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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 17.1905-1906

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Steinlein, Stefan: Ludwig Jungnickel - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7136#0124

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Stefan Steinlein—München:

LUDWIG
JUNGNICKEL
MÜNCHEN.
»LEOPARDEN«.

sierte, noch als Freund, und Leute, denen
wenig positives aus seinen Lehren erwuchs,
sprechen mit liebender Verehrung von ihm.
Gewiss war dieser Künstler instinkt- und
haltlosen Naturen eine Gefahr, Jungnickel
aber verdankt ihm viel und erinnert sich
mit Freuden seiner Wiener Studienzeit.

Auf den ersten Blick erinnern die Tier-
blätter Jungnickels an japanische Vorbilder,
aber sie danken diesen Charakter nicht direkt
dem Studium japanischer Drucke, so ver-
lockend es auch erscheinen mag, solchen
Zusammenhang zu konstruieren. Was diese
Arbeiten mit japanischer Kunst Gemeinsames
haben, liegt allein in der Art des Natur-
studiums, das grundsätzlich auf eine peinlich
naturalistische Wiedergabe und damit blosse
Registrierung einzelner Details verzichtet.
Roller leitete seine Schüler systematisch zu
scharfer Beobachtung und strenger Schulung
des Gedächtnisses an. Ein und derselbe Be-

nS

wegungsvorgang musste so lange beobachtet
und immer von neuem versuchsweise wieder-
gegeben werden, bis eine vollkommen klare
Vorstellung sicherer Besitz geworden war,
um mit möglichst einfachen Mitteln dargestellt
zu werden. Er lehrte seinen Schülern die
Natur zu transponieren, einen Bewegungsakt
mit sichern rhythmischen Strichen fixieren,
mit den bescheidensten Mitteln ausdrucksvoll
zu wirken. Ihm handelte es sich nicht um
mühsame Abstraktion nach minutiös durch-
geführten naturalistischen Studien, sondern
um Konzentration auf das wesentliche einer
Erscheinung von Anbeginn. Jene voraus-
setzungslose, kunstwidrige Auffassung, auf
dem Papier Stilisierungsversuche bis zum
letzten Abschluss zu führen, beginnt ja nun
allgemeiner verurteilt zu werden und Rollers
Einfluss ist auch hier ein vortrefflicher ge-
wesen. Jungnickel folgte den Winken seines
Lehrers, die Schablonentechnik zu einem
 
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