Farbe und Raum-Stimmung. — Unsere redakt. Wettbewerbe.
des gesellschaftlichen Verkehrs, die animierte
Stimmung festlicher Geselligkeit starke Eindrücke
verträgt, und das Prunken bis zu einem gewissen
Grad dazu gehört. Es ist derselbe Unterschied,
den jede Dame zwischen Hauskleid, Strassen-
kleid und gesellschaftlicher Toilette zu machen
weiss. Für manche Zwecke scheinen gewisse
Farben gleichsam prädestiniert; so z. B. das
Weiss für alle Räume, in denen der Eindruck
der Helligkeit und Reinlichkeit vorherrschen
soll: Küche, Bad — auch für das Schlafzimmer,
wo das saubere Weiss der Wände und Möbel
sich für uns mit einem ähnlichen Gefühl der
Gesundheit und Behaglichkeit identifiziert, wie
bei der Bett- und Leibwäsche. Wir haben hier
einen deutlichen Fingerzeig, wie schliesslich alle
diese ästhetischen Eindrücke ihre Wurzel im
Boden des Physisch-Wohltuenden und Sinnlich-
Angenehmen haben: eine weitere Parallele dazu,
dass innerhalb der angewandten Kunst das
Schöne mit dem Zweckmäßigen zusammenfällt.
Wie in allen Dingen das moderne Kunst-
handwerk auf Echtheit und Gediegenheit des
Materials dringt, so ist es auch für die Aus-
stattung des Raums das Vornehmste, wenn die
Farbe in einem schönen und edeln Material zum
Ausdruck kommt: Holz, Metall, Fliesen u. dergl.
sich selbst zeigen. Aus demselben Grund ist
die Tuch-Bespannung der Wand vornehmer als
das Tapezieren. Nur da wo die Rücksicht auf
die Billigkeit zur Wahl eines minderwertigen
Materials zwingt, ist das Decken und Zustreichen
angebracht. Aber auch hier soll die Ehrlich-
keit oberstes Gesetz sein: der Anstrich der
Möbel und Wandvertäfelung in einer Bauern-
stube ist künstlerisch gesund, denn er will nichts
vortäuschen; die Imitation von Marmor in einem
Salon ist widerwärtig, wie jede Täuschung, die
sich selbst Lügen straft. Das Dümmste aber
ist, wenn man ein schönes Material unter der
Farbe verbirgt, wie unsere Neugotiker über Ver-
putz und Sandstein, Tannen- und Eichenholz,
Wände und Mauern, Möbel und Leuchtköqjer,
Holz- und Steinstatuen dieselbe universale Kruste
ihrer bunten Kinder - Spielzeugfarben streichen.
PROF. K. WIDMER-KARLSRUHE.
REDAKTIONELLER WETTBEWERB IV:
»EX LIBRIS«. Zu unserem Wettbewerb: »Ex
übris« waren zwar recht viele Entwürfe eingesandt
worden, doch konnten die Preise nicht verteilt
werden, weil keine der Arbeiten die gestellte Aufgabe
tatsächlich löste. Als Preisrichter waren anwesend
die Herren Bernhard Wenig—Hanau, Hofrat
Alexander Koch, Fr. Stanger und Anton Jaumann.
Verlangt war ein »Ex libris« für die Privat-Bibliothek
des Herausgebers dieser Zeitschrift, also ein streng
persönliches Besitzer - Zeichen, nicht aber ein
gefälliges Bildchen, das nur durch die Worte
»Ex libris« zum Buchzeichen zurecht gemacht
worden war. Nur eine gediegene Idee in präg-
nantester Fassung könnte als wirkliche Lösung
der Aufgabe angesehen weiden.
Aus den hohen zeichnerischen Qualitäten einer
grossen Zahl der eingesandten Entwürfe war zu
erkennen, dass die meisten Bewerber wohl fähig
wären etwas brauchbares zu schaffen, dass sie
aber der heutigen Strömung folgend, jede
Zeichnung mit beliebigem Motiv als »Ex libris«
ansehen möchten und deshalb sich nicht ge-
nügend mit dem Kern der Aufgabe beschäftigt
hatten. Die Preisrichter beschlossen deshalb
die Aufgabe nochmals auszuschreiben, hoffend,
dass den meisten der Konkurrierenden mehr
durch die Aufforderung, sich nochmals der
Sache anzunehmen, genützt sein wird, als durch
Veröffentlichen der noch unreifen Arbeiten. Unsere
redaktionellen Preis-Ausschreiben haben ja haupt-
sächlich nur ideellen Wert; sie wollen jüngeren
Künstlern Gelegenheit bieten, der Öffentlich-
1900. III. 8.
keit zu zeigen, dass sie imstande sind, schwie-
rige Aufgaben zu lösen. Die aufgewandte Mühe
macht sich durch spätere Erfolge bezahlt.
