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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0399

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383

Herzen so einzuwirken, wie es einem Giotto, Fiesolc
oder P ietr o Peru gino möglich gewesen. — Graesle's
Altargemälde, eine „Madonna in trono" und den „heiligen
Joseph" darstellend, möchte ich kirchliche Ceremonienbilder
nennen, den Bildnissen von Fürsten mit Kröne und Pur-
pur vergleichbar, ohne alle Aclion. Diese Auffassung be-
dingt die höchste, an's Passive streifende Ruhe der Hal-
tung. Alles Leben koncentrirt sich im Antlitz, und dieses
erscheint hinwieder ini Abglanz der innerlichsten Seelen-
ruhe. Nirgends auch nur eine Spur von Affekt. Daher
haben beide Bilder etwas Modernes, woniit ich aber keinen
Tadel aussprechen will. Wohin uns die Nazarener ge-
führt haben, da sie Vorgaben, zn denken und zu empfinden,
haben wir noch nicht vergessen. —

Um zu andern Gebieten überzugehen, erwähne ich zu-
nächst Kn ab's „Romanische Architektur", die durch eine
feine Farbe gefällt. Auch ist das Bild gut ungeordnet
und sauber gezeichnet. — Als sehr beachtenswertst erschien
mir Schisfmann's „Sommernacht in der Villa Doria
zu Genua". In der feuchtwarmen Luft, die vom nahen
Meere heraufströmt, flimmert das Mondlicht, von den leich-
ten Wolken verschleiert und stiehlt sich durch die dichten
Kronen der Bäume. — Lier brachte ein anspruchsloses
aber ungemein fein empfundenes Bildchen, „Der Kanal
bei Schleißheim", und wußte einem scheinbar wenig an-
sprechenden Stoffe ungewöhnlichen Reiz abzugewinnen. —
Eine „Wintcrlandschaft" von Kirstein erwähne ich be-
sonders aus dem Grunde, weil sie uns als entschiedener
Fortschritt erscheint. — Ein „Waldbach aus den bayrischen
Alpen" von Steffan rechnet zu den besten Arbeiten des
tüchtigen Meisters. Steffan ist ein seiner, ja ohne Zwei-
fel einer der feinsten Kenner der Natur, ein unübertreff-
licher Zeichnerund ein sehr schätzenswertster Kolorist, Eigen-
schaften, die wir auch in diesem Bilde wiederfinden. —
Habenschaden hat in der letzten Zeit den landschaftli-
chen Horizont seiner Bilder erweitert und jedes derselben
zeigt einen entschiedenen Fortschritt. Seine ,,Alpen an
der Benediktenwand" erfreuen den Beschauer durch an-
spruchslose Auffassung des Stoffes, mit welchem sich eine
ebenso anmuthige wie wahre Stimmung verbindet. — In
Fahrbach's „Einsame Kapelle" sah ich eine wenigstens
für München ziemlich neue Anschauungs- und Empsinduugs-
weisc. Ernst erhebt sich auf einem theilweise bewaldeten
Hügel in kahler Gegend ein verwittertes Kirchlein. Die
Baumgruppen rechts im Bilde sind theilweise von hoher

Schönheit, der im Hintergründe emporsteigende Berg ver-
vollständigt den düsteren Eindruck.

