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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0406

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Kunst-Chronik.

Berlin. — Ein Prager Blatt hatte aus Bayreuth die
Nachricht gebracht, Lessing's „Huß vor dem Scheiter-
Haufen" sei bei der Auspackung zerschnitten vorgefunden
worden. Hierauf hat Herr Sachse Hierselbst folgende
Berichtigung veröffentlicht:

„Die aus der „Prager Politik" auch in die hiesigen
Zeitungen gelangte Mittheilung von einer angeblich frevent-
lichen Zersetzung des Lessingscheu Gemäldes: „Huß vor
dem Scheiterhaufen", enthält die größten Unrichtigkeiten
und Uebertreibuugeu. Es muß die Aufnahme von der-
gleichen Nachrichten durch die resp. hiesigen Redactioneu
um so mehr befremden, als es doch so leicht war, sich
nach dem eigentlichen Sachverhalt bei den hiesigen Be-
sitzern zu erkundigen. — Es wird zur Beruhigung der
Verehrer jenes großen Kunstwerkes die Erklärung genügen,
daß dasselbe niemals in Bayreuth gewesen, vielmehr gegen-
wärtig in seiner vollen unverletzten Pracht durch den Al-
brecht-Dürcr-Verei» in Nürnberg zur Sckau gestellt ist";
dagegen wird kürzlich aus Bamberg geschrieben: „Die
Nachricht von einer böswilligen Zerstörung des Meister-
werkes von Lcssing „Huß vor dem Scheiterhaufen" be-
stätigt sich glücklicherweise nicht. Das Bamberger Tag-
blatt berichtet, daß das Bild in Bamberg ausgestellt sei
und allgemeine Bewunderung finde. Die Beschädigung
soll nur eine unbedeutende und bereits wieder ausgebessert
sein." Jedenfalls geht doch soviel daraus hervor, daß

das Bild weder in Nürnberg sich befindet noch ganz intakt
geblieben ist.

Hannover. — Der hiesigen öffentlichen Kunstsammlung
hat das Ministerium des Innern 1000 Thlr. zum Ankauf
von Kunstgegenständeu überwiesen: man hofft, das Insti-
tut werde von nun an jährlich diesen Zuschuß erhalten.

Wien. — Der Bildhauer Christen Hierselbst hat
eine Büste des Dichters Anastasius Grün verfertigt, welche
als wohlgclungen bezeichnet wird.

Rom. — Das in Besitz des Herrn Morris Moore
befindliche Gemälde Raphael's „Apollo und Marsyas",
von dem öfter die Rede gewesen, wird jetzt in höherem
Aufträge gestochen.

Brüssel. — Die „Vlaemsche School" (illustrirtes Jour-
nal) veröffentlichte kürzlich das Facsimile des T e st a m e n t s
von P. P. Rubens aus dem Antwerpener Archive.

London. — Das i» England bestehende Comite für Er-
richtung eines großartigen Shakespeare-Denkmals,hat die
Herren Louis Blanc und Guizot zu seinen Vertretern
in Frankreich auserwählt.

Stockholm. — Hier ist eine Nationalsubskription er-
öffnet worden, um Karl Xll. Hierselbst ein Denkmal zu
errichten.

Kunst-Kritik.

Berliner Kunstschau.

1. Die Ausstellung in der Akademie (Verloosungs-
gegenstände zu Gunsten des „Künstlerunterstützungsvereins")
Daß wir nicht früher über die Ausstellung berichteten,
hat — wie wir sogleich offen sagen wollen — darin le-
diglich seinen Grund, daß der Redaction der Diostüren
durchaus nichts davon bekannt gegeben worden ist.
Wenn die Leiter des Unternehmens der Ansicht gewesen
sein sollten, daß die Ankündigung der Ausstellung in den
hiesigen politischen Zeitungen hinlänglich sei, so werden sic
aus dem Resultat derselben, das wir in Hinsicht auf
den wohlthätigen Zweck lebhaft bedauern, erkannt haben,
daß — wenn sie dergleichen Unternehmungen übernehmen
— sie schon aus Rücksicht für die beisteuernden Künstler,
noch mehr aber aus Rücksicht für den Zweck, vor Allem
die Pflicht haben, denselben eine möglichst weite Verbrei-
tung zu geben und alle Mittel anzuwenden, um das nach
so vielerlei Seiten hin in Anspruch genommene Interesse
des Publikums dem Unternehmen zuzuwenden. Glaubten
sie die Presse nicht dazu nöthig zu haben, dann müssen
sie sich auch nicht über den Ausfall des Unternehmens
beklagen; am wenigsten aber darüber, daß sic und ihr
Unternehmen dann auch von der Presse, und in Folge
davon auch vom Publikum, ignorirt wird. Die Rücksichts-
losigkeit, welche die Leiter des Unternehmens gegen die
Redaction der Diostüren dadurch bewiesen haben, daß
sie ihr keine Anzeige von der Ausstellung machten, ist der
Grund, weshalb die Redacliou ihrerseits das Unternehmen
ignorirt hat und zu ihrem Bedauern — denn sie hätte
sich sonst lebhaft dafür interessirt — iguoriren mußte.

