekfur-Serai geradezu
vor Angen gehabt haben. Der Lage nach würde es ganz
passend sein, hier eine Kommandanten-Wohnung für den
Befehlshaber der Besatzung anzunehmen, welchem die Ver-
theidignng der Stadt an dieser Stelle anvertraut war.
In der That wird ein Kastellion in den Blachernen er-
wähnt, welches zum Schutze res dortigen kaiserlichen Pa-
lastes erbaut war, und von dem ausdrücklich gesagt wird,
daß Kaiser Manuel Comnenus dasselbe gleichsam gepan-
zert in die Stadtmauer hineingebaut habe (Du Cange 2, 5.
§. 7. p. 131). Alan wird kaum zweifeln können, daß
eben dieses Kastell in dem Tekfur-Serai erhalten ist.

Damit ist nun auch die Zeit der Errichtung dieses Ge-
bäudes bestimmt. Manuel Comnenus starb 1179, und
für eine so späte Zeit sprechen mancherlei Besonderheiten
des Baues, wie sie Salzenberg (altchristl. Baudenkmale
von Konstautinopcl, S. 126—128, Bl. 37 38) uns vor-
führt, einerseits die Benutzung von altem Material, wobei
sogar eine ans den Kopf gestellte Inschrift vorkommt, an-
dererseits die Bemühung, ans eine zierliche Weise zu orna-
meutiren, wobei abgesehen von den verwandten älter»
Säulen und Kapitälen allerlei den älter» byzantinischen
Bauten fremde Mittel angewandt werden, wie namentlich
die gemusterte Bekleidung von Ziegel- und Marmorsteinen,
die gekuppelten Säulen, die Boaeneinfassung mit grün-
glasirten thönernen Töpfchen. Es zeigt sich hier das
schwache Aufstreben der Komnenen-Zeit nach dem tiefen
Verfall, der unter den Nachkommen Justinians sichtbar ist
und nur unter dem Macedonier Basilius einmal eine vor-
übergehende llnterbrechnng erfährt. Prof. F. W. Unger.

Kunst-Literatur und Album.

I. Kunstlittratur.

Acsthetik. — Geschichte. — Technik.

Statistik der deutschen Kunst des Mittelalters »nd des

16. Jahrhunderts. Kunst-Topographie Deutschlands.
Ein Haus- und Reisehandbuch für Künstler, Gelehrte
und Freunde der alten Kunst mit specieller Angabe
der Literatur. Von Dr. Wilhelm Lotz. 2 Bände.
Kassel, Th. Fischer. 1862. 1863. Gr. 8.

Anknüpfend an Das, was wir in d. Bl. 1862, S. 119 auf
Grund der beiden ersten Lieferungen dieses Werkes über dessen
Inhalt, Einrichtung und stoffliche Behandlung gesagt haben, ist
es nunmehr nach dessen vollständiger Beendigung unsere ange-
nehme Pflicht, einen Rückblick aus die Gesammtlcistung des Ver-
faflers zu werfen. Zunächst ist es dankbar anznerkennen, daß
derselbe den ihm von manchen Seiten, auch von uns, ausgesproche-
nen Wunsch, die Miniaturen noch zu berücksichtigen, erfüllt hat.
Sie sind im ersten Bande (Norddeutschland) von A bis Köln in
die Nachträge gesetzt, von Köln an gehörigen Orts cingereiht
worden. Sodann läßt sich im Allgemeinen bemerken, was freilich
ganz natürlich ist, aber von dem Eifer und der Umsicht des Ver-
fassers ein rühmliches Zeugniß ablcgt, daß je weiter gegen das
Ende des Werkes hin der Reichthum an Ocrtcrn und erwähn-
ten oder beschriebenen Denkmälern desto größer geworden ist.
Mußten dem Verfasser doch im weiteren Verlaufe seiner Arbeit
durch immer neue Forschungen und iinmcr neu hinzugezogcne

und hinzukonimcnde literarische Hülssmittel nothwcudig auch im-
mer neue Denkmäler kommen, so daß wir das der Vollständig-
keit schon früher gespendete Lob noch in erhöhtem Maaßc aus-
zusprechen haben. Das Wenige also, >vas int zweiten Bande
als Nachtrag erscheinen mußte, war größtentheils eine uoth-
wendige Folge von dem Erscheinen der ersten Hälfte von Sig-
hart's „Kunst in Bayern", der nunmehr nach Vollendung des
Lötzschen Werkes vor wenigen Wochen «»dp die zweite Hälfte
gefolgt ist, die mithin noch nicht berücksichtigt werden konnte.
Diese Ucberzeugung, daß in Folge des noch jugendlichen, im Auf-
schwung begriffenen Studiums der Archäologie des Mittelalters
die nächsten Deccnuien dem vorliegenden Werke noch eine große
Reihe von Nachträgen bringen werden, hat ihre in Bezug auf
dieses Werk zwar unangenehme Seite, ist aber in der Wirklich-
keit doch nur erfreulich. So wüßten wir in der Vollständigkeit
der Oerter nur Weniges uachzutragen. Uebergangen tft z. B.
die gedruckte „Inhaltsangabe der dem historischen Verein für
Niedersachscu überlieferten Beschreibungen vaterländischer (hannö-
verscher) Kirchen nebst Zubehör", eine Reihe von 469 Kirchenge-
bllndcn, von denen die bei weitem geringere Zahl mittelalterlich
ist oder zu sein scheint, denn in vielen Fällen geht ans der kur-
zen Beschreibung nichts über den wirklich mittelalterlichen Ur-
sprung der Kirchen hervor. Indem wir cs dem Verfasser tiber-
lassen, das Nöthige ans jener „Inhaltsangabe" zu excerpiren, fü-
gen wir nur aus den uns zugckommcncu schriftlichen Nachrich-
ten folgende Notizen hinzu: 1) Rodenkirchen bei Strohhauscn,
linkes Weserufer, rom. Kirche, einschiffig, niit stark vorspringcn
den Kreuzarmen, die wahrscheinlich kleine Apsiden hatten, wie
 
Annotationen