Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0407

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
391

faden Witzeleien, die in keinem Falle am Ort wären, in
diesem aber geradezu unwürdig — aber dieses Wort be-
sagt lange nicht Das, was wir dabei fühlen — sind, ist
uns nur eins unerklärlich, warum überhaupt der Hr. F.
sich gemüßigt gesehen, die Ausstellung zu besprechen, d. h.
sie in den Augen des Publikums herabzusetzen. Daß bei
400 Nummern, für deren Verloosung das Loos 1 Thlr.
kostet, nicht lauter Meisterwerke ersten Ranges erwartet
werden dürfen, liegt auf der Hand. Allein wenn man
für 1 Thlr. die Möglichkeit erwirbt, einen „Faun" von
Sußmann, oder ein Bild von Pape u. s. f. zu erwerben,
und wenn kein einziger, selbst unbedeutendster. Gegenstand
darunter ist, der nicht viel mehr als der Einsatz werth
wäre, so wird selbstverständlich der Maaßstab ein anderer,
als wenn es sich um eine „große akademische Ausstellung"
handelt. Lieber schweigen, als hämischer Weise durch
unberufene Besprechung im ungünstigen Sinne und mit
solcher selbstgenügsamen Oberflächlichkeit dem.Unternehmen
schaden. M. Sr.

2. Permanente Gemäldeausstellung von L. Sachse.

Unter den neuausgestellten Gemälden erregt Hummel's
Portrait Sr. königl. Hoheit des Prinzen Karl" mehr
durch seine Größe und Bestimmung (für das Ordenshaus
des Johanniterordens, dessen Großmeister der Prinz ist)
als durch seinen künstlerischen Werth Anfmersamkcit. Zwar,

was das Stoffliche betrifft, freuen mir uns, dem Künst-
ler unsere Anerkennung zollen zu können. Mantel, Or-
denssterne u. s. f., kurz alles Aeußerliche ist mit unver-
kennbarer Gewissenhaftigkeit und technischer Routine aus-
geführt und sehr wirkungsvoll. Aber um so mehr fallen
die Mängel in der Hauptsache, Kopf und Haltung des
Körpers, aus. Wir wissen nicht, ob es Absicht des Künst-
lers gewesen, den Prinzen so jung darzustellen, als ob er
kaum die zwanziger Jahre überschritten; aber diese Jdea-
lisirung ist hier nicht, wie bei Winterhalter, der dem
Künstler zun, Studium und Vorbild gedient zu haben
scheint, nach der noblen, sondern nach der entgegengesetzten
Seite hin ausgefallen. So sieht Prinz Karl nickt ans und
hat nie so auSgesehen. Selbst in der Haltung dieses
Portraits fehlt jede Spur von aristokratischem Air, das
hier, sowohl mit Beziehung aus das Original wie in Be-
ziehung auf das Exterieur als Johanniter-Ordensmeisters
doppelt erforderlich gewesen wären. Wir glauben gern,
daß für gewisse Lithographen die Reproduction des
Gemäldes in Anbetracht seiner Bestimmung „rentabel"
und in Folge dessen das Bild selbst als ein „gutes" er-
scheinen niöchtc. Wenn aber Herr Hummel dieses Urtheil
als Maaßstab für seine künstlerische Leistung betrachten
sollte, würden wir für seine zukünftigen Bestrebungen be-
sorgt sein. M. Sr.

Kunstgeschichte und Antiquitäten.

Kunst und Künstler in Amerika.

Wir haben bereits in Nro. 41 unsers Journals (siehe
Kunstliteratur) über den Inhalt des Isten Heftes eines
neu begründeten englischen Kunstjournals berichtet, welches
unter dem Titel the fine Arts quarterly Review im Mai
d. I. herausgegeben wurde. Jetzt liegt uns das 2 te Heft
vor, welches nicht minder werthvolle Aufsätze enthält, unter
denen der Artikel tde art in America von James Jack-
son Jarves von besonderem Interesse ist. Wir geben
daher denselben nach der Version der „Recensionen" wieder:

So seltsam es auch den Europäern mit ihren Begriffen
von dem jetzt in den Bereinigten Staaten Amerika's wüthen-
den Bürgerkriege Vorkommen mag, die Kunst hat während
der Dauer desselben größere Schritte zu der Entwicklung
einer nationalen Schule gemacht, als in irgend einer frühe-
ren Zeit. Wir wollen kurz darzustellen versuchen, was
jetzt in dieser Beziehung jenseits des Ozeans vorgeht, in-
dem wir zunächst den Stand der Dinge betrachten, wel-
cher der jetzigen Bewegung der amerikanischen Malerei
voranging, die Bildhauer uns für eine besondere Betrach-
tung vorbehaltend.