Unsere Leser erinnern sich vielleicht noch eines größe-
ren Bildes von P. Baumgartner, in welchem er vor
ein paar Jahren mit viel Humor und technischer Behand-
lung die „sieben Schwaben" in der Schmiede zeigte, wie
sie eben den großen Spieß Herstellen lassen, mit dem sie
dem bekannten Unthier auf den Leib rücken wollen. Nun
ist der Maler dem Verlaufe jenes Abenteuers weiter nachge-
gangen, aber dabei auf einen Irrweg gerathen. Die Sage
von dem Kampf der sieben Helden mit dem Hasen lieft
sich allerdings ganz köstlich, aber diese Scene künstlerisch
darzustellen, ist unter allen Umständen ein Mißgriff. Das
Unwahrscheinliche, das in der Lectüre weniger aufsällt,
tritt im Bilde so nahe an den Beschauer heran, daß er
ganz aus seiner humoristischen Stimmung herausgedrängt
wird. Während der Lectüre mag man schon in der Laune
sein zn glauben, daß die tapfere Schaar ihr Leben lang
noch keinen Hasen zu Gesicht bekommen; sieht man aber
auf dem Bilde die alten Kerle beisammen und ihnen ge-
genüber Meister Lampe, so erkennt man wohl, daß das
Bild nicht sowohl der sieben Schwaben als ihrer Kleider
wegen gemalt worden ist. Wenn aber Baumgartner seine
Virtuosität in der Darstellung möglichst grober Wollen-
gewebe zeigen wollte, wozu ihm das Kostüm des 15. oder
16. Jahrhunderts — es genau zu bestimmen, ist mancher
Licenzen wegen etwas schwierig — besser paßte als das
des 19., — so hätte er wenigstens konsequent sein müssen
und nicht, wie er es gethan, einem seiner Helden einen
rothbaumwollenen Regenschirm mit auf die Fahrt geben
dürfen. Wer so viel Vorliebe für das Mittelalter hat,
wie Baumgartner wenigstens in Bezug auf das Kostüm
zeigt, der könnte wohl auch herausbekommen, daß der
Regenschirm um die Kleinigkeit von ein paar Jahrhunder-
ten später erfunden worden und in dieser Gestalt und
Farbe sogar erst dem 19. angehört. Schließlich mag auch noch
berührt werden, daß der Künstler allerlei unuöthigcs Ge-
räth herbeigeschleppt hat, so z. B. ein sogenanntes Reib-
eisen, als ob man eines solchen bedürfe, um Würste und
Brod zu verspeisen, bei welcher Beschäftiguug unsere Hel-
den eben von Lampe überrascht werden. Ich erwähne
dies nur, weil es so recht beweist, wie Baumgartner und
seine Freunde auf alten Trödel erpicht sind, er mag zur
Sache gehören oder nicht.

Kunst-Chronik.

Potsdam. Der hiesige Kunstverein hat, nachdem
er Ende Mai die Ausstellung der erworbenen Gemälde,
Stiche und sonstigen Kunstblätter und deren Verloosung
bewirkt, jetzt sein Vercinsblatt erworben und versendet.
Es ist ein im Verlage von L- Sachse u. Co. in Berlin
erschienener großer Steindruck des Bildes von Bleibtreu:
„Die Schlacht an der Katzbach" von Chevalier lithogra-
phirt, und wird im Jahre der 50jährigen Jubelfeier je-
nes Sieges die Erinnerung daran anziehend beleben. Bei
mannigfachem Wechsel der einzelnen Mitglieder ist die Gc-
sammtzahl derselben doch ziemlich stätig geblieben, und
umfaßt jetzt 837 mit 865 Acticn ä 2 Thlr. Von den
Mitgliedern des Königshauses sind Se. Maj. der König
und Se. K. H. der Prinz Karl im Besitz von Aktien, fer-
ner zählen 9 Kunstvercine zu den Mitgliedern. Das Di-
rektorium des Vereins führt der Oberst-Kämmerer und
General-Intendant der Hofmusik, Wirkt. Geh. Rath Graf
Redern, Schriftführer aber ist der Oberstabsarzt vr.
Puhlmann und Schatzmeister der Hauptmauu und Rech-
nungsrath Schlegel. Von der Einnahme sind 25 Thlr.
für bedürftige Künstler ausgesetzt worden.

Braunschweig. — Seine Hoheit der Herzog hat dem
Inspektor und Lehrer am herzoglichen Kollegio Carolino

Hierselbst, Georg Howald, zum Professor ernannt.

--Der hiesige Hofmaler und Galerie-Inspektor

Barthel vollendete vor Kurzem das lebensgroße Portrait
des Herzogs, welches dieser dem hiesigen Offiziercorps für
deren neu eingerichtetes Meßlokal schenkte. .Die^ außer-
ordentliche Achnlichkeit dieses Bildes verdient um so mehr
anerkannt zu werden, als der Herzog sich niedazu entschließen
konnte, sich portraitiren, ja nur photographiren zu lassen,
so daß der Künstler genöthigt war, das Portrait aus der
Erinnerung auszuführen, was ihm vorzüglich gelungen ist.

Negcnsburg. — Um den Ausbau des Regensburger
Domes in 7 Jahren möglich zn machen, hat König Lud-
wig zur Kompletirung der bisherigen Einnahmen auf
die Bedarfssnmiue für diese 7 Jahre einen jährlichen
Beitrag von 20,000 Gulden zugcsickert. Die Rcstaura-
tionsarbeiten begannen im Jahre 1859. In diesen, Jahre
bildete sich der „Verein für den Ausbau des Domes in
Regcnsburg" und es wurde zugleich mit den Vorbereitun-
gen zum Bau begonnen; zunächst mit Herstellung von
Versicherungsbautcu im Fundamente. Im Jahre 1860
wurden vorerst am südlichen Thurme die Gerüste hergc-
stellt, dann, nach Feststellung eines ModellcS, mit Beschaf-
fung des nöthigen Steinmateriales und Bearbeitung des-
 
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