Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten (30.1912)

Marcus Behmcr—Berlin.

lassen, bis er den Jüngeren gesegnet hat? —
Wer Eigenes hat, kommt auch von seinem
Lehrer los. Und so kam auch Behmer los. Nichts
mehr von Beardsleys Dekadenz ist heute noch
in ihm. Was ihm Verwandtes geblieben ist, ist
eine gewisse Feinheit
und Delikatesse der
Arbeit. Aber es gibt
auch Blätter von ihm
von einer Kraft der
Konzeption und der
Zeichnung, die mit-
reißend ist. — Was
hier publiziert wird,
ist dreierlei Art.
Die kleinen Land-
schafts - Radierungen
sind, namentlich die
erste, von feinstem,
impressionistischem
Naturalismus. Beh-
mer wird an dieser
Stelle vielleicht wi-
dersprechen, das tut
aber nichts. Man darf
sich durch die Künst-
ler nicht irre machen
lassen. Sie meinen
meist dasselbe und
sagen es nur anders.
Der „Wissenschaft-
ler" hat die Ver-
pflichtung, die ge-
bräuchliche Termino-
logie anzuwenden.

MARCUS BEHMER BERLIN. NEUJAHRSKARTE. RADIERUNG.

Und es mag in dieser schönen und feinen Ra-
dierung noch so viel „weggelassen" sein; die
Tendenz der Konzeption ging doch darauf, den
Eindruck einer Hügelwiese wiederzugeben, wo
dunklere Bäume den Raum rahmen. Zufällig

abgeschnitten, mo-
mentan gesehen,
leichthin hinnotiert.
Ein Bissen für kulti-
vierte, das heißt:
erfahrene Augen. —
Die zweite Land-
schaft ist schon et-
was baulicher, fester.
Zwar auch ganz zart
im Bau, von dünnen,
leichtbrüchigen Glie-
derlein getragen.
Aber immerhin ge-
tragen, vertikal-
horizontal orientiert,
wo es oben schief
über die Fläche glitt.
In diesem festeren
Rahmen dann von
jener spielenden
Grazie knospender
Topfblumen, italie-
nischer Mandelbäum-
chen im Vorfrühling.
— Das Dekorative
dann von höchster
Kultur und höchstem
Gefühl für die Fläche.
Dem Auge schmei-

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