Von den frühesten amerikanischen Malern waren West,
Copley und Lesli e nur von Geburt Amerikaner. Ihre
Bildung und ihren Erfolg haben sie dnrckaus England
zu verdanken, so daß Amerika in künstlerischer Beziehung
auf sie kein Anrecht geltend machen kann. Stuart,
Trumbull, Peale, Sully und Mount blieben im
Lande und erlangten dort Ruf und Ansehen; aber auch
sie bildeten ihren Stil nach englischen Beispielen und
Lehren, und können nur als ein chrenwerther Zweig der älte-
ren Kunst des englischen Mutterlandes angesehen werden.

Selbst bis zum heutigen Tage haben amerikanische
Künstler von einigem Rufe, unter denen Cropsey na-
mentlich weithin bekannt ist, die Quellen ihrer Begeiste-
rung und ihrer Erfolge in London gefunden, in London,
wo bekanntlich wenige Amerikaner lange leben können,
ohne ihre eigenthümlich nationalen Züge unter dem ge-
wichtigen Druck des englischen Charakters einzubüßen. Was
immer die Resultate der amerikanischen Vorliebe für eine
künstlerische Bildung in den Schulen des kontinentalen
Europa's sein mögen, das hat jedenfalls die Erfahrung
gezeigt, daß England die amerikanischen Künstler, die bei

ihm Vervollkommnung suchen, eher in den Fesseln seiner
eigenen Schnle zurückhält, als daß es ihre originelle Be-
gabung kräftige und die Entwickelung eines eigenen Stiles
in ihnen begünstige. Allston fühlte das instinktiv, und
zog daher ungeachtet der Anfmunternng edler Gönner und
der Ueberrcdungskünste seines Freundes Leslie, die Un-
sicherheit Amerika's mit seiner ihm keineswegs kongenialen
Kunstatmosphäre dem Versinken in das geistige Leben eines
fremden Landes vor. Er und Vanderlyn sind die ersten
Amerikaner, in deren Manier und Talent sich das Streben
nach einer unabhängigen Kunst dokumentirt; jedoch auch
bei diesen nur in einem bedingten Grade.

Die „Ariadne" von Vanderlyn stammt zweifellos
in ihrer Konccption aus der französisch-klassicistischcn
Schule; aber der Künstler hat ihr einen Hauch von
Zartheit und Wahrheit der Behandlung zu verleihen ge-
wußt, welcher, frei von jeder Manier und Affektation,
lediglich sein eigen ist. Allston war groß in der Er-
findung; seine Zeichnung neigte zum Michclangclesken; er
strebte nach der Darstellung erhabener Ideen; aber er
war ungleich und zuweilen schwach in der Ausführung,
dabei aber so wahr, so unabhängig und ernst in seinem
künstlerischen Streben, daß er einen Ruf hinterlassen hat,
welcher von größerer nationaler Bedeutung für Amerika
ist, als der irgend eines andern von den verstorbenen
Malern. Er mag in der That als der Bürge für die
Zukunft von Amerika's Kunst angesehen werden.

Düsseldorf hat in Leutze, Lang und anderen mehr
oder minder berühmten akademischen Künstlern einen Zweig
seiner Schule in Amerika nationalisirt. Dieser bringt gnt
gemachte Bilder hervor und zwingt sich zeitweilig dem
amerikanischen Volke durch dramatischen Effekt und ge-
lehrte Prätension auf. Eine Zeit lang mißleiteten diese
Maler den Geschmack des Publikums, welches an besseren
Lehrmeistern Mangel litt; jetzt aber fallen dieselben be-
reits in ihre wahre Stellung als exotische Pflanzen zurück,
während die verschiedenen Zweige der französischen und
belgischen Schule rasch ihren Platz, wenn auck nicht im
Geschmack des großen Publikums, so doch in dem der ge-
bildeten Welt eingenommen haben. Beinahe alle Quellen
künstlerischer Bildung, welche dem Amerikaner geöffnet
 
Annotationen