Bei der zweiten Bewerbung werden die ange-
setzten Preise von M. i oo.—, 80.— u. 60.— unter allen
Umständen verteilt werden. Arbeiten, die nicht
zurückverlangt werden, bleiben in Konkurrenz. Als
neuer Einlieferungstermin gilt der 10. März 1906.
Alle früheren Bedingungen bleiben bestehen.
HESSISCHE LANDESAUSSTELLUNG FÜR
FREIE UND ANGEWANDTE KUNST
DARMSTADT 1907. Die für das Jahr 1907
geplante Ausstellung in Darmstadt soll ein voll-
ständiges Bild der heutigen hessischen Leistungen
auf den Gebieten der freien und angewandten
Kunst geben. In Betracht kommen Werke der
freien Kunst, sofern sie von Künstlern herrühren,
die entweder in Hessen ansässig sind oder aus
Hessen stammen. Überdies können andere Künstler
zur Ausstellung solcher Werke eingeladen werden,
die hessische Motive behandeln. Das Gebiet der
angewandten Kunst soll die Kunst-Industrie und
das Kunst-Handwerk umfassen, soweit sie von in
Hessen ansässigen Betrieben ausgeübt werden.
Die Ausdehnung der Ausstellung auf das Gebiet
der Architektur wurde auch beschlossen.
Am 8. November 1905 fand eine Sitzung
des Hauptausschusses statt, in welcher die Sonder-
ausschüsse ernannt wurden. In den Kunst-
Ausschuss wurden die Herren Prof. Dr. F. Back,
Maler Wilh. Bader, Freiherr von Heyl, Hofrat
Alexander Koch und J. Scharvogel gewählt.
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des gesellschaftlichen Verkehrs, die animierte
Stimmung festlicher Geselligkeit starke Eindrücke
verträgt, und das Prunken bis zu einem gewissen
Grad dazu gehört. Es ist derselbe Unterschied,
den jede Dame zwischen Hauskleid, Strassen-
kleid und gesellschaftlicher Toilette zu machen
weiss. Für manche Zwecke scheinen gewisse
Farben gleichsam prädestiniert; so z. B. das
Weiss für alle Räume, in denen der Eindruck
der Helligkeit und Reinlichkeit vorherrschen
soll: Küche, Bad — auch für das Schlafzimmer,
wo das saubere Weiss der Wände und Möbel
sich für uns mit einem ähnlichen Gefühl der
Gesundheit und Behaglichkeit identifiziert, wie
bei der Bett- und Leibwäsche. Wir haben hier
einen deutlichen Fingerzeig, wie schliesslich alle
diese ästhetischen Eindrücke ihre Wurzel im
Boden des Physisch-Wohltuenden und Sinnlich-
Angenehmen haben: eine weitere Parallele dazu,
dass innerhalb der angewandten Kunst das
Schöne mit dem Zweckmäßigen zusammenfällt.
Wie in allen Dingen das moderne Kunst-
handwerk auf Echtheit und Gediegenheit des
Materials dringt, so ist es auch für die Aus-
stattung des Raums das Vornehmste, wenn die
Farbe in einem schönen und edeln Material zum
Ausdruck kommt: Holz, Metall, Fliesen u. dergl.
sich selbst zeigen. Aus demselben Grund ist
die Tuch-Bespannung der Wand vornehmer als
das Tapezieren. Nur da wo die Rücksicht auf
die Billigkeit zur Wahl eines minderwertigen
Materials zwingt, ist das Decken und Zustreichen
angebracht. Aber auch hier soll die Ehrlich-
keit oberstes Gesetz sein: der Anstrich der
Möbel und Wandvertäfelung in einer Bauern-
stube ist künstlerisch gesund, denn er will nichts
vortäuschen; die Imitation von Marmor in einem
Salon ist widerwärtig, wie jede Täuschung, die
sich selbst Lügen straft. Das Dümmste aber
ist, wenn man ein schönes Material unter der
Farbe verbirgt, wie unsere Neugotiker über Ver-
putz und Sandstein, Tannen- und Eichenholz,
Wände und Mauern, Möbel und Leuchtköqjer,
Holz- und Steinstatuen dieselbe universale Kruste
ihrer bunten Kinder - Spielzeugfarben streichen.
