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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0398

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382

Korrespondenzen.

U Leipzig. Ende November. (Permanente Ge-
mälde - Ansstellung von Pietro dcl Vecchio.)
Nach dem Eintreffen von Bleibtreu's Gemälde „Karl der
Große stürzt die Jrminsäule," das bei Gelegenheit seiner
Ausstellung in Berlin in Ihrer Zeitung bereits besprochen
wurde, ist in der Historienmalerei Nichts ausgestellt wor-
den, das von einiger Bedeutung wäre. Auch das Portrait
war nur spärlich vertreten. Zu erwähnen sind einige Stu-
dienköpfe von C. Pah ne und ein „Rsnckor-vous “ von
Th. Hellwig in Berlin, das ein weibliches Brustbild a la
rococo, von hübschem Inkarnat darstellte. Der Zahl nach
weist das Genre manche Werke auf. Der größte Theil be-
wegt sich jedoch in den alten abgebrachten Motiven, mit mehr
oder weniger neuen Zustutzungen, ohne besondere originelle
Auffassung und können hier, wie auf anderen Ausstellun-
gen, die herrschende große Gedankenarmuth unserer Gen-
renialer nicht verbergen. Nur wenige Bilder machen eine
Ausnahme hiervon.

In „Eine sehr wichtige Neuigkeit" führt uns Franz
Schams in Wien den verschiedenen Ausdruck alter Jung-
fern vor, welche von einer eben erst eingetretenen Kaffee-
schwester die neue Neuigkeit vernehmen, Recht scharf ist
in dem Bilde jede der einzelnen Figuren gezeichnet: die
Erzählerin sowohl wie die zuhörende Gesellschaft mit der
Schafsphysiognomie des einzigen männlichen Gastes und
endlich dem horchenden Bedienten. Das Bild hat —
was man heut zu Tage nicht oft findet — vortreffliche
Pointe. — Eine mehr häuslich-gcmüthliche Scene in welcher
der Kaffee ebenfalls eine Rolle spielt, zeigt K. Bergslin
in Düsseldorf in seinen „Kaffeeschwestern." Bon der
Großmutter bis zu den kleinen Enkeln herab sitzen die
weiblichen Mitglieder einer norwegischen Bauerfamilie um
den niedrigen Heerd versammelt, während eine Nachbarin
eine Geschichte zum Besten giebt. — Recht rührend schil-
derte Waldemar Philipp! in Berlin in seinem Bilde
„Verlorene Liebe" den männlichen Seelenschmerz. Nach
überstandener Militairzeit ist ein junger Landmann zum
väterlichen Hause znrückgekehrt. Während er eben von
der körperlichen Arbeit auszuruhcn gedenkt, tritt durch das
Gatterthor des Bauernhofes der Gegenstand seiner Liebe,
ein junges Mädchen, mit Gesangbuch. In den Zügen
des früher» Geliebten lesen wir, wie traurig und
tief der Schmerz sein Inneres durchstürmt, welch' schöne
Hoffnungen er verloren, wie hoch das Glück gewesen, von
dem er geträumt. Das Bild hatte Etwas, was den Be-
sckauer immer wieder zu sich hinzog, ihn fesselte, um so
mehr bedauerten wir die kürze Zeit der Ausstellung dessel-
ben. — Fast gar keine Interesse konnten wir einem an-
deren Bilde von Jules Boulanger in Brüssel, „der
entwischte Vogel", abgewinnen, da es den Eindruck macht,
als ob dem Künstler bei Darstellung desselben höchstens nur
darum zu thun gewesen, den Kontrast zwischen weißem
und schwarzem Kleidnngsstofse vor Augen zu führen.
Eine Dame in weißem Atlaskleide mit schwarz sammtnem
Oberrock lockt in einem Zimmer einen dem Käfig entflohe-
nen Kanarienvogel, während ein Knabe ihren Bemühun-
gen zusieht. Das Bild hat routinirte Mache, eine sehr
saubere, zugleich geleckte Behandlung und — Nichts
weiter. — „Die Zitherschlägerin" von A. Ni sins in Königs-
berg ist ein recht ent>Mchendes Bild^Lll häuslicher Glück-
seligkeit.

Die Landschaft ist durch mehrere recht tüchtige Leistun-
gen vertreten. Zunächst nennen wir ein älteres kleines
Bildchen von Andr. Achenbach in Düsseldorf „Strand-
scene" mit einer vorzüglich gemalten Luft und schöner
Zeichnung der Wolken. Einen gewissen Eintrag erleidet
das Bild durch die bedeutende Nachdunkelung des etwas
coulissenartig sich aufbauenden Vordergrundes, der dadurch
zu schwer erscheint. — Von klarem, fast durchsichtigem
Tone ist „Die Bucht von Korinth" von L. Rottmann.

