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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 30.1912

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Hoeber, Fritz: Ein hessischer Industriebau, erbaut von Hugo Eberhardt
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https://doi.org/10.11588/diglit.7108#0410

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Ein hessischer Industriebau von Hugo Eberhardt.

PROFESSOR HUGO EHER HARDT—OFFEN MACH.

BLICK IN DIE OBERE TREPPEN HALLE.

findet die Stirnseite dieser vier Pfeiler in reiz-
voll fabulierenden Schmuckreliefs, die mit den
Rustikaschichten stetig abwechseln. Eine Fülle
verschiedenartigster, köstlicher Einzeldekora-
tion überzieht im Relief die Laibungen und die
Sturze der Fenster, bildet elegante Kartouchen
als Schlußsteine der drei großen Portalbogen,
häufig unter Verwendung der typischen Embleme
der Gerberei- und der Lederverarbeitung, wie
heraldisch drapierte Ziegenfelle oder langge-
hörnte Bockschädel, in denen sich ein lustiges
Völkchen von Putten und Geißen tummelt.
Oft verlangt der architektonische Takt aber
auch nur das untergeordnete Ornament der ab-
strakten pflanzlichen oder geometrischen Linie,
das sich höchstens in der Mitte in einer strengen
symmetrischen Plastik steigern darf, wie dem
klassischen Hermeskopf als dem bedeutungs-
vollen Schlußstein des Portals. —

Für denjenigen, der Freude an schöner, ge-
diegener Arbeit hat, ist es gerade am Neubau
J. Mayer & Sohn wundervoll zu sehen, mit
welchem Geist die verschiedensten kunstge-

werblichen Einzelstücke stilgerecht aus den
mannigfaltigsten Materialien und Techniken fast
selbstverständlich herausgestaltet sind, wie
z. B. das herrliche schmiedeeiserne Portal in
einem reichen Wechsel breiter Flachbänder und
ineinander verknoteter Filigransterne erflim-
mert. Der ornamentale Reichtum dieses Tor-
flügels wirkt als letzte künstlerische Steigerung
des an sich schon durch plastischen Schmuck
hervorgehobenen Hauptrisalits und so als der
geistige Mittelpunkt der ganzen Fassade. —

Im Gegensatze zu der reichen Hauptfassade
am Main verzichtet der an der Austraße sich
erstreckende, etwas niedrigere Seitenflügel so-
wohl auf eine plastisch lebhafte Ausschmückung
wie auf die monarchische Konzentration durch
eine irgendwie betonte Mitte: In einfacher
Reihung stellt er das konstante Motiv einer
vierstöckigen Pfeilertravee neunmal hinterein-
ander, das Erdgeschoß nur durch eine originell
gebrochene Bogenform der breiten Fenster be-
tonend und das oberste, als Kniestock, wieder
durch ein durchlaufendes Pultdachgesims ab-

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