PROF. K. WIDMER-KARLSRUHE.
REDAKTIONELLER WETTBEWERB IV:
»EX LIBRIS«. Zu unserem Wettbewerb: »Ex
übris« waren zwar recht viele Entwürfe eingesandt
worden, doch konnten die Preise nicht verteilt
werden, weil keine der Arbeiten die gestellte Aufgabe
tatsächlich löste. Als Preisrichter waren anwesend
die Herren Bernhard Wenig—Hanau, Hofrat
Alexander Koch, Fr. Stanger und Anton Jaumann.
Verlangt war ein »Ex libris« für die Privat-Bibliothek
des Herausgebers dieser Zeitschrift, also ein streng
persönliches Besitzer - Zeichen, nicht aber ein
gefälliges Bildchen, das nur durch die Worte
»Ex libris« zum Buchzeichen zurecht gemacht
worden war. Nur eine gediegene Idee in präg-
nantester Fassung könnte als wirkliche Lösung
der Aufgabe angesehen weiden.
Aus den hohen zeichnerischen Qualitäten einer
grossen Zahl der eingesandten Entwürfe war zu
erkennen, dass die meisten Bewerber wohl fähig
wären etwas brauchbares zu schaffen, dass sie
aber der heutigen Strömung folgend, jede
Zeichnung mit beliebigem Motiv als »Ex libris«
ansehen möchten und deshalb sich nicht ge-
nügend mit dem Kern der Aufgabe beschäftigt
hatten. Die Preisrichter beschlossen deshalb
die Aufgabe nochmals auszuschreiben, hoffend,
dass den meisten der Konkurrierenden mehr
durch die Aufforderung, sich nochmals der
Sache anzunehmen, genützt sein wird, als durch
Veröffentlichen der noch unreifen Arbeiten. Unsere
redaktionellen Preis-Ausschreiben haben ja haupt-
sächlich nur ideellen Wert; sie wollen jüngeren
Künstlern Gelegenheit bieten, der Öffentlich-
1900. III. 8.
keit zu zeigen, dass sie imstande sind, schwie-
rige Aufgaben zu lösen. Die aufgewandte Mühe
macht sich durch spätere Erfolge bezahlt.
Bei der zweiten Bewerbung werden die ange-
setzten Preise von M. i oo.—, 80.— u. 60.— unter allen
Umständen verteilt werden. Arbeiten, die nicht
zurückverlangt werden, bleiben in Konkurrenz. Als
neuer Einlieferungstermin gilt der 10. März 1906.
Alle früheren Bedingungen bleiben bestehen.
HESSISCHE LANDESAUSSTELLUNG FÜR
FREIE UND ANGEWANDTE KUNST
DARMSTADT 1907. Die für das Jahr 1907
geplante Ausstellung in Darmstadt soll ein voll-
ständiges Bild der heutigen hessischen Leistungen
auf den Gebieten der freien und angewandten
Kunst geben. In Betracht kommen Werke der
freien Kunst, sofern sie von Künstlern herrühren,
die entweder in Hessen ansässig sind oder aus
Hessen stammen. Überdies können andere Künstler
zur Ausstellung solcher Werke eingeladen werden,
die hessische Motive behandeln. Das Gebiet der
angewandten Kunst soll die Kunst-Industrie und
das Kunst-Handwerk umfassen, soweit sie von in
Hessen ansässigen Betrieben ausgeübt werden.
Die Ausdehnung der Ausstellung auf das Gebiet
der Architektur wurde auch beschlossen.
Am 8. November 1905 fand eine Sitzung
des Hauptausschusses statt, in welcher die Sonder-
ausschüsse ernannt wurden. In den Kunst-
Ausschuss wurden die Herren Prof. Dr. F. Back,
Maler Wilh. Bader, Freiherr von Heyl, Hofrat
Alexander Koch und J. Scharvogel gewählt.
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