Ein größeres Landschaftsbild sandte Hugo Knorr in
Königsberg: „Harzlandschaft bei nahem Gewitter." Groß-
artig gedacht, fesselt es durch seinen Ton in Luft und
Ferne, tiefe saftige Farbe des Vordergrundes und kräftige,
breite Behandlung. — Von W. Portmann in Düsseldorf
waren zwei Werke, beide nur auf kurze Zeit ausgestellt.
Zeigten sie uns wieder die Vorzüge dieses Künstlers, so
war doch sein „Thal von Chambcry" nicht frei von jenem
strengen Beigeschmack der Potraitlandschaft, weshalb das
andere Gemälde „Seelandschaft aus Savoyen", in dem
diese Eigenschaft weniger hervortrat, größeren Beifall
fand. Ist es gestattet, hierbei noch eine Bemerkung ein-
zuschalten, so glauben wir, daß Portmann sich mit ungleich
größerem Glücke in der Stimmungslandschaft als auf
dem Gebiete der bloßen Vedute zu bewegen versteht. We-
nigstens ist die Darstellung der ersteren ihm viel dank-
barer als die der letzteren gewesen. — Ein recht poetisches
Landschaftsbild ist von Emil Mann in Düsseldorf vor-
handen, das lebhaften Beifall findet. ES stellt das zwei-
tausendjährige, römische Wunderwerk Pola's, „Das Amphi-
theater", dar. Eine gewisse Feicrtagsstimmung liegt über
der sonnigen Landschaft ausgebrcitet, welche wir durch
ideale Auffassung, feines Kolorit und schöne Zeichnung zu
den besten Landschaften derAnsstellnng zählen. — Ein „Abend
am Brienzer See" von C. Jungheim in Düsseldorf
gefällt durch breite Behandlung und Wärme des Tones. —
Der „Sommermorgen" von W. Nagel in Köln ist hübsch
in Luft und Ferne. Dem Mittelgründe des Bildes, na-
mentlich dem sich rechts hinzieheuven Walde hätten wir
eine kräftigere, tiefere Färbung, dem Vordergründe dage-
gen mehr Licht und Klarheit gewünscht. — Vortreffliche
Beherrschung des Helldunkels, neben sorgfältigster Aus-
führung finden wir in W. Riefstahl's Gemälde „der
Hirschgraben in der Heidelberger Schloßruine." Jener
poetische Hauch, welcher manche Werke dieses Künst-
lers durchzieht und der ihnen nicht den unwesentlichsten
Reiz verleiht, macht auch dieses Bild zu einem recht stim-
mungsvollen. — Valentin Ruths in Hamburg zeigte
uns in seiner „Römischen Campagna" eine andere Auf-
fassung als die jetzt bei italienischen Landschaften fast kon-
ventionell gewordene , in mehr grauem Ton ‘ gehaltene
Malweise, die ihren Hauptvcrtrcter in Osw. Achen-
bach gefunden. Unter einem kaltblauen Himmel dehnt
sich das weite, ebene braune Land aus. Wie einfach das
Motiv und welche Poesie in dem kleinen Bilde! — An
Waldinterieurs sahen wir drei uns der Ausstellung, unter
denen das von H. Pohle in Düsseldorf als das beste zu
bezeichnen ist. Neben anderen guten Eigenschaften wirkt
dasselbe namentlich durch sehr glückliche Berthcilung der
Licht- und Schatteumassen. Niedlich und fein ist die kleine
„Wald-Idylle von I. F. Hennings in München. Dage-
gen gefiel uns weniger der „Morgen im Walde von
Lommen in Düsseldorf. Das Bild trägt zu sehr den
Dekorations-Charakter auch geht cs nicht recht zusammen,
und erscheint unruhig. — Die „Herbstlandschaft" von R.
Burni er in Brüssel dürfte kaum etwas mehr als eine bunte
Farbenskizze sein. — Als ein vorzügliches Stimmungsbild von
überraschender Wirkung nennen wir schließlich »och „Die
einsame Gegend von Minnesota" von F. C. Welsch in
Frankfurt, sowie die recht tüchtigen Leistungen von F. Ebel
in Düsseldorf: „Rheinlandschaft", C. Heyn in München
„Herbstmorgen am Kochclsee" und eine „Marine" viel-
leicht von etwas zu schwerer Luit „Brigg bei Gewitter
in den Golf von Gibraltar segelnd" von P. I. Schotcl
in Düsseldorf.

i München in, December. (Kunstverein. Schluß.)
Die kirchliche Kunst ist heut zu Tage nichts weniger als
aus Rosen gebettet. Einem Künstler der Gegenwart ist es
rein unmöglich, durch ein kirchliches Gemälde ans fromme
 
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