Aber von einem solckcu Jgnorircn bis zu einer Kritik,
wie sie die Vossische Zeitung in ihrer letzten Souutags-
uummer (also 4 Tage vor der Verloosung) bringt, (wenn
eine derartige sich in burlesken und ganz oberflächlichen Poin-
ten bewegenoe Besprechung noch den Namen einer „Kritik"
verdient) ist denn doch ein weiter Schritt. Diese Besprechung
ist der Art, daß wir nicht umhin können, sie in jedem
Betracht als unwürdig — namentlich wenn man den
Zweck der Ausstellung im Auge hat — zu bezeichnen.
Die besten unsrer Künstler haben hier für ihre gemein-

schaftliche Kasse „zur Unterstützung Hinterbliebener Künstler-
familien" eine große Sammlung (400 Nummern) von zum
Theil namhaften Werken unentgeltlich hingegebcn, um aus
dem Erlös der Verloosung jener Kasse einen Zuschuß zu
gewähren. Sich nun diesen Werken gegenüber auf einen
bornirteu Recensionsstaudpunkt stellen zu wollen, verräth
ebensowohl völligen Mangel an wahrer Kritik wie an
Urbanität. Tritt zu diesem Mangel noch eine an Ge-
wissenlosigkeit streifende Oberflächlichkeit in der Berichter-
stattung hinzu, wie sie sich in dem erwähnten Artikel der
Vossischen Zeitung ausprägt, so ist daö Maaß der Un-
würdigkeit solcher „Kritik" mehr als voll.

Wir wollen nicht nach den dunkeln Motiven forschen,
die den Hru. F. zur Abfassung dieses Artikels veranlaßt,
sondern nur den Beweis für die Wahrheit unserer Worte
führen, die Folgerungen daraus dem gesunden Menschen-
verstand des kunstliebendeu Publikums überlassend.

Bei der Erwähnung der Skulpturen, welche, nach der
Ansicht des Referenten, „von Michelangelo, wenn er sie
sähe, einige satyrische Bemerkungen" Hervorrufen würde,
nennt er zwar Figuren von Stürmer u. s. f., aber das
bedeutendste und an sich bedeutende Meisterwerk Suß-
mann's, entschieden die Perle der ganzen Ausstellung,
übergeht oder übersieht er ganz: wir meinen natürlich
den „Trunkenen Faun"; ein Werk, das — selbst wenn
es nicht in Lebensgröße wäre — wohl schwerlich geeignet
wäre, übersehen zu werden außer von Jemand, der nicht
zu sehen versteht oder nicht sehen will. — Die Oclbilder
der Sammlung, worunter sich Sachen von dem Pferd e-
Krüger, Stcffeck, Pape u. f- finden, charatterisirt
er in Pausch und Bogen dahin, daß „sie sich am füglichsten
mit den Papierschnitzelu der Schriftsteller ver-
gleichen lassen", und weiterhin bemerkt er, daß die „'reli-
giöse Malerei durch ein Bild Herbig's die Kopie einer
Madonna Correggio's, vertreten sei, das einem alten
Geheimerath als Erinnerung an den wackeren Meister
willkommen sein wird". Auch spricht er von „Porzellan-
puppen, die das Publikum bei allen Meyerheim's
liebliche Kinder zu nennen pflegt". — Bei allen diesen
 
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