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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 30.1912

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Westheim, Paul: Auseinandersetzungen mit der Natur
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https://doi.org/10.11588/diglit.7108#0168

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Auseinandersetzungen mit der Natur.

„Die Pariser Künstler sind betroffen über die
Lebendigkeit und Frische meiner Bilder: Eigen-
schaften, die ihnen an ihren eigenen Gemälden un-
bekannt sind. Die Wahrheit ist, daß sie nur Ge-
mälde studieren und wie Northcote sagte: ,Sie
wissen so wenig von der Natur, wie ein Droschken-
pferd von einer Weide'." John Constable.

„Die Natur allein, die lebende, bewegliche, in
jeder Form, bei jeder Bewegung veränderte, er-
möglicht das Verständnis der Formenwelt in der
bildenden Kunst. Nur in ihrem Studium kann es
erlangt werden, nie durch Vorlegblätter oder Ge-
mälde, und wären sie von den ersten Meistern ge-
malt. Nur das Leben erzeugt Leben, nur die Natur,
die Gott geschaffen, nicht das Gebild der Menschen-
hand, die sie nachahmte, weckt den Geist der
Kunst zur selbstschaffenden Tat. Die Aufgabe
jeder Kunstleistung ist nie und nirgends anders zu
lösen als auf dem Wege der Wahrheit, die Natur
aber ist die ewige Wahrheit; in ihren Erschei-
nungen, in ihren Formen ist nichts gemein. Die
Kunst ist nicht an irgend ein Land, an irgend einen
Raum gebunden. Ihr Geist weht durch die Welt
vom Aufgang bis zum Niedergang und findet überall
Berufene, ihm zu huldigen, wenn er nur erst er-

kannt ist. Die Quelle zur Taufe der Geweihten
ist in allen Zonen zu finden, es ist Wahrheit und
Natur!" Ferd. Waldmüller.

„Echte germanische Kunst ist naturalistisch; wo
sie es nicht ist, ist sie durch äußere Einflüsse aus
ihren eigenen, geraden, in den Rassenanlagen deut-
lich vorgezeichneten Weg hinausgedrängt worden.
Der Naturalismus war ein Rettungsanker, ohne den
unsere Kunst sich bald in Phantasterei, Allegorie,
Ideenkryptographie verloren hätte."

H. St. Chamberlain.

„Für den Maler liegt die Phantasie allein inner-
halb der sinnlichen Anschauung der Natur: jeden-
falls haben alle großen Maler von den Aegyptern,
Griechen und Römern bis zu Rembrandt und Ve-
lasquez, Manet und Menzel sich innerhalb dieser
Grenzen gehalten. Zwischen dem Klexer, der einen
Sonnenuntergang malt und einem Claude Lorrain
oder Claude Monet ist nur ein Qualitätsunterschied.
Die Größe eines Künstlers beruht auf der Größe
seiner Naturanschauung und zwar auf der Größe
der spezifisch malerischen Anschauung."

Max Liebermann.

„Wer die Natur schildert, schildert nur sich und
die Feinheit und Stärke seines Gefühls." Goethe.
 
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