Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten (30.1912)

Zu den Glasfenstern von f. Schmidt—Berlin.

tonisches spüren
an Gestaltungen,
die scheinbar aus
der Graphik heraus-
wachsen. Solcher
Wille findet nicht
gerade leicht Erfül-
lung in einer Zeit,
da das Handwerk
sich erst wieder an-
schickt, sein Ver-
hältnis zur Archi-
tektur auf's neue"zu
ordnen. Und die
Brücke zu schla-
gen, wird gerade
denen nicht leicht,
die sonst außerhalb
dieser Probleme ste-
hen. Man sieht sie
lustige Einfälle ver
wirklichen. So Chri-
stophe , der aus
Fischen, Quallen
und Seesternen
eine kapriziöse Or-
namentik entwik-
kelt. So Ehmcke,
der in einem Blu-
menstück zu einer
ganz straffen Tek-
tonik gelangt, die
man nur in der
Farbe um ein paar
Töne kräftiger ha-
ben möchte. So
Klinger, der seine
prickelnden Linien-

ENTWURF :
ALFRED BOLD.
P. SCHEURICH.

künste inGlas ätzen
und damit um stoff-
liche Reize berei-
chern ließ. Man
könnte der Phanta-
sie dieser Zeichner
nachgehen, könnte
feststellen, wie sie
für unsere profanen
Bedürfnisse einen
neuen Stoffkreis
aufzuspüren versu-
chen und wie sie
sich bemühen, das
Äußerliche und
Leere der sattsam
bekannten Vignet-
tenkunststücke zu
vermeiden. Was
macht es, wenn da-
zwischen auch ein-
mal ein Fenster
hängt, das ein Wie-
ner Tapetenmuster
in Glas umgesetzt
zeigt oder ein wenig
nach Chocolade-
packung schmeckt?
Es ist in diesen
Schmidt'schen Fen-
stern Sehnsucht
nachneuenMög-
lichkeiten.Wille
zu weiteren Ent-
wicklungen —
ist also in ihnen
Wesentliches.—

PAUL WESTHEIM-BERLIN

AUSFUHRUNG:
GLASMALEREI
J. SCHMIDT.